Erfahren Sie, wie Sie Erfahren Sie in dieser Jubiläumsausgabe Wissenswertes zur Inklusionsvereinbarung sowie zu den jüngsten Änderungen in der Wahlordnung der Schwerbehindertenvertretungen (SchwbVWO).

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SBV,

unser SBV-Newsletter feiert 1-jähriges Jubiläum! Erfahren Sie in dieser Jubiläumsausgabe Wissenswertes zur Inklusionsvereinbarung sowie zu den jüngsten Änderungen in der Wahlordnung der Schwerbehindertenvertretungen (SchwbVWO). Außerdem haben wir auch wieder aktuelle Entscheidungen der Arbeitsgerichte praxisnah für Sie aufbereitet.

Wir würden uns freuen, Sie auch im neuen Jahr als starker Partner bei allen Herausforderungen Ihrer SBV-Arbeit zu unterstützen. Von Herzen alles Gute, viel Erfolg für Ihr anspruchsvolles Amt und vor allem Gesundheit!

Herzliche Grüße

Ihre W.A.F.

Inhalt

Top-Themen der SBV

  • Die Inklusionsvereinbarung – das stärkste Beteiligungsrecht der SBV?
  • Digitale Wahlversammlung in Zeiten von Corona möglich

Rechtsprechungsmonitor

  • Vermutung der Benachteiligung wegen Schwerbehinderung
  • Keine Pflicht zum Hinweis auf Urlaubsverfall bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern
  • Leistungsbeurteilung nur mit Schwerbehindertenvertretung
  • Corona-Test-Verweigerer haben keinen Anspruch auf Gehalt

Neue Seminarangebote der W.A.F.

Top-Themen der SBV

Die Inklusionsvereinbarung – das stärkste Beteiligungsrecht der SBV?
Was ist eigentlich „Inklusion“? Der Begriff "Inklusion" bedeutet im Lateinischen Einschließung und Einbeziehung. Bei der Inklusion erhält jeder Mensch die Möglichkeit sich vollständig und gleichberechtigt an allen gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen. Daran arbeitet die SBV mit.
 
Digitale Wahlversammlung in Zeiten von Corona möglich
Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Möglichkeit zur Durchführung einer digitalen Wahlversammlung im vereinfachten Wahlverfahren in die Wahlordnung der Schwerbehindertenvertretungen (SchwbVWO) aufgenommen.  

Video-Empfehlung des Monats
Verfallen Urlaubsansprüche bei langer Krankheit irgendwann?

Was passiert mit meinem Urlaub, wenn ich krank bin? Früher ist bei längerer Krankheit laut Bundesarbeitsgericht Ende März des Folgejahres der Urlaub verfallen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat vor ein paar Jahren allerdings die 15-Monatsregel eingeführt. Was das genau bedeutet und ob dieser Stand heute immer noch gilt, erklärt Rechtsanwalt Arne Schrein in diesem Ratgebervideo.

Zum Video  ➜

Rechtsprechungsmonitor
Vermutung der Benachteiligung wegen Schwerbehinderung

BAG, Urteil vom 25.11.2021, Az. 8 AZR 313/20

Leitsatz: Der Verstoß des Arbeitgebers gegen Vorschriften, die Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten (schwer-)behinderter Menschen enthalten, begründet grundsätzlich die Vermutung i.S.v. § 22 AGG, dass der erfolglose (schwer-)behinderte Bewerber im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen der Schwerbehinderung nicht berücksichtigt und damit wegen der Schwerbehinderung benachteiligt wurde. Um der Bestimmung in § 165 Satz 1 SGB IX zu genügen, reicht allein die Veröffentlichung des Stellenangebots über die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit nicht aus.

Der Fall: Im vorliegenden Fall stritten die Parteien darüber, ob der beklagte Landkreis verpflichtet war, dem Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Benachteiligung aufgrund seiner Schwerbehinderung zu zahlen.

