Erfahren Sie alles Wichtige zum Thema

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SBV,

bei der in Kürze anstehenden SBV-Wahl möchten wir Sie gerne tatkräftig unterstützen! Deshalb widmet sich nicht nur eines unserer Top-Themen der Frage, wie barrierefrei gewählt wird, sondern wir haben auch unsere SBV-Wahlformulare umfassend überarbeitet und ergänzt: So finden Sie auf unserer Wissensplattform betriebsrat.com neben hilfreichen Übersichten und Checklisten auch zahlreiche Muster für das förmliche Wahlverfahren, sowie das vereinfachte Wahlverfahren.

Außerdem haben wir wieder drei spannende Entscheidungen der Arbeitsgerichte praxisnah für Sie aufbereitet. Unter anderem geht es auch hier um das Thema SBV-Wahl. So hatte das LAG Hessen zu entscheiden, ob an private Adressen gerichtete Wahlwerbung die SBV-Wahl anfechtbar macht.

Viel Spaß beim Lesen! Auf den letzten Metern Ihrer Amtszeit wünschen wir Ihnen alles Gute und viel Erfolg!

Herzliche Grüße
Ihre W.A.F.

Inhalt

Top-Themen der SBV

  • Ausbildungsjahr 2022 – Auszubildende mit Behinderung
  • Barrierefrei die SBV wählen

Rechtsprechungsmonitor

  • Unwirksame SBV-Wahl durch unzulässige Wahlwerbung
  • Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers beim Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen
  • Urlaubsverfall bei Arbeitsunfähigkeit trotz fehlender Hinweispflicht durch Arbeitgeber

Aktuelle Angebote der W.A.F.

Top-Themen der SBV

Ausbildungsjahr 2022 – Azubis mit Behinderung
Auszubildende benötigen besonderen Schutz. Das gilt erst recht für von einer Behinderung betroffene Auszubildende.
 
Barrierefrei die SBV wählen
Viele verstehen unter Barrierefreiheit Rampen, breite Türen und absenkbare Busse. Doch damit ist so viel mehr gemeint – auch bei der nächsten SBV-Wahl.

Video-Empfehlung des Monats
SBV-Wahl: 3 WEITERE peinliche Fehler!

Eine SBV zu wählen: Eigentlich ist das kein Hexenwerk. Andererseits: Vielleicht doch! Denn das vielen Betriebsräten vertraute Betriebsverfassungsgesetz findet auf die SBV-Wahl bekanntlich keine Anwendung (die Wahlordnung zur BR-Wahl übrigens auch nicht). Im heutigen Video erklärt der Rechtsanwalt und SBV-Experte Niklas Pastille aus Berlin, 3 weitere peinliche Fehler zur SBV-Wahl, die ihr dringend beachten solltet.

Zum Video  ➜

Rechtsprechungsmonitor
Unwirksame SBV-Wahl durch unzulässige Wahlwerbung

LAG Hessen, Beschluss vom 15.06.2020, Az. 16 TaBV 116/19

Leitsatz: Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung ist anfechtbar, wenn Kandidaten vor der Wahl Wahlwerbung an die private Adresse der Wahlberechtigten senden.

Der Fall: Drei Arbeitnehmer sowie der Arbeitgeber hatten die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung angefochten. Als Anfechtungsgrund wurde darauf verwiesen, dass zwei der Kandidaten Wahlwerbung an die privaten Postadressen der Wahlberechtigten gesandt hatten. Die Anfechtenden meinten nun, dieses würde den Grundsatz der Chancengleichheit der Wahl verletzen.

