Erfahren Sie alles Wichtige rund um die Themen Zusammenarbeit von SBV und BR sowie, was sie als neu gewählte SBV tun sollten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SBV,

allen bereits frisch gewählten Vertrauenspersonen und Stellvertretern möchten wir recht herzlich zum neuen Ehrenamt gratulieren – und allen anderen wünschen wir viel Erfolg für den Endspurt!

In diesem Newsletter widmen sich die Top-Themen bereits dem Neustart im Amt der Schwerbehindertenvertretung: Erfahren Sie, warum eine enge Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat so wichtig ist und was die ersten Schritte der neu gewählten SBV sind.

Schließlich hat das Bundesarbeitsgericht ein Machtwort bei der Frage gesprochen, ob ein Absinken der Anzahl schwerbehinderter und gleichgestellter Arbeitnehmer unter den Schwellenwert zur Auflösung der SBV führt. Erfahren Sie hierzu mehr in unserem Rechtsprechungsmonitor, der auch noch weitere interessante Urteile für Sie bereithält.

Viel Spaß beim Lesen!

Herzliche Grüße
Ihre W.A.F.

Inhalt

Top-Themen der SBV

  • Darum ist eine gute Zusammenarbeit von SBV und BR jetzt besonders wichtig
  • Die neu gewählte SBV: Das sollten Sie jetzt tun!

Rechtsprechungsmonitor

  • Amtszeit der SBV endet bei Unterschreitung des Schwellenwerts nicht
  • Fehler bei der SBV-Wahl – Anfechtung möglich?
  • Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung aller Beschäftigten

Aktuelle Seminarangebote der W.A.F.

Top-Themen der SBV

Darum ist eine gute Zusammenarbeit von SBV und BR jetzt besonders wichtig
Für die Belange von (schwer-)behinderten Mitarbeitern sind BR und SBV gemeinsam verantwortlich. Deshalb ist ein abgestimmtes und kollegiales Handeln beider Gremien von besonderer Bedeutung. Doch wie sollte die Zusammenarbeit konkret aussehen?
 
Die neu gewählte SBV: Das sollten Sie jetzt tun!
Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem neuen Ehrenamt! Doch was genau ist jetzt zu tun? Damit Sie gleich zu Beginn Ihrer Amtszeit durchstarten können, geben wir Ihnen einen ersten Überblick über die wichtigsten Schritte als neu gewählte Schwerbehindertenvertretung. So gelingt Ihnen der perfekte Start!

Video-Empfehlung des Monats
Schwerbehindertenantrag – Teuflische Tipps

Viele Anträge auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft bleiben in der Praxis ohne Erfolg. Nicht immer trägt daran „die Behörde“ Schuld. Rechtsanwalt Niklas Pastille aus Berlin, Inhaber einer Kanzlei mit dem Schwerpunkt „Schwerbehindertenrecht“, erläutert in diesem Ratgeber, welche Fehler bei der Antragstellung möglichst vermieden werden sollten. Herr Pastille ist sich sicher: „So mancher später abgelehnte Antrag hätte‚ gerettet‘ werden können!“ Wichtig sei eine sorgfältig vorbereitete Begründung des Antrags.

Zum Video  ➜

Rechtsprechungsmonitor
Amtszeit der SBV endet bei Unterschreitung des Schwellenwerts nicht

BAG, Beschluss vom 19.10.2022, Az. 7 ABR 27/21

Leitsatz: Sinkt die Anzahl der in einem Betrieb beschäftigten schwerbehinderten Menschen während der laufenden Amtszeit einer Schwerbehindertenvertretung auf unter fünf, endet das Mandat des Gremiums dennoch nicht automatisch.

