Erfahren Sie, warum Seminarbeigaben rechtlich unbedenklich sind und wie Sie mit Datenpannen innerhalb des Betriebsrats umgehen sollten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat,

das Bundesarbeitsgericht hat endlich ein Machtwort gesprochen: Seminarbeigaben sind völlig in Ordnung und rechtlich unbedenklich. Warum das so ist und weshalb Seminarbeigaben der W.A.F. mehr als hilfreich sind, erfahren Sie in unserem ersten Top-Thema des Monats.

Darüber hinaus haben wir wieder neue Entscheidungen der Arbeitsgerichte praxisnah für Sie aufbereitet. So hat der EuGH mit einem neuen Urteil den Schwerbehindertenschutz erheblich gestärkt, indem der Arbeitgeber verpflichtet wird, auch schon in der Probezeit erforderliche Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderung den Zugang zur Beschäftigung zu ermöglichen.

Viel Spaß beim Lesen!

Herzliche Grüße

Ihre W.A.F.

Inhalt

Top-Themen des Monats

  • Seminarbeigaben rechtlich unbedenklich
  • Datenpanne innerhalb des Betriebsrats

Aktuelles von den Arbeitsgerichten

  • Kündigung nach Vorlage von gefälschtem Impfausweis
  • Neues zur Kündigung schwerbehinderter Arbeitnehmer in der Probezeit
  • Fehler des Betriebsrats müssen sich Arbeitnehmer zurechnen lassen
  • Bei Versetzungen bestimmt der Betriebsrat mit

Aktuelle Seminarangebote der W.A.F.

Top-Themen des Monats

Seminarbeigaben rechtlich unbedenklich
Das Bundesarbeitsgericht hat ausdrücklich klargestellt, dass Beigaben zu Betriebsratsschulungen völlig in Ordnung sind. Lesen Sie mehr zu dem Urteil in diesem Artikel.
 
Datenpanne innerhalb des Betriebsrats
Es kann schneller passieren, als es dem Betriebsrat lieb ist: Vertrauliche Daten geraten versehentlich in falsche Hände. Was dann genau zu tun ist, erfahren Sie in diesem Artikel.

Video-Empfehlung des Monats
Neues Urteil: Macht uns das Arbeitsgericht Emden alle reich?

Das Arbeitsgericht Emden hat eine bahnbrechende Entscheidung getroffen! Wenn der Arbeitgeber die Arbeitszeit nicht erfasst, können Arbeitnehmer Überstunden einklagen. Doch was sind die Voraussetzungen dafür? Unsere Rechtsanwälte Fabian Baumgartner und Niklas Pastille diskutieren das Gerichtsurteil.

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Aktuelles von den Arbeitsgerichten
Kündigung nach Vorlage von gefälschtem Impfausweis

ArbG Köln, Urteil vom 23.03.2022, Az. 18 Ca 6830/21

Leitsatz: Legt eine Arbeitnehmerin ihrem Arbeitgeber einen gefälschten Impfausweis vor, stellt dies einen Grund für eine fristlose außerordentliche Kündigung dar.

Der Fall: Eine Arbeitnehmerin war für ein Unternehmen aus dem Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung tätig. Sie betreute in diesem Zusammenhang auch Pflegeeinrichtungen. Die Arbeitgeberin informierte im Oktober 2021 sämtliche Mitarbeiter, dass ab November vor dem Hintergrund der anhaltenden Corona-Pandemie nur noch vollständig geimpfte Mitarbeiter Kundentermine wahrnehmen dürfen. Daraufhin legte die Arbeitnehmerin einen Impfausweis vor und nahm dann weitere Außentermine bei Kunden wahr. Später stellte sich heraus, dass der Impfausweis gefälscht war. Insbesondere waren die ausgewiesenen Impfstoff-Chargen erst nach den im Impfausweis genannten Impfterminen verabreicht worden.

