Die Pandemie wird uns noch über Jahre
beschäftigen. Nun geht es darum, wie wir in der Zukunft damit umgehen wollen. Kritisieren ist immer einfach. Und am lautesten sind häufig diejenigen, die am wenigsten informiert sind. Dabei sind das positive
Gestalten, das Weitermachen und der optimistische Blick in die Zukunft wesentlich schwieriger – und wichtiger.
Da uns das Coronavirus noch lange begleiten wird, finden Sie im Folgenden 6 praktische Tipps für Ihre Arbeit als Schwerbehindertenvertretung:
1. Tipp: Überwachen Sie die Umsetzung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel
Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel konkretisiert § 5 Infektionsschutzgesetz und regelt die Anforderungen an den Arbeitsschutz für die Dauer der pandemischen Lage. Als Schwerbehindertenvertretung haben Sie
- ein Überwachungsrecht, ob Ihr Arbeitgeber die Regelung umsetzt und dabei die Belange der (schwer-)behinderten Kollegen beachtet und
- einen Informationsanspruch, was Ihr Arbeitgeber zur Eindämmung der Pandemie unternommen hat.
Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel im Einzelnen:
Das Ziel der Arbeitsschutzregel ist klar: Sie soll das pandemische Geschehen in Betrieben und Dienststellen so weit wie möglich reduzieren. Dabei wendet sich die Regelung natürlich in erster Linie an Ihren
Arbeitgeber. Er muss zum Beispiel die bestehende Gefährdungsbeurteilung und die festgelegten Maßnahmen des Arbeitsschutzes aktualisieren, und zwar nach den §§ 5 und 6 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).
Diese Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus kennen Sie:
AHA plus L + A
- A = Abstand
- H = Hygiene
- A = Alltagsmaske tragen (inzwischen FFP2 oder OP-Maske)
- L = Lüften
- A = App (Corona-Warn-App) nutzen.
Ihr Arbeitgeber darf und muss prüfen, welche zusätzliche Maßnahmen aufgrund der Arbeitsschutzregel erforderlich und zu ergreifen sind.
Weitergehende Informationen zur SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel finden Sie hier.
2. Tipp: Achten Sie auf die Umsetzung der Arbeitsschutzregel
In der Praxis können Sie im Betriebsalltag viel tun:
- Arbeitsumgebung sicher gestalten
Es ist auf Mindestabstände zu achten, aber auch auf ausreichende Lüftung, Vorrichtungen wie Abtrennungen und die Möglichkeit der Handhygiene.
- Kontakte reduzieren
Jeder Betrieb sollte derzeit auf die digitale Kommunikation setzen und entsprechend der neuen Verordnung Homeoffice-Arbeitsplätze fördern.
- Hygiene und Reinigung
Ermahnen Sie Ihre Kollegen und Kolleginnen zur ausreichenden Handhygiene und zum Beachten der allgemeinen Verhaltensregeln während der Pandemie.
Denken Sie nicht nur an die (schwer-)behinderten Beschäftigten im Betrieb, sondern auch an die, die nach einer Erkrankung oder einer längeren Homeoffice-Phase wieder zurück an den Arbeitsplatz kommen. Diese
sind über bereits getroffene Arbeitsschutzmaßnahmen zu informieren. Daneben haben Ihre behinderten Kolleginnen und Kollegen noch die folgenden Rechte:
- Beschäftigte können sich im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge zu ihren individuellen Gefährdungen arbeitsmedizinisch beraten lassen.
- Im Rahmen des Arbeitsschutzes besteht keine Pflicht der Beschäftigten zur Offenbarung von medizinischen Risiken gegenüber dem Arbeitgeber.
- Grundsätzlich müssen Beschäftigte bei Erkrankung an Corona (und jeder anderen Erkrankung auch) keine Meldung an den Arbeitgeber vornehmen. Eine eventuell erforderliche Information des Dienstherrn
übernimmt das Gesundheitsamt im Rahmen der Quarantäneveranlassung.
- Erfährt der Arbeitgeber von der Ansteckung eines Beschäftigten, darf er dies nicht den anderen Beschäftigten offenbaren, um einer Stigmatisierung des Beschäftigten vorzubeugen.
3. Tipp: Hilfe holen
Die Einhaltung der Pflichten Ihres Arbeitgebers können und sollten Sie als Schwerbehindertenvertretung überwachen. Helfen können hier auch die Unfallkassen und die Berufsgenossenschaften. Fragen Sie einfach
nach, die Antwort kann hilfreich sein, denn die Unfallkassen und die Berufsgenossenschaften kennen den Arbeitsalltag mit am besten.
4. Tipp: Auf erneute Gefährdungsbeurteilung drängen
Nur wenn ein Arbeitsplatz sorgfältig arbeitsschutzrechtlich beurteilt wird, lassen sich Gefährdungen feststellen und beseitigen. Dafür ist Ihr Arbeitgeber zuständig. Außerdem müssen Ihre Kolleginnen und
Kollegen im Betrieb natürlich auch unterwiesen werden. Denn nur wer weiß, was er vermeiden muss, kann sich schützen.
5. Tipp: Denken Sie an die psychische Gesundheit
Was wir in diesen Tagen vor allen Dingen nicht vergessen dürfen ist die psychische Gesundheit. Corona belastet uns alle – Stress, Existenzängste, keine Ablenkungsmöglichkeiten, kein soziales Leben. Das
hinterlässt Spuren!
6. Tipp: Veranstalten Sie eine Schwerbehindertenversammlung
Betriebsversammlungen können nach § 129 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) seit dem Frühjahr 2020 auch per Telefon- und Videokonferenz durchgeführt werden. Der Gesetzgeber hat diese Regelung wegen der
anhaltenden Pandemie zunächst bis zum 30.06.2021 verlängert. Da § 178 Absatz 6 Satz 2 SGB IX auch auf § 42 BetrVG (Betriebsversammlungen) verweist, gilt diese Norm auch für Ihre
Schwerbehindertenversammlung.
Das LAG Berlin-Brandenburg hat am 24.08.2020 in einem Beschluss entschieden, dass es sich bei digitalen Formaten nur um eine Möglichkeit handelt. Interessenvertretungen können aber weiter an Präsenzformaten
festhalten, wenn die Anforderungen an die Abstandsregeln und die Hygienekonzepte eingehalten werden (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.08.2020, Az. 12 TaBVGa 1015/20).
Wichtig: Sie müssen aber sicherstellen, dass nur teilnahmeberechtigte Personen Kenntnis von dem Inhalt der Versammlung nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig.