Erfahren Sie alles Wichtige rund um die Themen Wirtschaftsausschuss und BEM bei Long-Covid-Rückkehrern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat,

unser kostenloses Frühstücks-Webinar zum Jahresende ist mittlerweile fast schon Tradition. Parallel zur stattfindenden Fußball-WM analysieren wir in unserem „Taktik-Check für Betriebsräte“ in einer knackigen halbe Stunde wichtige Themen des ersten Amtsjahrs. Los geht's ab dem 11. November 2022 jeden Freitag um 8:30 Uhr. Informieren Sie sich kurzweilig über wichtige Themen der BR-Arbeit – einfach kostenfrei anmelden und mit der W.A.F. gut in den Tag starten!

Außerdem beschäftigen wir uns mit dem Amt und der Bedeutung des Wirtschaftsausschusses sowie der Ausgestaltung des BEM bei Long-Covid-Rückkehrern, die aktuell auch in Ihrem Betrieb auf dem Tisch liegen dürften.

Aber auch sonst hat sich einiges getan: In der Rubrik „Aktuelles von den Arbeitsgerichten“ haben wir unter anderem den viel beachteten Beschluss des BAG zur Arbeitszeiterfassung praxisnah für Sie aufbereitet – denn womöglich hat der Beschluss auch auf Ihren Betrieb erhebliche Auswirkungen.

Viel Spaß beim Lesen!

Herzliche Grüße
Ihre W.A.F.

Inhalt

Top-Themen des Monats

  • Wirtschaftsausschuss – verlängerter Arm des BR?
  • BEM bei Long-Covid-Rückkehrern

Aktuelles von den Arbeitsgerichten

  • Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung
  • Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats bei unternehmenseinheitlicher Softwareeinführung
  • Unerlaubtes Abrücken von Dankesformel im Arbeitszeugnis

Aktuelle Seminarangebote der W.A.F.

BRV Online-Symposium 2022
BRV als Krisenmanager: Sicher führen in turbulenten Zeiten!

Exponentiell steigende Energiepreise, Diskussionen um abgesenkte Raumtemperaturen und immer wieder heiße Eisen, die Sie anfassen müssen. In turbulenten Zeiten ist der Betriebsratsvorsitzende als Krisenmanager gefragter denn je. Hier gilt es mit richtiger Taktik, nötigem Rückgrat und Sachverstand Wege aus der Krise zu finden. Informieren Sie sich am 01. Dezember 2022 auf unserem BRV Online-Symposium kurzweilig über aktuelle Themen und tauschen Sie sich mit Ihren BRV-Kollegen sowie unseren erfahrenen Referenten aus. Neben einem spannenden Impulsvortrag erwarten Sie drei praxisbezogene Workshops sowie eine interaktive Talkrunde.

Top-Themen des Monats

Wirtschaftsausschuss – verlängerter Arm des BR?
Ab 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern, muss ein Wirtschaftsausschuss gebildet werden. Das ist auch ausdrücklich im Betriebsverfassungsgesetz geregelt. Erfahren Sie in diesem Artikel mehr über die Gründungsvoraussetzungen, Aufgaben und Pflichten im Wirtschaftsausschuss.
 
BEM bei Long-Covid-Rückkehrern
Eine Covid-19-Erkrankung kann längerfristige Folgen und Beeinträchtigungen nach sich ziehen. Sogar die Erwerbsfähigkeit und die Teilhabe am Erwerbsleben können beeinträchtigt sein. Erfahren Sie in diesem Artikel, was Sie bei der betrieblichen Wiedereingliederung bei Long-Covid alles beachten müssen.

Video-Empfehlung des Monats
Betriebsrat – Aufgaben, Rechte und Pflichten

Welche Aufgaben – vor allem aber: Welche Rechte hat der Betriebsrat? Die Rechtsanwälte Michael Puzicha und Dr. Matthias Ferstl klären auf, was es mit der Mitbestimmung in sozialen, technisch-organisatorischen, personellen und sozialen Angelegenheiten auf sich hat.

Zum Video  ➜

Aktuelles von den Arbeitsgerichten
Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung

BAG, Beschluss vom 13.09.2022, Az. 1 ABR 22/21

Leitsatz: Alle Arbeitgeber sind aus Gründen des Arbeitsschutzes zur Erfassung der Arbeitszeit verpflichtet. Ein Initiativrecht des Betriebsrats, gerichtet auf die Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems, gibt es deshalb nicht.

Der Fall: Der Arbeitgeber und sein Betriebsrat verhandelten über die Einführung eines Systems zur elektronischen Arbeitszeiterfassung. Beim Thema Arbeitszeit bestimmt der Betriebsrat eigentlich nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mit. Der Arbeitgeber brach die Verhandlungen jedoch ab und wollte das Thema elektronische Arbeitszeiterfassung auch nicht weiterverfolgen. Der Betriebsrat rief daher die Einigungsstelle zu diesem Thema an. Der Arbeitgeber rügte deren Zuständigkeit und stellte ein entsprechendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in Frage. Daraufhin beantragte der Betriebsrat gerichtlich festzustellen, dass er bezüglich des Themas Einführung einer elektronischen Arbeitszeiterfassung ein Mitbestimmungsrecht hat.

