Erfahren Sie, was es zum Amtszeitende für die SBV zu beachten gilt und was genau Assistenzleistungen nach § 78 SGB sind. IX

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SBV,

die Amtszeit der SBV neigt sich langsam dem Ende, weshalb auch wir in unserem April-Newsletter dieses Thema aufgreifen und Ihnen in diesem Zusammenhang Hilfestellung geben wollen. Erfahren Sie darüber hinaus, was man unter Assistenzleistungen versteht und wer hierauf unter welchen Voraussetzungen Anspruch hat.

Schließlich haben wir wieder aktuelle Entscheidungen der Arbeitsgerichte praxisnah für Sie aufbereitet. Lesen Sie insbesondere, weshalb Arbeitgeber bei der ordnungsgemäßen Durchführung eines BEM oft bereits an der Einladung scheitern und inwieweit beim Abschluss von Aufhebungsverträgen Drohungen zu Anfechtbarkeit führen.

Viel Spaß beim Lesen!

Herzliche Grüße

Ihre W.A.F.

Inhalt

Top-Themen der SBV

  • Amtszeitende – Das gilt es für die SBV zu beachten
  • Das sind Assistenzleistungen nach § 78 SGB IX

Rechtsprechungsmonitor

  • Die richtige Einladung zum BEM
  • Ein Aufhebungsvertrag muss fair verhandelt werden
  • Mehrere Betriebe können einen Betrieb nach dem Kündigungsschutzgesetz darstellen

Aktuelle Seminarangebote der W.A.F.

Top-Themen der SBV

Amtszeitende – Das gilt es für die SBV zu beachten
Vom 01.10.2022 bis 30.11.2022 wird in vielen Betrieben die neue SBV gewählt. Bis dahin bleibt noch einiges zu tun. In diesem Artikel erklären wir, an was Sie noch alles denken sollten.
 
Das sind Assistenzleistungen nach § 78 SGB IX
Assistenzleistungen unterstützen Menschen mit Behinderungen darin, den Alltag selbstbestimmt zu bewältigen. Erfahren Sie hier welche Besonderheiten es zu diesem Thema gibt.

Video-Empfehlung des Monats
Krankheitsbedingte Kündigung: Ist das wirklich unmöglich?

"Du kannst mir gar nicht kündigen, weil ich krank bin!" Der Chef hat einen auf dem Kieker und man meldet sich einfach arbeitsunfähig. Doch ist eine krankheitsbedingte Kündigung wirklich unmöglich? Unsere Rechtsanwälte Lina Goldbach und Niklas Pastille klären auf.

Zum Video  ➜

Rechtsprechungsmonitor
Die richtige Einladung zum BEM

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.10.2021, Az. 4 Sa 70/20

Leitsatz: Zur ordnungsgemäßen Einleitung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) gehört u.a. eine datenschutzrechtliche Aufklärung über die Verwendung der Gesundheitsdaten. Unterlässt der Arbeitgeber eine solche Aufklärung und reagiert der Arbeitnehmer hierauf nicht, ist eine krankheitsbedingte Kündigung aufgrund eines nicht ordnungsgemäß eingeleiteten BEM in der Regel unverhältnismäßig und damit unwirksam.

Der Fall: Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen, krankheitsbedingten Kündigung. Aufgrund langanhaltender Fehlzeiten hatte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu einem BEM eingeladen, worauf dieser aber nicht reagierte. Der Arbeitgeber unterstellte daraufhin eine negative Gesundheitsprognose und kündigte den Arbeitnehmer daraufhin wegen Krankheit.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Kündigung ist unzulässig. Zwar hätten die erheblichen Fehlzeiten für eine negative Gesundheitsprognose und damit für eine Kündigung wegen Krankheit ausgereicht. Der Arbeitgeber hatte jedoch das für die Kündigung notwendige BEM-Verfahren nicht ordnungsgemäß eingeleitet. Es fehlte an der datenschutzrechtlichen Aufklärung über die Verwendung der Gesundheitsdaten. Insbesondere müssten im Einladungsschreiben zum BEM folgende Hinweise enthalten sein:

  • Erhebung nur solcher Daten, deren Kenntnis erforderlich ist, um ein zielführendes, der Gesundung und Gesunderhaltung des Betroffenen dienendes BEM durchführen zu können;
  • Angabe derjenigen Krankheitsdaten, welche als sensible Daten i.S.v. Art. 9 Abs. 1, 4 Nr. 15 DSGVO erhoben und gespeichert werden;
  • Angabe, in welchem Umfang und zu welchem Zweck die Gesundheitsdaten dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden.

Die Gesundheitsdaten dürfen außerdem nur einem engen Personenkreis im Unternehmen bekannt gemacht werden. Entsteht der Eindruck, dass der Arbeitgeber auch andere Personen einbeziehen will, so geht das zu seinen Lasten.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Das BEM dient dazu, die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden und einen leidensgerechten Arbeitsplatz zu finden. Der Arbeitnehmer muss im Rahmen eines Einladungsschreibens über diverse Dinge aufgeklärt werden. Dazu zählen die Ziele des BEM sowie Art und Umfang der erhobenen und verwendeten Daten. Hier kommt es oft in der Praxis zu Versäumnissen und Fehlern, weswegen es sich aus Sicht der SBV lohnt, ein besonderes Augenmerk auf diesen Punkt zu legen.

SPEZIAL-SEMINAR

Betriebliches Eingliederungsmanagement für die SBV
Schwerpunkt und Herausforderung für die Schwerbehindertenvertretung
Ein Aufhebungsvertrag muss fair verhandelt werden

BAG, Urteil vom 24.02.2022, Az. 6 AZR 333/21

Leitsatz: Ein Aufhebungsvertrag kann angefochten werden, wenn der Arbeitgeber den „Grundsatz fairen Verhandelns“ verletzt hat.

