Erfahren Sie alles Wichtige rund um die Themen Gehaltsentwicklung von Betriebsräten und Energiesparen im Betrieb.

Liebe Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat,

diesen Herbst betreten zwei alte Bekannte wieder die Betriebsrats-Bühne:

Seit dem 17.09.2022 ist mit dem Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor COVID-19 die Regelung des § 129 BetrVG wieder zurück, der Ihnen bis zum 07.04.2023 erneut Online-Betriebsversammlungen ermöglicht.

Weiterhin gilt seit dem 01.10.2022 die Neufassung der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung, die auch für diesen Winter aufgrund der vorhersehbar ansteigenden Infektionszahlen das Arbeiten im Home-Office empfiehlt. Sollten Sie hier noch Wissenslücken haben, legen wir Ihnen unser Seminar „Home-Office und mobiles Arbeiten“ wärmstens ans Herz. Alternativ dazu können Sie sich natürlich auch für die kompakte Webinar-Variante entscheiden.

Neben unseren beiden aktuellen Top-Themen haben wir schließlich auch wieder drei spannende Entscheidungen der Arbeitsgerichte praxisnah für Sie aufbereitet. Unter anderem geht es hier um die Auslegung von Betriebsvereinbarungen sowie um die viel diskutierte Frage, inwieweit Betriebsräte Vereinbarungen zum Arbeitsentgelt treffen können.

Viel Spaß beim Lesen!

Herzliche Grüße
Ihre W.A.F.

Inhalt

Top-Themen des Monats

  • Die Gehaltsentwicklung von Betriebsräten
  • Energiesparen im Betrieb – darf der BR mitbestimmen?

Aktuelles von den Arbeitsgerichten

  • Die Auslegung von Betriebsvereinbarungen
  • Auflösung des Betriebsrats wegen Falschvortrags
  • Vereinbarung von Arbeitsentgelt bei BR-Tätigkeit

Aktuelle Webinarangebote der W.A.F.

Top-Themen des Monats

Die Gehaltsentwicklung von Betriebsräten
Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des BR darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Was das genau bedeutet, erfahren Sie in unserem Artikel.
 
Energiesparen im Betrieb – darf der Betriebsrat mitbestimmen?
Die neue Energiesparverordnung heißt offiziell „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch kurzfristig wirksame Maßnahmen“ (EnSikuMaV). Doch was genau verbirgt sich dahinter und welche Maßnahmen werden dadurch  geregelt?

Video-Empfehlung des Monats
Betriebliche Übung - Was ist das?

Betriebliche Übung bedeutet, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden wiederholt freiwillige Leistungen gewähren. Nach einer gewissen Zeit entsteht ein rechtlicher Anspruch der Mitarbeitenden darauf, dass diese Leistung weiterhin gewährt wird, obwohl sie nie ausdrücklich vereinbart wurde. Umgangssprachlich bezeichnet man die betriebliche Übung oder Betriebsübung als „Gewohnheitsrecht“. Das wohl bekannteste Beispiel dafür ist das freiwillig gezahlte Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Mehr zu dem Thema Betriebliche Übung im heutigen Video zusammen mit den Rechtsanwälten Arne Schrein und der Volljuristin Sandra Becker.

Zum Video  ➜

Aktuelles von den Arbeitsgerichten
Die Auslegung von Betriebsvereinbarungen

LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28.09.2021, Az. 8 TaBV 13/21

Leitsatz: Begehrt der Betriebsrat einen Durchführungsanspruch aus einer Betriebsvereinbarung, ist er zu einem gerichtlichen Antrag befugt. Dagegen spricht nicht, dass sich aus dem Antrag auch Individualrechte einzelner Arbeitnehmer ergeben können.

Der Fall: Betriebsrat und Arbeitgeber stritten vor Gericht um die Auslegung einer Betriebsvereinbarung. Es ging um die Frage, wie der Begriff des „außertariflichen Gehalts“ in der Betriebsvereinbarung auszulegen sei. Der Betriebsrat meinte, hierzu dürften keine Bonuszahlungen nach individuellen Zielvereinbarungen gehören und stellte einen entsprechenden Feststellungsantrag bei Gericht. Der Arbeitgeber war der Ansicht, der Betriebsrat dürfe einen solchen Antrag bei Gericht gar nicht stellen, da dieser auf individualrechtliche Ansprüche der Arbeitnehmer gerichtet sei.