Der beklagte Landkreis veröffentlichte im November 2017 über die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit ein Stellenangebot, wonach zum 01.02.2018 ein „Arbeitsplatz als Führungskraft“, nämlich die Stelle als „Amtsleiter/in Rechts- und Kommunalamt (Jurist/in)“ besetzt werden sollte. Darauf bewarb sich der schwerbehinderte Kläger (GdB von 50) im November 2017 unter Angabe seiner Schwerbehinderung, jedoch ohne Erfolg. Zu einem Vorstellungsgespräch wurde er auch nicht eingeladen. Der Kläger reichte daraufhin eine Beschwerde nach § 13 AGG ein und beanstandete, als schwerbehinderter Bewerber nicht berücksichtigt worden zu sein. Auf seine Beschwerde erhielt er vom beklagten Landkreis keine Antwort.

Mit seiner Klage verfolgte der Bewerber gegenüber dem beklagten Landkreis eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Er vertrat die Auffassung, der beklagte Landkreis habe ihn wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert. Der beklagte Landkreis habe den freien Arbeitsplatz nicht den Vorgaben von § 165 Satz 1 SGB IX entsprechend der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet und ihn entgegen § 165 Satz 3 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, obwohl die fachliche Eignung nicht offensichtlich gefehlt habe. Die unterlassene Beantwortung seiner Beschwerde begründe darüber hinaus die Vermutung, dass er wegen der Schwerbehinderung nicht berücksichtigt worden sei. Das ArbG und das LAG wiesen die Klage ab.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Revision des Klägers hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Entgegen der Annahme des LAG habe der beklagte Landkreis den Kläger wegen der Schwerbehinderung benachteiligt und schulde ihm deshalb die Zahlung einer angemessenen Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Der beklagte Landkreis hatte es entgegen § 165 Satz 1 SGB IX unterlassen, den ausgeschriebenen, mit (schwer-)behinderten Menschen besetzbaren Arbeitsplatz der zuständigen Agentur für Arbeit zu melden. Die Veröffentlichung des Stellenangebots über die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit stellt keine Meldung i.S.v. § 165 Satz 1 SGB IX dar. Der Umstand der unterlassenen Meldung begründe die Vermutung, dass der Kläger im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen der Schwerbehinderung nicht berücksichtigt und damit wegen der Schwerbehinderung benachteiligt wurde.

Nach Auffassung des BAG kam es nicht mehr darauf an, ob weitere Verstöße gegen die zugunsten (schwer-)behinderter Menschen getroffenen Verfahrens- und/oder Förderpflichten vorlagen. Ebenso fraglich war, ob die unterbliebene Beantwortung der Beschwerde des Klägers durch den beklagten Landkreis ein Indiz nach § 22 AGG für eine Benachteiligung des Klägers wegen der Schwerbehinderung sein konnte.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Öffentliche Arbeitgeber haben im Rahmen des Bewerbungs- und Stellenbesetzungsverfahrens strengere Vorgaben zu beachten als private Unternehmen. Freie Stellen im öffentlichen Dienst müssen nach dem in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG) verankerten Grundsatz der Bestenauslese besetzt werden. Danach steht jedem nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ein Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt zu.

SPEZIAL-SEMINAR

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz für die SBV
Wirkungsvoll gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz vorgehen
Keine Pflicht zum Hinweis auf Urlaubsverfall bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern

Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 30.09.2021, Az. 8 Ca 2545/21

Leitsatz: Die Urlaubsgewährung gegenüber einem langzeitarbeitsunfähigen Arbeitnehmer ist tatsächlich und rechtlich unmöglich. Insofern kann vom Arbeitgeber auch nicht verlangt werden, auf einen möglichen Verfall des Urlaubs hinzuweisen.