Die Entscheidung des Gerichts: Das Gericht erklärte die Wahl in der Tat für unwirksam und begründete dies mit der Unzulässigkeit, Wahlwerbung an die private Postadresse der Wahlberechtigten zu versenden. Dabei sei es unerheblich, in welcher Art und Weise der Kandidat an die entsprechenden Anschriften gelangt ist. Schon eine Verwendung dieser Daten zum Zwecke der Wahlwerbung sei aus datenschutzrechtlichen Gründen unzulässig. Wahlberechtigte hätten ein überwiegendes Interesse daran selbst zu bestimmen, ob, wann und von wem sie außerhalb ihrer Berufstätigkeit, ihrer Arbeitsstätte beziehungsweise ihrer Arbeitszeit kontaktiert werden. Geschieht eine solche individuelle Werbung dennoch, so kann darin ein Verstoß gegen den ungeschriebenen Grundsatz der Chancengleichheit aller Wahlbewerber liegen, der zur wirksamen Anfechtung der Wahl führt.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Eine fehlerhafte Wahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Ergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl, wie in diesem Fall.

TOPAKTUELL

Webinar: SBV-Wahl 2022
Die SBV-Wahl gut vorbereiten und erfolgreich durchführen
Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers beim Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen

BAG, Urteil vom 26.04.2022, Az. 9 AZR 367/21

Leitsatz: Der Anspruch auf Zusatzurlaub kann auch dann ohne vorherige Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten durch den Arbeitgeber erlöschen, wenn der Arbeitnehmer einen Antrag auf Anerkennung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch gestellt hat, ohne seinen Arbeitgeber darüber zu unterrichten und ohne, dass die Schwerbehinderung offensichtlich ist.

Der Fall: Der Arbeitnehmer war seit dem 01.06.1994 in Vollzeit beschäftigt. Dem Arbeitgeber war bekannt, dass dieser zwar einen Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft gestellt hatte, der Antrag jedoch durch Bescheid vom 24.11.2017 abgelehnt worden war. Erst im März 2019 erfuhr er, dass der Arbeitnehmer gegen den ablehnenden Bescheid mit Erfolg geklagt hatte und ihm am 05.03.2019 rückwirkend zum 11.08.2017 die Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50 zuerkannt worden war. Der Arbeitnehmer verlangte daraufhin Anfang April 2019 die Gewährung von Zusatzurlaub für die Jahre 2017 und 2018. Der Arbeitgeber lehnte dies ab und verwies darauf, dass der Urlaub verfallen sei.

Die Entscheidung des Gerichts: Der Anspruch auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen kann grundsätzlich nur dann gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG mit Ablauf des Urlaubsjahrs oder eines zulässigen Übertragungszeitraums erlöschen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor durch Erfüllung seiner Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten rechtzeitig in die Lage versetzt hat, den Urlaubsanspruch zu verwirklichen. Dies gilt im Übrigen auch für den Zusatzurlaub nach § 208 Abs. 1 SGB IX. Hat der Arbeitgeber aber keine Kenntnis von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers und ist diese nicht offenkundig, hat er keinen Anlass, vorsorglich auf einen Zusatzurlaub hinzuweisen und den Arbeitnehmer aufzufordern, diesen in Anspruch zu nehmen. In diesem Fall verfällt der Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 7 Abs. 3 BUrlG, ohne dass der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachkommt.

Dies gilt entsprechend, wenn der dem Arbeitgeber bekannte Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderung zunächst durch behördlichen Bescheid zurückgewiesen und die Schwerbehinderung später aufgrund eines vom Arbeitnehmer eingelegten Rechtsbehelfs oder Rechtsmittels rückwirkend festgestellt wird.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Das Bundesarbeitsgericht hatte mit dem Urteil vom 19.02.2019, Az. 9 AZR 423/16, entschieden, dass der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub nur dann am Ende des Kalenderjahres beziehungsweise des zulässigen Übertragungszeitraums erlischt,

  • wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und
  • der Mitarbeiter den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht nimmt.

Der Arbeitgeber muss also

  • zwingend auf den Urlaubsanspruch hinweisen,
  • dazu auffordern, den Urlaub zu nehmen und
  • über den Verfall nicht genommenen Urlaubs aufklären.

Eine Ausnahme von diesen Regelungen stellt der hier entschiedene Fall dar.

