Erfahren Sie mehr über den Gang der SBV vor Gericht sowie Wissenswertes über Förderungen bei der Einstellung schwerbehinderter Arbeitnehmer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SBV,

auch wenn die nächste SBV-Wahl noch ein knappes Jahr hin ist, sollten Sie sich so langsam in Bezug auf die Kandidatengewinnung Gedanken machen. Wer ist geeignet und wer ist engagiert genug, um dieses wichtige Amt für 4 Jahre auszuführen? Und in welchem Wahlverfahren wählen Sie überhaupt? Um sich hier fit zu machen, haben wir neben unserem Präsenz-Seminar nun auch ein Webinar zur SBV-Wahl 2022 neu in unserem Programm aufgenommen. Wir würden uns sehr freuen, Sie bei Ihren Vorbereitungen als starker Partner zu unterstützen!

Darüber hinaus haben wir auch diesen Monat wichtige Themen sowie aktuelle Entscheidungen der Arbeitsgerichte praxisnah für Sie aufbereitet. Erfahren Sie insbesondere mehr über den Gang der SBV vor Gericht sowie Wissenswertes über Förderungen bei der Einstellung (schwer-)behinderter Arbeitnehmer.

Herzliche Grüße
Ihre W.A.F.

Inhalt

Top-Themen der SBV

  • Die SBV vor Gericht: So geht's!
  • Förderungen bei der Einstellung (schwer-)behinderter Arbeitnehmer nutzen

Rechtsprechungsmonitor

  • Amtszeit der SBV endet bei Absinken unter den Schwellenwert
  • Ist Schwerhörigkeit ein Kündigungsgrund?
  • Zweifel an der Erkrankung

Neue Seminarangebote der W.A.F.

Top-Themen der SBV

Die SBV vor Gericht: So geht's!
Für den Betriebsrat ist es fast schon Routine, aber auch die SBV zieht immer häufiger gegen ihren Arbeitgeber vor das Arbeitsgericht. Das liegt an der gestärkten Stellung der SBV im SGB IX und daran, dass viele Arbeitgeber noch immer nicht die gesetzlichen Rechte der SBV anerkennen und beachten.
 
Förderungen bei der Einstellung (schwer-)behinderter Arbeitnehmer nutzen
Es gibt zahlreiche (insbesondere finanzielle) Unterstützungsmöglichkeiten bei der Einstellung (schwer-)behinderter Menschen. Die SBV kann den Arbeitgeber darauf hinwiesen. In aller Regel gibt es keinen Anspruch des Arbeitgebers auf diese Leistungen, sie werden jedoch trotzdem sehr häufig im Rahmen billigen Ermessens gewährt.

Video-Empfehlung des Monats
BEM: Arbeitgeber lädt nur einige Beschäftigte ein. Geht das?

Euer Arbeitgeber lädt nur einzelne Beschäftigte in das betriebliche Eingliederungsmanagement ein. Ist das so in Ordnung? Unser BEM-Experte Niklas Pastille gibt die Antwort im Video.

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Rechtsprechungsmonitor
Amtszeit der SBV endet bei Absinken unter den Schwellenwert

LAG Köln, Beschluss vom 31.08.2021, Az. 4 TaBV 19/21

Leitsatz: Die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung endet, wenn der Schwellenwert gemäß § 177 Abs. 1 SGB IX unterschritten wird.

Der Fall: Die Beteiligten stritten um die Fortdauer der Amtszeit der SBV, nachdem die Anzahl der (schwer-)behinderten Menschen in ihrem Betrieb während der laufenden Amtsperiode unter die Zahl von fünf abgesunken war. Die Arbeitgeberin war der Ansicht, dass die Amtszeit der SBV in diesem Betrieb damit beendet sei. Hiergegen klagte die SBV und begehrte insoweit die Feststellung, dass die SBV trotz abgesunkenem Schwellenwert fortbesteht.

Die Entscheidung des Gerichts: Das Arbeitsgericht Köln wies den Antrag auf Fortbestand der SBV mit der Begründung zurück, dass der Grundsatz im Betriebsverfassungsrecht, wonach bei Absinken der wahlberechtigten Beschäftigtenzahl unter fünf die Amtszeit des Betriebsrats ende, auf die SBV übertragbar sei. Dies wurde so vom LAG Köln in der Beschwerdeinstanz ausdrücklich bestätigt. Denn aus der Formulierung des § 177 Abs. 1 SGB IX lasse sich nicht entnehmen, dass hinsichtlich der erforderlichen Anzahl an (schwer-)behinderten Beschäftigten nur auf den Zeitpunkt der Wahl abzustellen ist. Außerdem sprächen auch Systematik sowie Sinn und Zweck des Gesetzes für eine Übertragung des im Betriebsverfassungsrecht geltenden Grundsatzes auf die SBV.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Das LAG Köln hat die Rechtsbeschwerde zum BAG zugelassen, da es sich hierbei um eine noch nicht höchstrichterlich geklärte Frage von grundsätzlicher Bedeutung handelt. Insofern bleibt die Entscheidung des BAG in dieser Sache abzuwarten.

NEU

SBV-Wahl außerhalb des regelmäßigen Wahlzeitraums
SBV-Wahl rechtssicher vorbereiten und durchführen
Ist Schwerhörigkeit ein Kündigungsgrund?

EuGH, Urteil vom 15.07.2021, Az. C-795/19

Leitsatz: Eine Verordnung in Estland, nach der Strafvollzugsbeamte ein bestimmtes Mindesthörvermögen aufweisen müssen, wobei die Verwendung von Hilfsmitteln wie Hörgeräten bei der Beurteilung des Hörvermögens nicht gestattet ist, verstößt gegen die EU-Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie.