Der Fall: Ein Arbeitgeber forderte von einer Mitarbeiterin die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags. Sie hatte unberechtigt Einkaufspreise reduziert, um einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Am Personalgespräch nahmen die Arbeitnehmerin, der Arbeitgeber und dessen Anwalt teil. Der Arbeitgeber drohte darin der Mitarbeiterin für den Fall der Nichtunterzeichnung mit einer außerordentlichen Kündigung und einer Strafanzeige. Ihrer Bitte nach einer längeren Bedenkzeit, damit sie Rechtsrat einholen könne, wurde nicht entsprochen. Nachdem die Parteien 10 Minuten schweigend am Tisch gesessen hatten, unterschrieb die Mitarbeiterin schließlich. Später erklärte sie die Anfechtung des Aufhebungsvertrages und klagte auf Weiterbeschäftigung. Der Arbeitgeber habe durch die Drohung und Ablehnung der Bedenkzeit gegen das Gebot des fairen Verfahrens verstoßen.

Die Entscheidung des Gerichts: Der Aufhebungsvertrag hatte das Arbeitsverhältnis wirksam beendet. In Anbetracht der Pflichtverletzung der Mitarbeiterin durfte der Arbeitgeber sowohl die außerordentliche Kündigung als auch eine Strafanzeige in Betracht ziehen. Er war nicht verpflichtet der Mitarbeiterin eine Bedenkzeit einzuräumen, bevor sie den Aufhebungsvertrag unterzeichnete.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Es ist jeder Einzelfall zu betrachten. Diese Entscheidung bedeutet keineswegs, dass der Arbeitgeber Beschäftigten bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags immer drohen und jede Bedenkzeit ablehnen darf. Vielmehr lag im Fall schon deswegen keine widerrechtliche Drohung vor, weil der Arbeitgeber hätte auch fristlos kündigen dürfen. Deswegen durfte er auch die Bedenkzeit ablehnen.

SPEZIAL-SEMINAR

Betriebsverfassungs- und Arbeitsrecht für die SBV
Wichtiges Grundlagenwissen für die SBV erwerben
Mehrere Betriebe können einen Betrieb nach dem Kündigungsschutzgesetz darstellen

ArbG Gera, Urteil vom 16.12.2021, Az. 2 Ca 329/20

Leitsatz: Betriebsteile und Nebenbetriebe werden als Einheit mit dem Hauptbetrieb angesehen, soweit sie arbeitstechnisch nur Teilfunktionen wahrnehmen und über keinen eigenen Leitungsapparat verfügen.

Der Fall: Der Arbeitgeber benötigt keinen Kündigungsgrund, wenn das Kündigungsschutzgesetz nicht zur Anwendung kommt. Das findet nur dann Anwendung, wenn mehr als zehn Mitarbeiter im Betrieb (!) arbeiten. Eine Reinigungskraft arbeitete auf den Campingplätzen der Arbeitgeberin. Alle Betriebe hatten jeweils weniger als 10 Arbeitnehmer. Zusammengerechnet gab es aber mehr als 10 Arbeitnehmer.

Die Arbeitnehmerin erhielt eine Kündigung gegen die sie klagte. Sie meinte nun, die Betriebe seien zusammenzurechnen.

Die Entscheidung des Gerichts: Betriebsteile und Nebenbetriebe werden nach § 23 KSchG als Einheit mit dem Hauptbetrieb angesehen, soweit sie arbeitstechnisch nur Teilfunktionen wahrnehmen und über keinen eigenen Leitungsapparat verfügen. Hier erfolgten zentrale unternehmenslenkende Entscheidungen einheitlich im zentralen Büro und dort wurden auch die maßgeblichen Entscheidungen in personellen und sozialen Angelegenheiten getroffen. Da über die Rechtmäßigkeit der Kündigung gestritten wurde, stellte das Arbeitsgericht folgerichtig fest, dass für die Kündigung ein Kündigungsgrund erforderlich war, den die Arbeitgeberin aber nicht nachweisen konnte.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Die Betriebsbegriffe des Kündigungsschutzgesetzes, des Betriebsverfassungsgesetzes und des Steuerrechts sind unterschiedlich. Daher müssen Sie jedes Mal genau prüfen, in welcher Materie Sie sich befinden.

SPEZIAL-SEMINAR

Kündigung (schwer-)behinderter Mitarbeiter
Ihre Beteiligungsrechte als SBV - jetzt sind Sie gefordert

Podcast-Empfehlung des Monats
Krankheitsdiagnose im BEM-Gespräch?

Müssen Diagnosen im BEM-Gespräch wirklich preisgegeben werden? Was früher ein häufig angezweifelter Anwaltsrat war, hat nun die jüngste Rechtsprechung bestätigt. Carolin Wiesbauer und Niklas Pastille kommentieren das aktuelle Urteil des LAG Baden-Württemberg.

Unsere Empfehlung 
Aktuelle Seminarangebote der W.A.F.

Webinar: SBV-Wahl 2022
Damit bei der Wahl für die SBV keine Formfehler passieren, zeigen Ihnen unsere wahlerprobten Referenten alles, was Sie für eine erfolgreiche SBV-Wahl wissen müssen.
 
Zusammenarbeit von Betriebsrat und SBV
Erfahren Sie in diesem Seminar, wie Sie sich als BR und SBV wechselseitig optimal ergänzen und die häufigsten Reibungspunkte in Ihrer Zusammenarbeit vermeiden können.

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