TOPAKTUELL

Arbeits- und Sozialrecht - Update
Aktuelle Änderungen in Rechtsprechung und Gesetzgebung
Urlaubsverfall bei Arbeitsunfähigkeit trotz fehlender Hinweispflicht durch Arbeitgeber

LAG Hamm, Beschluss vom 17.02.22, Az. 5 Sa 872/21

Leitsatz: Urlaubsansprüche erlöschen trotz eines fehlenden Hinweises des Arbeitgebers 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres, wenn ein Arbeitnehmer wegen einer Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage ist, seinen Urlaub während des Urlaubsjahres und des Übertragungszeitraums zu nehmen.

Der Fall: Ein Arbeitnehmer stand seit 1992 in einem Arbeitsverhältnis. Im Jahr 2010 wurde aufgrund einer schweren Nervenschädigung in der linken Hand Arbeitsunfähigkeit attestiert. Die Arbeitsunfähigkeit dauerte bis zur fristlosen Eigenkündigung des Arbeitnehmers im Februar 2021. Im Jahr 2019 verlangte der Arbeitnehmer die Abgeltung von je 30 Urlaubstagen für die Kalenderjahre 2016 und 2017. Schließlich klagte er seinen Anspruch ein. Er meinte, sein Arbeitgeber habe ihn nicht auf einen möglichen Verfall der Urlaubsansprüche hingewiesen. Deswegen sei der Urlaub noch nicht verfallen.

Die Entscheidung des Gerichts: Der Arbeitnehmer hatte keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung für die Jahre 2016 und 2017.

Die Urlaubsansprüche erlöschen im Fall der über mehrere Jahre andauernden Erkrankung in jedem Fall 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres. Diese waren somit bereits vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses im Februar 2021 erloschen. Damit konnte es auch keine Urlaubsabgeltung geben.

Auch der fehlende Hinweis auf einen Urlaubsverfall, den die Rechtsprechung grundsätzlich fordert, ändert an diesem Ergebnis nichts. Denn auch bei Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten durch den Arbeitgeber hätte der Zweck der Hinweispflichten nicht erreicht werden können. So konnte der Arbeitnehmer aufgrund bestehender Arbeitsunfähigkeit nicht frei darüber entscheiden, ob er seinen Urlaub nimmt.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Der vom LAG Hamm entschiedene Fall stellt wie auch der vorausgegangene Fall eine Ausnahme von der grundsätzlichen Hinweispflicht des Arbeitgebers auf den Urlaubsverfall dar. Die jeweiligen Fallgestaltungen sind hier vielschichtig, jedoch sind die hierzu ergangenen Entscheidungen vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck einer entsprechenden Hinweispflicht logisch.

TOPAKTUELL

Fresh-up Schwerbehindertenrecht
Topaktuelles Wissen praxisnah erklärt

Podcast-Empfehlung des Monats
SBV-Wahl 2022: „GEHEIM“ durchführen?

Böse Zungen sagen, es gebe in Deutschland kaum gute Sozialrechtler. Stimmen kann das nicht: Gleich zwei von ihnen nämlich erörtern in diesem Podcast die rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung. Die Rechtsanwälte Maja Lukac und Niklas Pastille diskutieren in diesem außergewöhnlichen Beitrag, ob die Wahl „im Geheimen“ stattfinden darf oder nicht.

Unsere Empfehlung 
Aktuelle Angebote der W.A.F.

Schwerbehindertenvertretung Teil 1
Für einen erfolgreichen Start in Ihre Amtszeit als SBV brauchen Sie praxisnahes Wissen zu Ihren Rechten und Aufgaben. Bereiten Sie sich mit diesem Seminar rechtssicher für die Praxis vor!
 
Schwerbehindertenvertretung Teil 2
Im zweiten Teil der Seminarreihe speziell für die SBV stehen die besonderen arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften von (schwer-)behinderten Menschen im Mittelpunkt.

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