Der Fall: In dem Betrieb einer Arbeitgeberin mit ungefähr 120 Mitarbeitern wurde im November 2019 eine Schwerbehindertenvertretung gewählt. Zum 01.08.2020 sank die Zahl der schwerbehinderten Menschen in diesem Betrieb auf vier Beschäftigte. Die Arbeitgeberin informierte die SBV darüber, dass sie nicht mehr existiere und die schwerbehinderten Beschäftigten von der SBV in einem anderen Betrieb vertreten würden. Hiergegen klagte die amtierende SBV und begehrte insoweit die Feststellung, dass ihr Amt trotz abgesunkenem Schwellenwert nicht vorzeitig beendet ist. Das Arbeitsgericht Köln sowie das Landesarbeitsgericht hatten den Antrag der SBV abgewiesen. Da es sich hierbei jedoch um eine noch nicht höchstrichterlich geklärte Frage von grundsätzlicher Bedeutung handelte, hatte das LAG Köln die Rechtsbeschwerde zum BAG zugelassen.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Rechtsbeschwerde der SBV hatte vor dem Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Das BAG hat den Beschluss des LAG Köln vom 31.08.2021 (Az. 4 TaBV 19/21) aufgehoben und festgestellt, dass die Schwerbehindertenvertretung im Amt ist.

Das BAG legte – so die Pressemitteilung vom 19.10.2022 – dar, dass im Gesetz keine ausdrückliche Regelung bestehe, die das Erlöschen der Schwerbehindertenvertretung bei Absinken der Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter unter den Schwellenwert nach § 177 Abs. 1 S. 1 SGB IX vorsieht. Darüber hinaus sei eine vorzeitige Beendigung der Amtszeit auch nicht aus gesetzessystematischen Gründen oder im Hinblick auf Sinn und Zweck des Schwellenwerts geboten.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Die aktuelle Entscheidung aus Erfurt schafft erfreuliche Rechtsklarheit für die SBV. Das Urteil ist insbesondere begrüßenswert, weil es ein wichtiges Signal sendet. Die Position der Vertrauensperson wird hierdurch gestärkt und diese kann ihre gesamte Amtszeit nutzen, um sich für die Belange und besonderen Herausforderungen ihrer (schwer-)behinderten Kolleginnen und Kollegen einzusetzen.

GRUNDLAGEN

Webinar: Schwerbehindertenvertretung Teil 2
Besondere Schutzrechte (schwer-)behinderter Kollegen durchsetzen
Fehler bei der SBV-Wahl – Anfechtung möglich?

VG Mainz, Beschluss vom 11.01.2022, Az. 5 K 526/21.MZ 

Leitsatz: Werden die Fristen bei einer Anfechtung einer Wahl nicht beachtet, ist die Anfechtung nicht mehr möglich.

Der Fall: Dieser Fall spielte zwar anlässlich einer Personalratswahl, die hierzu ergangene Entscheidung kann jedoch entsprechend auf die SBV-Wahl übertragen werden: In einer Behörde war im Mai 2021 der Personalrat neu gewählt worden. Aus der Niederschrift des Wahlvorstands über das Wahlergebnis ergab sich allerdings eine Differenz zwischen der Zahl der abgegebenen und der ausgezählten Stimmen. Daraufhin zog im Juli 2021 eine in der Behörde vertretene Gewerkschaft vor das Verwaltungsgericht und stellte einen Antrag auf Feststellung, dass das Ergebnis der Personalratswahl in rechnerischer Hinsicht fehlerhaft ermittelt und deshalb zu berichtigen sei.

Die Entscheidung des Gerichts: Das Gericht gab dem Antrag der Gewerkschaft nicht statt. Denn nach dem Personalvertretungsgesetz des Bundeslandes galt eine Anfechtungsfrist von zwölf Werktagen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Diese Frist war längst abgelaufen. Das Gebot der Rechtssicherheit erfordert es, dass das Ergebnis der Wahl nach Ablauf der Fristen nicht mehr infrage gestellt werden kann. Etwas anderes gilt nur im Falle der Wahlnichtigkeit, also bei besonders schwerwiegenden Verstößen gegen die Grundsätze der Wahl.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Wenn bei der SBV-Wahl etwas schief gegangen sein sollte, gilt es zwingend die zweiwöchige Anfechtungsfrist – gerechnet vom Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an – zu beachten, vgl. § 177 Abs. 6 S. 2 SGB IX i.V.m. § 19 Abs. 2 S. 2 BetrVG. Innerhalb dieser Frist muss das Arbeitsgericht angerufen werden. Nach Ablauf der Frist erlischt das Anfechtungsrecht, auch wenn das Wahlverfahren an wesentlichen Mängeln gelitten hat. Es kann nur noch die Nichtigkeit der Wahl geltend gemacht werden, die allerdings nur sehr selten vorliegt. Das sind Fälle, in denen es extreme Verstöße gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl gibt. Das Bundesarbeitsgericht sagt dazu, dass die Wahl „den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen“ muss (BAG, Beschluss vom 23.07.2014, Az. 7 ABR 23/12).