Der Fall: Der Arbeitnehmer war in der Zeit vom 24. Juli 2017 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 28. Februar 2021 arbeitsunfähig erkrankt. Nun verlangte er eine Urlaubsabgeltung für die Jahre 2017 bis 2021. Er war der Ansicht, der Urlaubsanspruch sei nicht verfallen, da die Arbeitgeberin ihre arbeitgeberseitige Mitwirkungs- und Hinweispflicht hinsichtlich des Verfalls des Urlaubsanspruchs nicht erfüllt habe. Er wollte auf jeden Fall noch eine Urlaubsabgeltung für die Kalenderjahre 2017 und 2018 haben. Die Arbeitgeberin meinte jedoch, nach Rechtsprechung von BAG und EuGH zur Begrenzung der Übertragbarkeit des Urlaubs auf 15 Monate bei einer Langzeiterkrankung des Arbeitnehmers sei ein Anspruch für die Jahre 2017 und 2018 verfallen.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Zahlungsklage war unbegründet. Das Gericht verwies auf die Rechtsprechung von BAG und EuGH zum Verfall der Urlaubsabgeltungsansprüche. Dabei musste es sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer nicht auf den Verfall hätte hinweisen müssen und deswegen vielleicht doch kein Verfall eingetreten sein könnte. Nach Auffassung des Gerichts gelten die Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers jedoch nur für einen arbeitsfähigen, nicht jedoch für einen langzeitarbeitsunfähigen Arbeitnehmer. Denn der langzeitarbeitsunfähige Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber nicht „in die Lage versetzt werden, seinen Urlaub zu nehmen". Nur einem Arbeitnehmer, der ansonsten zur Arbeitsleistung verpflichtet wäre, kann Urlaub gewährt werden. Ist ein Arbeitnehmer demgegenüber bereits aufgrund bestehender Arbeitsunfähigkeit nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet, kann er auch nicht durch Urlaubsgewährung seitens des Arbeitgebers von einer Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit werden, weil diese ohnehin nicht besteht. Eine Pflicht, etwas tatsächlich und rechtlich Unmögliches zu verlangen, sieht die Rechtsordnung nicht vor.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Der Betriebsrat kann natürlich langzeiterkrankte Arbeitnehmer trotzdem darauf hinweisen, dass ein Urlaubsverfall droht. Denn eins berücksichtigt das Urteil nicht: Theoretisch könnte der Arbeitnehmer nach dem Hinweis des Arbeitgebers auf den Urlaubsverfall wieder gesund werden, und sei es vielleicht nur in der letzten Woche des Jahres oder des Übertragungszeitraums.

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SBV spezial: Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell
Stufenweise Wiedereingliederung kompetent und erfolgreich begleiten
Leistungsbeurteilung nur mit Schwerbehindertenvertretung

BAG, Beschluss vom 24.02.2021, Az. 7 ABR 9/20

Leitsatz: Der Arbeitgeber ist nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung vor Mitteilung einer Leistungsbeurteilung an einen (schwer-)behinderten oder gleichgestellten behinderten Arbeitnehmer zu unterrichten und sie hierzu anzuhören.

Der Fall: Die Beteiligten dieses Falles stritten über Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung bei der tariflichen Leistungsbeurteilung von (schwer-)behinderten und ihnen gleichgestellten behinderten Arbeitnehmern.

Die Arbeitgeberin, ein Unternehmen in der Metallindustrie, führt nach dem Entgeltrahmenabkommen für die Metallindustrie in NRW (ERA-TV) Leistungsbeurteilungen durch, die Grundlage für die Zahlung einer tariflichen Leistungszulage für Beschäftigte im Zeitentgelt sind. Die tariflichen Regelungen sehen vor, dass das Leistungsverhalten aller Beschäftigten einmal im Kalenderjahr zu beurteilen ist. Vorliegend hatte die Arbeitgeberin die betriebliche Leistungsbeurteilung durchgeführt, ohne die SBV zu beteiligen.

Die Entscheidung des Gerichts: Das BAG bestätigte die Ansicht der Vorinstanz. Die Arbeitgeberin sei verpflichtet, die SBV vor Mitteilung der Leistungsbeurteilung an die (Schwer-)Behinderten oder ihnen gleichgestellte Menschen gemäß § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu unterrichten und anzuhören. Nach dieser Vorschrift habe die Arbeitgeberin die SBV in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die (schwer-)behinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Die Verpflichtung des Arbeitgebers in § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX soll sicherstellen, dass die SBV die Möglichkeit hat, den Arbeitgeber auf aus ihrer Sicht mögliche und gegebenenfalls nicht bedachte Auswirkungen hinzuweisen. Sie wird wohl allgemein auf jegliche Art der Leistungsbeurteilung übertragen werden können, sofern diese finanzielle Folgen nach sich zieht.