Die Entscheidung des Gerichts: Ein Feststellungsinteresse des Betriebsrats war zu bejahen, da die Betriebsparteien konkret über die Auslegung einer Betriebsvereinbarung stritten und der vom Betriebsrat gestellte Antrag auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet war, nämlich auf Klärung der Frage, welche Verpflichtung die Arbeitgeberin bei der Berechnung des Jahresgehalts trifft.

Der Betriebsrat war darüber hinaus auch antragsbefugt. Insoweit kommt es maßgebend darauf an, dass der Betriebsrat eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechte behauptet und nicht ausschließlich Rechte von Arbeitnehmern reklamiert. Vorliegend konnte sich der Betriebsrat bei der Geltendmachung des streitgegenständlichen Antrags auf seinen ihm zustehenden Durchführungsanspruch bezüglich der Betriebsvereinbarung gemäß § 77 Abs. 1 S. 1 BetrVG berufen. Dieser Anspruch des Betriebsrats war auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil dieser als „Reflex" gegebenenfalls zu höheren individualrechtlichen Zahlungsansprüchen von Arbeitnehmern führen könnte.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Immer, wenn es in einem Beschlussverfahren um die Auslegung von Betriebsvereinbarungen geht, ist der Betriebsrat vor dem Hintergrund des ihm zustehenden Durchführungsanspruchs antragsbefugt.

GRUNDLAGEN

Betriebsverfassungsrecht Teil 4
Mit fundiertem Wissen den BR-Alltag in der Praxis meistern
Auflösung des Betriebsrats wegen Falschvortrags

LAG Hessen, Beschluss vom 23.08.2021, Az. 16 TaBV 3/21

Leitsatz: Trägt der Betriebsrat in einem gerichtlichen Verfahren bewusst falsch vor und korrigiert er diesen Vortrag trotz entgegenstehender Tatsachen nicht, kann dieses zur Auflösung des Betriebsrats führen.

Der Fall: Der Betriebsrat hatte die Einstellung zweier Arbeitnehmerinnen abgelehnt und behauptet, die Ablehnungen seien fristgerecht per Einwurf-Einschreiben in einem kleinen Umschlag an den Arbeitgeber abgesandt worden. Tatsächlich befanden sich die Widersprüche jedoch in einem großen DIN A4 Umschlag, der erst nach Ablauf der Wochenfrist und damit verspätet abgesandt worden war. Der Arbeitgeber wies den Betriebsrat darauf hin, dass seine Behauptung zum Einwurf-Einschreiben nicht richtig sein kann und beantragte vor Gericht dessen Auflösung, nachdem dieser auch im gerichtlichen Verfahren von seinem Falschvortrag nicht abrückte.

Die Entscheidung des Gerichts: Der Betriebsrat wurde nach § 23 Abs. 1 S. 1 BetrVG wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten aufgelöst. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass es mit dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht vereinbar sei, in einem gerichtlichen Verfahren gegen den Arbeitgeber einen bewusst unwahren Sachvortrag aufrecht zu erhalten und nicht zu korrigieren, obwohl der Arbeitgeber entgegenstehenden Tatsachenvortrag liefert, bei dem es sich geradezu aufdrängt, dass der zuvor erfolgte Vortrag des Betriebsrats nicht zutreffend sein kann. Insoweit folgt aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit eine Verpflichtung des Betriebsrats auch gutgläubig gehaltenen Sachvortrag, der objektiv unzutreffend ist, in dem gerichtlichen Verfahren gegenüber dem Arbeitgeber richtigzustellen. Auf die strafrechtliche Wertung als Prozessbetrug kommt es nicht an.

Um eine Auflösung des Betriebsrats zu rechtfertigen, muss eine Pflichtverletzung des Betriebsrats als Organ vorliegen. Begehen einzelne oder alle Betriebsratsmitglieder parallel Pflichtverletzungen, die nicht auf einem gemeinsamen Beschluss des Betriebsrats als solchem beruhen, kommt nur ein Ausschlussverfahren, nicht aber die Auflösung des gesamten Gremiums in Betracht. Allerdings kann eine grobe Pflichtverletzung des Betriebsrats als Organ auch gegeben sein, wenn der Betriebsrat gesetzwidriges Verhalten einzelner Mitglieder oder seiner Ausschüsse billigt oder unterstützt.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Der Ausschluss aus dem Betriebsrat stellt keine Sanktion aufgrund begangener Amtspflichtverletzung dar, sondern soll künftige Amtspflichtverletzungen verhindern. Es ist somit eine zukunftsgerichtete Betrachtungsweise anzustellen, weshalb es für entsprechende Beurteilung maßgeblich auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung ankommt, nicht hingegen auf den der Verfahrenseinleitung.