WICHTIG

Arbeits- und Sozialrecht - Update
Aktuelle Änderungen in Rechtsprechung und Gesetzgebung
Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung aller Beschäftigten

BAG, Beschluss vom 13.09.2022, Az. 1 ABR 22/21

Leitsatz: Alle Arbeitgeber sind aus Gründen des Arbeitsschutzes zur Erfassung der Arbeitszeit verpflichtet. Ein Initiativrecht des Betriebsrats, gerichtet auf die Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems, gibt es deshalb nicht.

Der Fall: Der Arbeitgeber und sein Betriebsrat verhandelten über die Einführung eines Systems zur elektronischen Arbeitszeiterfassung. Beim Thema Arbeitszeit bestimmt der Betriebsrat eigentlich nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mit. Der Arbeitgeber brach die Verhandlungen jedoch ab und wollte das Thema elektronische Arbeitszeiterfassung auch nicht weiterverfolgen. Der Betriebsrat rief daher die Einigungsstelle zu diesem Thema an. Der Arbeitgeber rügte deren Zuständigkeit und stellte ein entsprechendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in Frage. Daraufhin beantragte der Betriebsrat gerichtlich festzustellen, dass er bezüglich des Themas Einführung einer elektronischen Arbeitszeiterfassung ein Mitbestimmungsrecht hat.

Die Entscheidung des Gerichts: Der Betriebsrat verlor. Denn nach § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nur dann, wenn nicht bereits eine gesetzliche Regelung existiert. Diese sei aber laut BAG vorhanden: Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) müssen Arbeitgeber zur Sicherung des Gesundheitsschutzes „für eine geeignete Organisation sorgen und die erforderlichen Mittel bereitstellen“. Diese geeignete Organisation erfordere mit Blick auf die Anforderung des Gesundheitsschutzes bereits eine Zeiterfassung, sodass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht bestehe.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Bereits 2019 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) nicht nur inhaltliche Arbeitszeitgrenzen festlegt, sondern den Mitgliedsstaaten aufgibt die Arbeitgeber zu verpflichten, „ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzuführen, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann“ (EuGH, Urteil vom 14.05.2019, Az. C-55/18, Rn.60). Der deutsche Gesetzgeber hat dies bislang aber nicht umgesetzt. Jetzt hat das BAG die Zügel in die Hand genommen und den Gesetzgeber überholt.

TOPAKTUELL

Webinar: Aktuelle Rechtsprechung
Wichtige Entscheidungen zum Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht

Podcast-Empfehlung des Monats
Arbeitsagentur: JEDER Arbeitgeber muss freie Stellen "melden"!

Vor JEDER Einstellung eines neuen Mitarbeiters ist die Agentur für Arbeit einzuschalten. So will es das Gesetz. Kaum ein Arbeitgeber aber weiß von dieser wichtigen Pflicht. Das kann böse Folgen haben. Welche das sind, sollten Betriebsräte und Schwerbehindertenvertretungen unbedingt wissen. Rechtsanwalt Niklas Pastille aus Berlin und W.A.F. Fachreferentin und Volljuristin Sandra Becker aus München sorgen in diesem Podcast für die notwendige Aufklärung. Und versetzen meldemuffelige Arbeitgeber –hoffentlich – in Angst und Schrecken.

Unsere Empfehlung 
Aktuelle Seminarangebote der W.A.F.

SBV Teil 1
Für einen erfolgreichen Start in Ihre Amtszeit als SBV brauchen Sie praxisnahes Wissen. Bereiten Sie sich mit diesem Seminar rechtssicher für die Praxis vor!
 
SBV Teil 2
Im zweiten Teil der Seminarreihe stehen die besonderen arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften von (schwer-)behinderten Menschen im Mittelpunkt.

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