Erfahren Sie, welche Mitbestimmungsrechte Sie als Betriebsrat bei dem Thema Home-Office haben und welche Sonderregelungen zu Betriebsversammlungen aus Anlass der COVID-19 Pandemie gelten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat,

wir freuen uns, Sie auch diesen Monat wieder mit praktischem Wissen und konkreten Empfehlungen für Ihre tägliche BR-Praxis zu unterstützen. Im Top-Thema des Monats erfahren Sie mehr zum Thema Home-Office und den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats. Weiterhin sind Betriebsversammlungen und Einigungsstelle wieder digital möglich. Auch das ist ein wichtiges Thema für Ihre erfolgreiche BR-Arbeit.

Darüber hinaus haben wir wieder aktuelle Entscheidungen der Arbeitsgerichte praxisnah für Sie aufbereitet. Diese hatten kürzlich zu entscheiden, ob bei der unbefugten Kenntnisnahme und Weitergabe fremder Daten eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist und in welchen Fällen der Gesamtbetriebsrat statt dem örtlichen Betriebsrat zuständig ist.

Herzliche Grüße
Ihre W.A.F.

Inhalt

Top-Themen des Monats

  • Home-Office – die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
  • Sonderregelungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie zu Betriebsversammlungen

Aktuelles von den Arbeitsgerichten

  • Unbefugte Kenntnisnahme und Weitergabe fremder Daten
  • Das Corona-Selbsttest-Zertifikat ohne Arztkontakt
  • Zur Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats

Neue Seminarangebote der W.A.F.

Top-Themen des Monats

Home-Office – die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Seit der Corona-Krise boomt das Arbeiten im Home-Office. Wo Arbeiten auch von zu Hause aus möglich war, mussten in kürzester Zeit Home-Office Arbeitsplätze eingerichtet werden. Was aber oft nicht geregelt wurde, waren die Rahmenbedingungen für die Tätigkeit von zu Hause aus. 
 
Sonderregelungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie zu Betriebsversammlungen
Bis zum Ablauf des 19. März 2022 gibt es in § 129 BetrVG aus Anlass der COVID-19-Pandemie und der weiterhin hohen Inzidenzzahlen erneut Sonderregelungen. Damit ist der § 129 BetrVG in angepasster Fassung befristet wieder zurück.

Video-Empfehlung des Monats
Betriebsvereinbarungen digital abschließen - Worauf muss man achten?

Alle sprechen von Betriebsratsarbeit 4.0. Aber wie sieht es mit Betriebsvereinbarungen aus? Im BetrVG wird häufig die Schriftform gefordert. Dies war bis vor kurzem auch für Betriebsvereinbarungen vorgesehen. Allerdings gibt es seit 18.06.2021 das Betriebsrätemodernisierungsgesetz. Und damit hat sich auch bei der Betriebsvereinbarung einiges geändert. Unsere Fachanwälte Fabian Baumgartner und Arne Schrein erklären Ihnen, was in diesem Zusammenhang "qualifiziert elektronisch" bedeutet und worauf Sie sonst noch achten müssen.

Zum Video  ➜

Aktuelles von den Arbeitsgerichten
Unbefugte Kenntnisnahme und Weitergabe fremder Daten

LAG Köln, Urteil vom 02.11.2021, Az. 4 Sa 290/21

Leitsatz: Haben Arbeitnehmer Zugriff auf das E-Mail-Konto des Arbeitgebers, lesen dann unbefugt eine an den Vorgesetzten gerichtete E-Mail und fertigen von dem Anhang dieser offensichtlich privaten E-Mail eine Kopie an und geben sie weiter, kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein.

Der Fall: Eine Verwaltungsmitarbeiterin war seit über 20 Jahren bei einer evangelischen Kirchengemeinde beschäftigt. Sie hatte Zugriff auf den Dienstcomputer des Pastors. Im PC fand sie eine E-Mail, die sie las. Darin wurde der Pastor auf ein gegen ihn gerichtetes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts sexueller Übergriffe auf eine im Kirchenasyl der Gemeinde lebende Frau hingewiesen. Im E-Mail-Konto fand sie als Anhang einer privaten E-Mail einen Chatverlauf zwischen dem Pastor und der betroffenen Frau, den sie auf einem USB-Stick speicherte. Eine Woche später leitete sie das anonym an eine ehrenamtliche Mitarbeiterin der Gemeinde weiter. Sie wollte die im Kirchenasyl lebende Frau schützen und Beweise sichern. Als das bekannt wurde, kündigte die Kirchengemeinde das Arbeitsverhältnis fristlos.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Kündigung war rechtmäßig, da das notwendige Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört war. In der unbefugten Kenntnisnahme und Weitergabe fremder Daten lag ein schwerwiegender Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht. Es lag zudem eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten vor. Dieser Verstoß war auch nicht gerechtfertigt, denn mit ihrer Vorgehensweise hatte sie keines der angegebenen Ziele erreichen können. Angesichts der Schwere der Pflichtverletzung überwog das Interesse der Gemeinde, das Arbeitsverhältnis zu lösen, deutlich.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Whistleblowing ist ein sensibles Thema. Es sollten hier klare Regelungen feststehen, wie mit solchen Daten umzugehen ist. Dazu kann eine Betriebsvereinbarung zum Whistleblowing helfen.

