Wir beantworten Ihnen 6 arbeitsrechtliche Fragen zur Weihnachtsfeier und zum Weihnachtsurlaub.

Liebe Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat,

mit großen Schritten geht es auf Weihnachten zu. Betriebliche Weihnachtsfeiern stehen an und die letzten Urlaubsanträge für die Zeit zwischen den Jahren werden eingereicht. Lesen Sie in unseren beiden Top-Themen, was es hier aus arbeitsrechtlicher Sicht zu beachten gilt.

Darüber hinaus haben wir wieder interessante Entscheidungen für Ihre BR-Arbeit zusammengetragen und praxisnah für Sie aufbereitet. Spannend wird es hier ganz besonders bei der Frage, ob der Arbeitgeber nicht erforderliche BR-Kosten von Ihrem Gehalt abziehen darf.

Wir wünschen Ihnen und Ihrer Familie eine besinnliche Adventszeit!

Herzliche Grüße
Ihre W.A.F.

Inhalt

Top-Themen des Monats

  • 6 arbeitsrechtliche Fragen zur Weihnachtsfeier
  • 6 arbeitsrechtliche Fragen zum Weihnachtsurlaub

Aktuelles von den Arbeitsgerichten

  • Urlaubsabgeltung bei sehr langen Krankheitszeiten
  • Verzicht auf Arbeitszeiterfassung befreit nicht von Informationspflichten
  • Abzug der Rechtsanwaltskosten vom Nettolohn

Aktuelle Seminarangebote der W.A.F.

Top-Themen des Monats

6 arbeitsrechtliche Fragen zur Weihnachtsfeier
Weihnachten steht vor der Tür und viele Betriebe lassen das Jahr mit einer gemeinsamen Weihnachtsfeier bei gemütlichem Zusammensein ausklingen. Dabei gibt es aber einiges zu beachten. In diesem Artikel beantworten wir daher wichtige arbeitsrechtliche Fragen rund um betriebliche Weihnachtsfeiern.
 
6 arbeitsrechtliche Fragen zum Weihnachtsurlaub
Endlich ist der lang ersehnte Weihnachtsurlaub in greifbarer Nähe. Doch haben Arbeitnehmer ein Recht auf Urlaub an Weihnachten und Silvester? Und können alle gleichzeitig Urlaub nehmen? Wir klären die wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen, die Sie zum Thema Urlaub in der Weihnachtszeit wissen müssen.

Video-Empfehlung des Monats
Kündigung generell widersprechen

Muss der Betriebsrat generell jeder Kündigung widersprechen? Oder ist es in Ordnung, wenn der Betriebsrat der Kündigung auch mal zustimmt? In diesem Video erfahren Sie mehr dazu von Rechtsanwältin Sandra Becker und Rechtsanwalt Niklas Pastille.

Zum Video  ➜

Aktuelles von den Arbeitsgerichten
Urlaubsabgeltung bei sehr langen Krankheitszeiten

LAG Hamm, Urteil vom 17.02.2022, Az. 5 Sa 872/21

Leitsatz: Urlaubsansprüche können noch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres geltend gemacht werden. Danach ist das nicht mehr möglich. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Arbeitgeber nicht auf den Verfall des Urlaubs hingewiesen hat.

Der Fall: Ein Arbeitnehmer war seit mehreren Jahren arbeitsunfähig, bis er schließlich durch eine Eigenkündigung im Jahr 2021 aus dem Arbeitsverhältnis ausschied. Nun verlangte er für die Jahre 2016 und 2017 eine Urlaubsabgeltung. Er sei auf einen Verfall der Urlaubsansprüche durch seinen Arbeitgeber nicht hingewiesen worden und hätte daher einen Abgeltungsanspruch auf 60 Tage Urlaub nebst eines damit verbundenen Urlaubsgeldanspruchs. Insgesamt wollte er knapp 6.000 € Urlaubsabgeltung und knapp 3.000 € zusätzliches Urlaubsgeld erhalten.

Die Entscheidung des Gerichts: Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BAG erlöschen Urlaubsansprüche bei lang andauernder Erkrankung nicht nach § 7 Abs. 3 BUrlG mit Ablauf des 31.12. des Urlaubsjahres bzw. dem 31.03. des Folgejahres. Sie verfallen 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres (vgl. BAG, Urteil vom 07.08.2012, Az. 9 AZR 353/10 und EuGH, Urteil vom 22.11.2011, Az. C-214/10).