GRUNDLAGEN

Schwerbehindertenvertretung Teil 2
Besondere Schutzrechte (schwer-)behinderter Kollegen durchsetzen
Corona-Test-Verweigerer haben keinen Anspruch auf Gehalt

LAG München, Beschluss vom 26.10.2021, Az. 9 Sa 332/21

Leitsatz: Wer verpflichtende Corona-Tests verweigert, muss nicht beschäftigt werden und hat auch keinen Gehaltsanspruch.

Der Fall: Der Fall spielte zwar noch vor der aktuell geltenden 3G-Regelung am Arbeitsplatz, würde aber auch zu aktuellen Bedingungen nicht anders entschieden werden: Die Flötistin eines Opernorchesters weigerte sich, den vom Arbeitgeber angeordneten Corona-Test durchführen zu lassen und verwies darauf, dass der Test einen erheblichen Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit darstelle. Zudem bestehe Verletzungsgefahr im Rachenraum, die für sie als Flötistin schwere Folgen und eine Arbeitsunfähigkeit verursachen könne. Daraufhin verweigerte der Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung und stellte auch die Gehaltszahlung ein. Die Flötistin klagte hierauf.

Die Entscheidung des Gerichts: Das LAG München bestätigte in der Berufung die erstinstanzliche Klageabweisung. Der Arbeitgeber hätte sich im maßgeblichen Zeitraum nicht im Annahmeverzug befunden, da die Flötistin in diesem Zeitraum nicht gewillt war, die Arbeitsleistung zu den vertraglich geschuldeten Bedingungen zu erbringen. Anzumerken ist, dass auf das Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung fand, nach dessen Regelungen der Arbeitgeber bei gegebener Veranlassung durch einen Vertrauensarzt oder das Gesundheitsamt feststellen lassen durfte, ob der Musiker arbeitsfähig und frei von ansteckenden Krankheiten ist. Die Testpflicht sei auch verhältnismäßig, zumal der Arbeitgeber es akzeptiert hätte, dass die Arbeitnehmer einen PCR-Test bei einem Arzt ihres Vertrauens in Form eines reinen Rachenabstrichs durchführen. Hierin liege kein unzulässiger Eingriff in die körperliche Unversehrtheit.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Auch wenn der Fall mit der Spezialregelung im Tarifvertrag eine Besonderheit aufweist, handelt es sich um keine Einzelfallentscheidung. Denn derzeit gilt nach § 28 b IfSG überall 3G am Arbeitsplatz. Wer also nicht geimpft oder genesen ist bzw. dies dem Arbeitgeber nicht offenbaren will, muss sich testen lassen. Es handelt sich bei der Testung somit nicht nur um eine vertraglich geschuldete Bedingung, sondern mittlerweile sogar um eine gesetzliche Pflicht.

SPEZIAL-SEMINAR

Webinar: Test- und Impfpflicht im Betrieb
Die 3G-Regel am Arbeitsplatz auf den Punkt gebracht

Podcast-Empfehlung des Monats
BEM revisited: Wer MUSS, wer DARF mit dabei sein?

Der Arbeitgeber hat langzeiterkrankten Beschäftigten das Betriebliche Eingliederungsmanagement anzubieten (§167 Abs. 2 SGB IX) - so weit, so bekannt! Aber haben Sie Überblick über sämtliche Akteure, die am BEM-Tisch Platz nehmen dürfen? Und wissen Sie, welcher Beteiligter wann einzubinden ist - und warum? Rechtsanwältin Lina Goldbach und Rechtsanwalt Niklas Pastille teilen hierzu wichtige Informationen mit Ihnen.

Unsere Empfehlung 
Neue Seminarangebote der W.A.F.

Webinar: Online-Betriebsversammlungen
Erfahren Sie in diesem Webinar, wie Sie Online-Betriebsversammlungen professionell vorbereiten und rechtssicher durchführen.
 
SBV-Wahl 2022
Erfahren Sie in diesem Seminar alles, was Sie für eine erfolgreiche SBV-Wahl wissen müssen und zwar unabhängig davon, in welchem Wahlverfahren Sie wählen!

© W.A.F. Institut für Betriebsräte-Fortbildung AG