Die Entscheidung des Gerichts: Der Betriebsrat verlor. Denn nach § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nur dann, wenn nicht bereits eine gesetzliche Regelung existiert. Diese sei aber laut BAG vorhanden: Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) müssen Arbeitgeber zur Sicherung des Gesundheitsschutzes „für eine geeignete Organisation sorgen und die erforderlichen Mittel bereitstellen“. Diese geeignete Organisation erfordere mit Blick auf die Anforderung des Gesundheitsschutzes bereits eine Zeiterfassung, sodass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht bestehe.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Bereits 2019 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) nicht nur inhaltliche Arbeitszeitgrenzen festlegt, sondern den Mitgliedsstaaten aufgibt die Arbeitgeber zu verpflichten, „ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzuführen, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann“ (EuGH, Urteil vom 14.05.2019, Az. C-55/18, Rn.60). Der deutsche Gesetzgeber hat dies bislang aber nicht umgesetzt. Jetzt hat das BAG die Zügel in die Hand genommen und den Gesetzgeber überholt.

TOPAKTUELL

Webinar: Elektronische Arbeitszeiterfassung
Bei Einführung elektronischer Arbeitszeiterfassung aktiv mitbestimmen
Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats bei unternehmenseinheitlicher Softwareeinführung

BAG, Beschluss vom 08.03.2022, Az. 1 ABR 20/21

Leitsatz: Der Gesamtbetriebsrat – und nicht der einzelne Betriebsrat – ist bei einer Nutzung von „Microsoft Office 365“ in mehreren Betrieben eines Unternehmens zuständig.

Der Fall: Ein Unternehmen mit mehreren Betrieben beschloss, die Software „Microsoft Office 365“ in allen Betrieben des Unternehmens einzuführen. Der Gesamtbetriebsrat stimmte dem zu, ein lokaler Betriebsrat meinte jedoch übergangen worden zu sein und zog vor das Arbeitsgericht.

Die Entscheidung des Gerichts: Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Mitbestimmungspflichtig sind damit praktisch alle EDV-Programme, die arbeitnehmerbezogene Eingaben erfassen und speichern. Denn mit ihrer Hilfe kann das Verhalten einzelner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer überwacht werden. Die objektive Eignung hierzu reicht insoweit aus.

Für die Ausübung der Mitbestimmung ist grundsätzlich der örtliche Betriebsrat zuständig. Sind aber mehrere Betriebe eines Unternehmens von einer solchen neuen Softwareeinführung betroffen, besteht nach § 50 Abs. 1 S. 1 BetrVG eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats:

„Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können.“

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Selbst, wenn nicht alle Programmeinstellungen zentral vorgegeben sind, sondern auch benutzerdefinierte Vorgaben in den einzelnen Betrieben möglich sind, bleibt es bei der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. Ist er einmal nach § 50 Abs. 1 S. 1 BetrVG zuständig, muss er auch Fragen klären, die sich speziell für einzelne Betriebe stellen.

WICHTIG

Mitbestimmung bei Einführung neuer Software
Als BR Interessen der Belegschaft wahren und kompetent mitbestimmen
Unerlaubtes Abrücken von Dankesformel im Arbeitszeugnis

LAG Niedersachsen, Urteil vom 12.07.2022, Az. 10 Sa 1217/21

Leitsatz: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf eine Dankesformel im Arbeitszeugnis. Verwendet ein Arbeitgeber sie jedoch, darf er sie bei einer Korrektur des Zeugnisses nicht wieder entfernen.

Der Fall: Eine Servicemanagerin erhielt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis, das mit einem Dank für ihre wertvolle Mitarbeit endete. Sie verlangte daraufhin eine bessere Bewertung ihres Arbeits- und Sozialverhaltens und erhielt ein neues Zeugnis. Die Frau beanstandete auch dieses und erhielt eine dritte Version mit verbesserter Bewertung, allerdings nun ohne Dankesformel und Äußerung des Bedauerns über ihr Ausscheiden. Dagegen klagte die ehemalige Mitarbeiterin.

Die Entscheidung des Gerichts: Es besteht zwar grundsätzlich kein Anspruch auf die Dankes-/Bedauerns- und Gute-Wünsche-Formel im Schlussteil des Arbeitszeugnisses, doch hatte sich der Arbeitgeber durch die Verwendung in der ersten Fassung selbst gebunden. Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt (sog. Maßregelungsverbot). Dies war aber nach Auffassung des Gerichts vorliegend geschehen. Umstände, die ein Abrücken von der Schlussformel gerechtfertigt hätten, waren vom Arbeitgeber nicht vorgetragen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Gegen die Entscheidung ist Revision zum BAG eingelegt worden. Trotzdem erscheint das Ergebnis interessengerecht und richtig zu sein. Denn eine grundlose Verschlechterung der Noten in einem Arbeitszeugnis kann nicht rechtmäßig sein.

GRUNDLAGEN

Arbeitsrecht Teil 3
Kernthema Kündigung: Wichtiges Wissen für Ihre BR-Arbeit

Podcast-Empfehlung des Monats
Her mit der Online-Betriebsversammlung!

(Fast) alle haben sie vermisst: § 129 BetrVG ist wieder da und damit auch die „digitale“ Betriebsversammlung. Jetzt kommt sie zurück – allerdings nicht für immer. Auch hat der Betriebsratsvorsitzende bei der Durchführung von Betriebsversammlungen per Video- bzw. Telefonkonferenz das eine oder andere zu bedenken. W.A.F. Fachreferentin Sandra Becker und Rechtsanwalt Niklas Pastille kennen alle Details zur Rückkehr der Online-Betriebsversammlung.

Unsere Empfehlung
Aktuelle Seminarangebote der W.A.F.

Betriebsverfassungsrecht Teil 1
In diesem Einsteiger-Seminar für alle Betriebsräte lernen Sie Ihre Rechte und Pflichten kennen – für einen guten Start in die neue Amtszeit.
 
Betriebsverfassungsrecht Teil 2
Erfahren Sie anhand von praxisnahen Beispielen, wie Sie Ihre Beteiligungsrechte effektiv ausüben und wirksam durchsetzen können.

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