Die Arbeitgeberin nahm das zum Anlass, eine fristlose außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses auszusprechen, gegen die die Arbeitnehmerin klagte.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Kündigung war gerechtfertigt, denn es hatte ein wichtiger Grund für eine Kündigung vorgelegen. Die Arbeitgeberin hatte lediglich ihre Kontrollverpflichtungen aus dem Infektionsschutzgesetz wahrgenommen. Durch die Vorlage einer gefälschten Impfbescheinigung hatte die Arbeitnehmerin auch nach Ansicht des Gerichts das für eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen verwirkt.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Die Vorlage eines gefälschten Impfausweises stellt also einen Kündigungsgrund dar. Interessant war auch, dass die Arbeitgeberin nach dem Gericht eine Chargenabfrage stellen durfte. Denn nur so konnte sie mangels Vorlage eines QR-Codes sicherstellen, dass tatsächlich der behauptete Impfstatus gegeben war.

GRUNDLAGEN

Arbeitsrecht Teil 3
Kernthema Kündigung: Wichtiges Wissen für Ihre BR-Arbeit
Neues zur Kündigung schwerbehinderter Arbeitnehmer in der Probezeit

EuGH, Urteil vom 10.02.2022, Az. C-485/20

Leitsatz: Auch in der Probezeit müssen Arbeitgeber geeignete und im konkreten Fall erforderliche Maßnahmen ergreifen, um Menschen mit Behinderung den Zugang zur Beschäftigung, die Ausübung eines Berufs, den beruflichen Aufstieg und die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu ermöglichen.

Der Fall: Der Arbeitgeber des Falls hatte einen neuen Facharbeiter eingestellt. Kurz nachdem dieser seine neue Stelle angetreten hatte, wurden bei ihm so schwere Herzprobleme festgestellt, dass eine Beschäftigung auf dem ursprünglich für ihn vorgesehenen Arbeitsplatz unmöglich war. Der Arbeitgeber versetzte ihn deshalb noch in der Probezeit auf einen anderen Arbeitsplatz. Allerdings erschien dem Arbeitgeber die Beschäftigung auf dem Ersatzarbeitsplatz offensichtlich auch zu unsicher. Er sprach deshalb rechtzeitig eine Probezeitkündigung aus. Diese begründete er damit, dass eine Weiterbeschäftigung auf dem geschuldeten Arbeitsplatz aufgrund der Behinderung unmöglich erscheine. Der Mitarbeiter wehrte sich gegen die Kündigung und klagte.

Die Entscheidung des Gerichts: Der EuGH entschied, dass Arbeitgeber geeignete und im konkreten Fall erforderliche Maßnahmen ergreifen müssen, um Menschen mit Behinderung den Zugang zur Beschäftigung, die Ausübung eines Berufs, den beruflichen Aufstieg und die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu ermöglichen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nur in Betracht, wenn die Maßnahmen einen Arbeitgeber unverhältnismäßig belasten würden. Der Arbeitgeber muss deshalb einen Arbeitsplatz so einrichten, dass der schwerbehinderte Arbeitnehmer seine Arbeit ausführen kann. Die Richter wiesen zudem darauf hin, dass ein Arbeitgeber verpflichtet sein kann, einen Arbeitnehmer der aufgrund des Entstehens einer Schwerbehinderung seine ursprüngliche Tätigkeit langfristig nicht mehr ausüben könne, an einem anderen Arbeitsplatz einzusetzen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Eine Kündigung behinderter und (schwer-)behinderter Arbeitnehmer wird also künftig für den Arbeitgeber schwerer werden. Er muss prüfen, ob er einen (schwer-)behinderten Mitarbeiter nicht auf einen behindertengerechten Arbeitsplatz umsetzen kann beziehungsweise einen Arbeitsplatz nicht behindertengerecht umgestalten kann. Darauf sollte der Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung bei der Anhörung unbedingt achten. Denn die Pflicht zur Anhörung vor einer Kündigung besteht auch während der Probezeit.

SPEZIAL-SEMINAR

Betriebliches Gesundheitsmanagement
Konzepte und Ideen zur Gesundheitsförderung
Fehler des Betriebsrats müssen sich Arbeitnehmer zurechnen lassen

LAG Hamm, Urteil vom 11.01.2022, Az. 14 Sa 938/21

Leitsatz: Eine Kündigungsschutzklage ist nicht nachträglich zuzulassen, wenn der Arbeitnehmer die 3-Wochen-Frist verpasst, weil er sich auf die Auskunft des Betriebsrats verlassen hat.