Hinzu kommt aber auch noch die neuere Entscheidung des BAG, nach der ein Verfall des Urlaubs grundsätzlich dann nicht eintritt, wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht genügt. Er muss den Arbeitnehmer auffordern, seinen Urlaub zu nehmen und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfällt, wenn er ihn nicht beantragt (BAG, Urteil vom 19.02.2019, Az. 9 AZR 423/16).

Ein Hinweis war vorliegend nicht erfolgt. Nach Ansicht des LAG Hamm war dies aber für den Verfall der Urlaubsansprüche unschädlich, da der Arbeitnehmer krankheitsbedingt gar nicht in der Lage war, die Arbeitsleistung zu erbringen beziehungsweise Urlaub zu nehmen. Der Urlaub war somit verfallen, ein Anspruch auf Urlaubsgeld und/oder Urlaubsabgeltung bestand daher nicht.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Das LAG Hamm hat die Revision zugelassen, weil es sich bei der Frage der Auswirkung einer fehlenden Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers im Falle mehrjähriger Erkrankung des Arbeitnehmers um eine noch nicht durch das BAG entschiedene Rechtsfrage handelt. Zu einem vergleichbaren Fall ist allerdings beim BAG unter dem Aktenzeichen 9 AZR 107/20 bereits ein Revisionsverfahren anhängig.

GRUNDLAGEN

Arbeitsrecht Teil 4
Wichtige Bereiche des Arbeitsrechts gezielt vertiefen
Verzicht auf Arbeitszeiterfassung befreit nicht von Informationspflichten

LAG München, Beschluss vom 11.07.2022, Az. 4 TaBV 9/22

Leitsatz: Der Betriebsrat kann auch die Auskunft über Arbeitszeiten von Beschäftigten verlangen, die in Vertrauensarbeitszeit tätig sind.

Der Fall: In einem Unternehmen arbeiteten fast 500 Beschäftigte, viele davon im Außendienst. Für sie galt nach einer Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) Vertrauensarbeitszeit. Demnach teilten sie sich die Arbeitszeiten selbst ein und der Arbeitgeber nahm keine Arbeitszeiterfassung vor. Nun forderte der Betriebsrat vom Arbeitgeber Informationen über die genauen Arbeitszeiten der Außendienstler.

Die Entscheidung des Gerichts: Der Betriebsrat bekam vor Gericht Recht. Demnach durfte er trotz vereinbarter Vertrauensarbeit Informationen zur Arbeitszeit einfordern. Denn der Betriebsrat muss im Rahmen seiner Überwachungsaufgabe aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die Einhaltung der Arbeitsschutzgesetze überprüfen. Dazu gehört das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), das auch bei Vertrauensarbeitszeit gilt.

Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat aus § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG rechtzeitig und umfassend zur Durchführung seiner gesetzlichen Aufgaben zu unterrichten. Dies gilt auch, wenn er die notwendigen Daten nur deshalb nicht hat, weil er sie nicht erheben will, aber unschwer erhalten kann. Denn in der GBV war vereinbart, dass eine Arbeitszeiterfassung durch den Arbeitgeber nicht erfolgt, die Mitarbeiter waren aber zumindest zur Aufschreibung derjenigen Arbeitstage verpflichtet, an denen sie mehr als acht Stunden gearbeitet hatten.

Ausdrücklich sagten die Richter, dass auch bei Vertrauensarbeitszeit eine Arbeitszeiterfassung erfolgen muss. Denn schon immer musste der Arbeitgeber dafür sorgen, dass die geltenden Arbeitsgesetze eingehalten werden. Zudem galt nach § 16 Abs. 2 ArbZG, dass Überstunden aufzuzeichnen sind.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Der Verzicht auf die eigene Erfassung von Arbeitszeiten ist nur ein Zugeständnis des Arbeitgebers gegenüber seinen Beschäftigten. Das kann aber nicht das betriebsverfassungsrechtliche Verhältnis zum Betriebsrat beeinflussen. Denn die Informationen sind jedenfalls bei den Arbeitnehmern vorhanden und vom Arbeitgeber leicht zu beschaffen. Darüber hinaus zeigt diese Entscheidung, dass es auch bei der Vertrauensarbeitszeit Möglichkeiten der Arbeitszeiterfassung gibt. Das könne beispielsweise dadurch erfolgen, dass die Beschäftigten die Arbeitszeiten selbst dokumentieren.