Der Fall: Der Kläger des Ausgangsverfahrens war mehr als 14 Jahre als Strafvollzugsbeamter zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten beschäftigt. Aufgrund einer neuen Verordnung wurde er wegen schlechten Hörvermögens entlassen. Diese sah unabhängig der konkreten Verwendung im Strafvollzug u.a. Mindestschwellen für das Hörvermögen vor. Der Strafvollzugsbeamte klagte daraufhin auf Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Kündigung und auf Zahlung einer Entschädigung.

Die Entscheidung des Gerichts: Nachdem der Strafvollzugsbeamte in erster Instanz noch unterlegen war, stellte das Berufungsgericht die Rechtswidrigkeit der Kündigung fest und verurteilte die Strafvollzugsanstalt zur Zahlung einer Entschädigung.

Das Berufungsgericht entschied zudem, ein gerichtliches Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Verordnung beim Staatsgerichtshof von Estland einzuleiten. Dieses legte wiederum den Fall dem EuGH vor mit der Frage, ob die Bestimmungen der Richtlinie 2000/78 (Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie) einer nationalen Regelung wie der Verordnung entgegenstehen.

Der EuGH stellte fest, dass die Verordnung eine Ungleichbehandlung im Sinne der Richtlinie begründet, die unmittelbar auf einer Behinderung beruht. Zwar ist das Ziel der Verordnung, nämlich die Einsatzbereitschaft der Haftanstalten zu gewährleisten, an sich legitim. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist aber eine Regelung nur dann zur Erreichung des Ziels geeignet, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird. Daran aber fehlt es hier, denn während die Einhaltung der von der Verordnung festgelegten Mindesthörschwellen beurteilt wird, ohne dass der betreffende Strafvollzugsbeamte die Möglichkeit hat hierbei eine Hörhilfe zu verwenden, ist dies ohne ersichtlichen Grund bei der Beurteilung des Sehvermögens in der Verordnung abweichend geregelt.

Darüber hinaus beanstandete der EuGH, dass die Mindesthörschwelle für alle Strafvollzugsbeamten gleich gelte und zwar ohne Ansehung der konkreten Einrichtung oder Verwendung. Im Strafvollzug gibt es aber auch Aufgaben ohne häufige Gefangenenkontakte, wie etwa die Überwachung von Kontroll- und Signaleinrichtungen. Außerdem berücksichtigt die Verordnung nicht, dass die Hörschwäche mit Hörhilfen korrigiert werden kann, die miniaturisiert, im Ohr oder sogar unter einem Helm getragen werden können.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Auch wenn die Entscheidung in Estland spielte, ist die Argumentation auf Deutschland ohne weiteres übertragbar. So hat der Gesetzgeber auch hier die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie zu beachten und Maßnahmen zu unterlassen, die mittelbar oder unmittelbar diskriminieren.

NEU

Weiterbildung im Betrieb
Als BR den gesetzlichen Auftrag erfolgreich wahrnehmen
Zweifel an der Erkrankung

BAG, Urteil vom 08.09.2021, Az. 5 AZR 149/21

Leitsatz: Eine Übereinstimmung zwischen der Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses und der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit begründen ernsthafte Zweifel an einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Der Fall: Eine Angestellte kündigte ihr Arbeitsverhältnis am 08.02.2019 zum 22.02.2019 und legte gleichzeitig mit ihrer Kündigung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses vor. Der Arbeitgeber verweigerte daraufhin die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Er meinte, der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei erschüttert, weil diese genau die Restlaufzeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses abdecke. Die Arbeitnehmerin klagte.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Übereinstimmung zwischen Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses und der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit begründete auch für das Bundesarbeitsgericht ernsthafte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit. Die Arbeitnehmerin hätte daher ihre Arbeitsunfähigkeit anderweitig beweisen müssen, beispielsweise durch Entbindung ihrer Ärzte von der Schweigepflicht. Da sie das trotz Aufforderung durch das Gericht nicht getan hat, erhielt sie für die letzten Tage ihres Arbeitsverhältnisses keine Entgeltfortzahlung.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Auf die Dauer der Arbeitsunfähigkeit hat der Erkrankte an und für sich keinen Einfluss. Sollte der konsultierte Arzt die attestierte Arbeitsunfähigkeit auf die Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses begrenzen wollen, sollte er auf die Rechtsprechung des BAG hingewiesen werden.

SPEZIAL-SEMINAR

Arbeits- und Sozialrecht - Update
Aktuelle Änderungen in Rechtsprechung und Gesetzgebung

Podcast-Empfehlung des Monats
Darf die Schwerbehindertenvertretung (SBV) vor Gericht klagen?

Die SBV unterliegt eigenen gesetzlichen Regelungen. Wie sieht es aber mit dem Recht aus zu klagen? Darf die Schwerbehindertenvertretung vor Gericht klagen?

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Webinar: SBV-Wahl 2022
Damit die Wahl für Ihre SBV auf festem Boden steht und keine Formfehler passieren, zeigen Ihnen unsere wahlerprobten Referenten alles, was Sie für eine erfolgreiche SBV-Wahl wissen müssen und zwar unabhängig davon, in welchem Wahlverfahren Sie wählen!
 
Fresh-up Schwerbehindertenrecht
Welche Rechte haben Sie? Und wie können Sie Ihre SBV-Arbeit optimieren? Antworten auf diese und viele weitere Fragen erhalten Sie von unseren Referenten. Darüber hinaus haben Sie die Möglichkeit, Ihre Erfahrungen mit praxiserprobten Kollegen auszutauschen.

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