GRUNDLAGEN

Arbeitsrecht Teil 3
Kernthema Kündigung: Wichtiges Wissen für Ihre BR-Arbeit
Das Corona-Selbsttest-Zertifikat ohne Arztkontakt

LAG Hamburg, Urteil vom 07.12.2021, Az. 406 HKO 129/21

Leitsatz: Ein online erworbenes Corona-Selbsttest-Zertifikat ohne jeglichen Arztkontakt ist kein gültiger Testnachweis.

Der Fall: Ein Unternehmen warb auf seiner Internetseite für ein Selbsttest-Zertifikat. Die Zertifikate sollten überall dort einsetzbar sein, wo die 3G- oder 2G-plus-Regel gilt. Es musste lediglich ein Selbsttest durchgeführt und ein Fragebogen beantwortet werden. Dann erhielt man direkt ein Testzertifikat als PDF-Datei.

Eine Wettbewerbszentrale bestellte daraufhin probeweise ein Testzertifikat. Das Testergebnis wurde weder kontrolliert noch angefordert. Trotzdem stellte eine Ärztin ohne Kontakt mit der getesteten Person das Testzertifikat für das Ergebnis eines Selbsttests aus. Sie bestätigte ausdrücklich, dass die getestete Person nicht mit Corona infiziert sei. Außerdem attestierte sie, dass der Test „unter meiner fachärztlichen Überwachung in meiner Arztpraxis“ erfolgt sei. Dagegen zog die Wettbewerbszentrale vors Gericht.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Werbung war irreführend, da der Eindruck erweckt wurde, dass es sich um ein wirksames Testzertifikat handeln würde. Die Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV) sieht für einen gültigen Testnachweis aber vor, dass dieser von einem Leistungserbringer vorgenommen oder überwacht wurde. Die Ausstellung eines Testnachweises ohne jeglichen Arztkontakt entsprach diesen Vorgaben nicht. Das Unternehmen musste die Werbung einstellen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Betriebsräte sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nochmals klar vor Augen führen, dass die Verwendung falscher Impfzertifikate oder Testnachweise zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber führen kann.

TOPAKTUELL

Webinar: Test- und Impfpflicht im Betrieb
Die 3G-Regel am Arbeitsplatz auf den Punkt gebracht
Zur Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats

ArbG München, Beschluss vom 19.10.2021, Az. 10 BV 21/21

Leitsatz: Der Gesamtbetriebsrat eines Unternehmens ist bei einer einheitlichen Regelung für das Gesamtunternehmen zuständig.

Der Fall: Die Arbeitgeberin des Falls wollte durch eine unternehmensweite Regelung Gehaltsanpassungen durchführen. Sie meinte, der Gesamtbetriebsrat wäre zuständig. Der Betriebsrat eines Betriebs des Unternehmens war damit nicht einverstanden und wollte eine Einigungsstelle durchsetzen. Er zog vor das Arbeitsgericht.

Die Entscheidung des Gerichts: Der Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle wurde zurückgewiesen. Die geforderte Einigungsstelle war offensichtlich unzuständig im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. Bei freiwilligen Gehaltsveränderungen kann der Arbeitgeber mitbestimmungsfrei darüber entscheiden, welches Gesamtvolumen er an welchen Adressatenkreis verteilen will. Erklärt der Arbeitgeber, er wolle eine einheitliche Regelung für das Gesamtunternehmen, kann nur der Gesamtbetriebsrat das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG (Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung) wahrnehmen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Erklärt also der Arbeitgeber, er wolle für bestimmte Regelungsgegenstände eine einheitliche Regelung für das Gesamtunternehmen erreichen, ist nicht mehr der Betriebsrat zuständig. Dann kann nur noch der Gesamtbetriebsrat die Mitbestimmungsrechte wahrnehmen.

SPEZIAL-SEMINAR

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Mindestlohn 12 € - ja, nein, vielleicht?

Ab 2022 steigt der Mindestlohn von 9,60 € auf 9,82 € brutto je tatsächlich geleistete Arbeitsstunde. Die Ampelregierung plant den Mindestlohn auf 12 € je Stunde zu erhöhen. Arne Schrein und Carolin Wiesbauer sprechen über das juristisches Vorgehen der Arbeitgeberverbände.

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