TOPAKTUELL

Webinar: Elektronische Arbeitszeiterfassung
Bei Einführung elektronischer Arbeitszeiterfassung aktiv mitbestimmen
Abzug der Rechtsanwaltskosten vom Nettolohn

LAG Niedersachsen, Urteil vom 30.08.2022, Az. 9 Sa 945/21

Leitsatz: Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, von ihm gezahlte Kosten des Betriebsrats im Sinne von § 40 BetrVG im Wege der Aufrechnung von dem betroffenen Betriebsratsmitglied zurückzuverlangen, nachdem er die – nicht erforderlichen – Kosten zunächst übernommen hat.

Der Fall: Ein Betriebsratsmitglied sollte Schulungen besuchen, der Arbeitgeber lehnte ein entsprechendes Verlangen unter Verweis auf ein coronabedingtes Reiseverbot aber ab. Nachdem das betreffende Seminar schließlich vom Veranstalter abgesagt worden war, fasste der Betriebsrat einen erneuten Beschluss für einen anderen Seminartermin. Obwohl der Arbeitgeber hierauf nicht mehr reagierte, schaltete sich der Rechtsanwalt des betroffenen Betriebsratsmitglieds ein und forderte nochmals die „Genehmigung“ des geplanten Seminarbesuchs.

Der Rechtsanwalt stellte schließlich dem Unternehmen einen Betrag in Höhe von Euro 413,90 netto in Rechnung. Diese Rechnung leitete der Arbeitgeber an den Betriebsrat mit der Aufforderung weiter, diese zum Ausgleich an das betreffende BR-Mitglied weiterzugeben. Zudem wies der Arbeitgeber darauf hin, dass auch kein Beschluss des Betriebsrats über die Beauftragung eines Rechtsanwalts vorliege.

Später beglich der Arbeitgeber dann doch die Rechnung, zog den Betrag von Euro 413,90 aber vom Nettoverdienst des Arbeitnehmers ab. Der Arbeitnehmer klagte daraufhin seinen einbehaltenen Lohn ein.

Die Entscheidung des Gerichts: Das BR-Mitglied hatte Anspruch auf Auszahlung seiner ungekürzten Vergütung. Die Beauftragung des Rechtsanwalts durch ihn war zwar nicht erforderlich i.S.v. § 40 Abs. 1 BetrVG, der Arbeitgeber konnte aber dennoch mit Blick auf § 40 Abs. 1, § 2 Abs. 1, § 78 S. 2 BetrVG keine Erstattung der von ihm gezahlten Rechtsanwaltsvergütung verlangen:

Der Betriebsrat hat nach § 40 BetrVG einen Anspruch auf Freistellung von seinen Kosten gegenüber dem Arbeitgeber, sofern diese für die BR-Arbeit erforderlich sind. Das Gericht konnte hier offen lassen, ob das einzelne BR-Mitglied mit der Beschlussfassung über seine Entsendung einen eigenen individualrechtlich abgeleiteten Anspruch des Betriebsrats erhält. Im konkreten Fall war nämlich die Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten nach Verschiebung des Seminartermins wegen des nicht weiter aufrecht erhaltenen Widerspruchs nicht erforderlich.

Eine Verrechnung mit der Nettovergütung des Arbeitnehmers stellt aber nach Auffassung des Gerichts dennoch eine Benachteiligung im Sinne von § 78 BetrVG dar, da hier eine Schlechterstellung wegen der Tätigkeit für den Betriebsrat erfolgte.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Im Zweifel sollte stets der Betriebsrat und nicht das einzelne Betriebsratsmitglied einen Rechtsanwalt beauftragen. So oder so braucht das einzelne BR-Mitglied nicht zu fürchten, die angefallenen Kosten vom Lohn abgezogen zu bekommen.

GRUNDLAGEN

Betriebsverfassungsrecht Teil 1
Das Einsteiger-Seminar für alle Betriebsräte

Podcast-Empfehlung des Monats
Haupt- und Nebenleistungspflichten im Arbeitsvertrag

Welche Pflichten und Leistungen aus dem Arbeitsvertrag sollten Arbeitnehmer und Arbeitgeber beachten? Das erfahren Sie im heutigen Podcast mit den Rechtsanwälten Fabian Baumgartner und Patrick Dirksmeier.

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