Der Fall: Bereits seit mehr als 30 Jahren war ein Arbeitnehmer als Maschinenführer beschäftigt. Damit war er nach den anzuwendenden Tarifverträgen sogar ordentlich unkündbar. Trotzdem erhielt er eine Kündigung. Hiergegen legte er ungefähr 4 Wochen nach Zugang Kündigungsschutzklage ein – also verspätet. In diesem Zusammenhang setzte er sich mit seinem Betriebsrat in Verbindung nachdem er die Kündigung bekommen hatte. Dort bekam er die Auskunft, man sei vom Arbeitgeber über die Kündigung informiert, jedoch nicht dazu angehört worden. Der Betriebsrat werde daher der Kündigung widersprechen, er brauche hier zunächst nichts weiter zu unternehmen.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Kündigungsschutzklage war verspätet und wurde auch nicht gemäß § 5 KSchG nachträglich zugelassen, da sich der Arbeitnehmer nicht an eine zur Erteilung von Auskünften geeignete, zuverlässige Stelle gewendet hatte. Ein Betriebsrat ist nach Auffassung des Gerichts keine zur Erteilung von Rechtsauskünften geeignete Stelle, so dass dessen unrichtige Auskunft die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage auch nicht rechtfertigen konnte.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Der Betriebsrat ist der Vertreter der Belegschaft in kollektiven Fragen. Für Einzelinteressen der Arbeitnehmer, insbesondere für die Durchsetzung individueller Ansprüche, ist er hingegen nicht zuständig.

SPEZIAL-SEMINAR

Haftung von Betriebsrat und Arbeitnehmern
Die wichtigsten Haftungsfragen für Betriebsrat und Arbeitnehmer
Bei Versetzungen bestimmt der Betriebsrat mit

LAG Nürnberg, Beschluss vom 10.05.2021, Az. 1 TaBV 3/21

Leitsatz: Versetzungen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sind aufzuheben, wenn der Betriebsrat nicht zuvor beteiligt wurde.

Der Fall: Der Betrieb, in dem der Fall spielte, kümmerte sich um den Service für eine Klinik Nord und eine Klinik Süd. Dort teilte ein Abteilungsleiter zwei Arbeitnehmer, die bisher in der Klinik Süd tätig waren, in der Klinik Nord ein und einen Beschäftigten, der bisher in der Klinik Nord tätig war, in die Klinik Süd ein. Die Betriebsstandorte lagen ungefähr 12 km voneinander entfernt. Der Betriebsrat war damit nicht einverstanden. Er war der Auffassung, dass es sich um eine mitbestimmungspflichtige Versetzung handeln würde. Das würde schon daraus folgen, dass sich der räumliche Einsatzort ändere.

Die Entscheidung des Gerichts: Das Arbeitsgericht gelangte zu der Auffassung, dass es sich um Versetzungen im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG gehandelt hatte. Es lag die Zuweisung eines anderen Arbeitsortes vor, nämlich 12 km entfernt vom bisherigen Einsatzort. Nach der Überzeugung der Richter gab allein diese Zuweisung der Tätigkeit ein anderes Gesamtgepräge, so dass allein dieser Umstand den zugewiesenen Arbeitsbereich als „anderen" erscheinen ließ. Da der Betriebsrat nicht beteiligt worden war, waren die Versetzungen aufzuheben.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Liegen Versetzungen im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG vor, ist der Betriebsrat nach § 99 BetrVG vorher zu beteiligen.

TOPAKTUELL

Einstellung, Versetzung, Kündigung
Wichtige Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats erfolgreich durchsetzen

Podcast-Empfehlung des Monats
Die fiesen Sieben – DIESE Fehltritte BITTE auslassen! (Teil 1)

"Zwei Juristen, drei Meinungen!" Dass dieser Spruch lediglich ein gut gepflegtes Vorurteil ist, beweisen die Rechtsanwälte Lina Goldbach und Niklas Pastille. Denn DARIN sind sich die beiden Arbeitsrechtler verdächtig einig: Dass neu gewählte Betriebsratmitglieder unbedingt vor vermeidbaren Fehltritten bewahrt werden müssen. Welche das im Einzelnene sind, erfahren Sie in diesem ebenso instruktiv wie witzigen Podcast.

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