TOPAKTUELL

Webinar: Betriebsratsvorsitzende und Stellvertreter Teil 2
Die Zusammenarbeit mit wichtigen (Betriebs-)Partnern optimieren
Vereinbarung von Arbeitsentgelt bei BR-Tätigkeit

ArbG Hamburg, Urteil vom 10.05.2022, Az. 3 Ca 74/21

Leitsatz: Eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsratsmitglied über die Höhe der zu zahlenden Vergütung während einer Betriebsratstätigkeit ist grundsätzlich wirksam. Sie schließt spätere Erhöhungen unter Umständen aus.

Der Fall: Ein Arbeitnehmer stritt sich mit seinem Arbeitgeber über die Höhe seiner Vergütung für Zeiten der Betriebsratstätigkeit. Da er als Autoverkäufer beschäftigt war ging es dabei insbesondere um die korrekte Berechnung seiner Provisionen. Deshalb verlangte er zunächst Auskunft über die Gehaltsentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer im Betrieb für die Jahre 2018 bis 2020. 2014 hatte er allerdings in einem vorausgegangenen Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber einen Vergleich geschlossen, in dem bereits die Grundsätze der Ermittlung der Vergütung des Autoverkäufers vereinbart worden waren. Deshalb meinte nun der Arbeitgeber, in keinerlei „Nachverhandlungen“ eintreten zu müssen und verweigerte die Auskunft.

Die Entscheidung des Gerichts: Das Arbeitsgericht wies die auf Auskunft gerichtete Klage des Arbeitnehmers ab. Es begründete seine Entscheidung mit der in 2014 geschlossenen Vereinbarung, zumal sich diese innerhalb eines tatsächlichen Korridors hypothetischer Betrachtung bewegte. Nur wenn sich die damals durch beide Seiten vorgenommene Einschätzung der hypothetischen Entwicklung nicht mehr innerhalb der zulässigen Grenzen der tatsächlichen Einschätzung gehalten hätte, wäre die Vereinbarung unwirksam geworden.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Arbeitnehmer müssen also vorsichtig sein, wenn sie eine abschließende Einigung über die Höhe der zu zahlende Vergütung während der Betriebsratstätigkeit abschließen. Allerdings ist in diesem Fall Berufung eingelegt worden und das LAG Hamburg wird darüber nochmals zu entscheiden haben.

GRUNDLAGEN

Webinar: Betriebsverfassungsrecht Teil 1
Das Einsteiger-Webinar für alle Betriebsräte

Podcast-Empfehlung des Monats
Wie kalt und dunkel wird es in Deutschlands Betrieben im Winter?

Die EU-Mitgliedstaaten haben vereinbart, ihren Gasverbrauch zwischen dem 1. August 2022 und dem 31. März 2023 mit Maßnahmen ihrer Wahl um 15 % gegenüber dem Durchschnittsverbrauch der letzten fünf Jahre zu senken. Welche Pläne könnten Betriebe zum Energiesparenschmieden? In Betracht kommen insb. die Ausweitung von Home-Office und/oder die Senkung der Temperaturen in Büroräumen. Ob das arbeitsrechtlich zulässig ist und wie der Betriebsrat dabei zu beteiligen wäre, darüber sprechen Niklas Pastille, Rechtsanwalt aus Berlin und Sandra Becker, Volljuristin und Referentin.

Unsere Empfehlung
Aktuelle Webinarangebote der W.A.F.

Webinar: Elektronische Arbeitszeiterfassung
In Ihrem Betrieb gibt es kein System zur Arbeitszeiterfassung? In Deutschland gilt jetzt eine gesetzliche Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. In diesem Webinar lernen Sie wie, Sie als BR mit Ihrem Mitbestimmungsrecht dafür sorgen, dass von Anfang an die Rechte und Interessen Ihrer Kollegen angemessen berücksichtigt werden.
 
Webinar: Online-Betriebsversammlungen
§ 129 BetrVG ist wieder zurück! In unserem topaktuellen Live Webinar erhalten Sie das nötige Know-how, um digitale Betriebsversammlungen professionell und kompetent durchzuführen. Denn eine Betriebsversammlung muss einmal in jedem Kalendervierteljahr einberufen werden – auch bei hohen Inzidenzen.

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