Erfahren Sie, welche Mitbestimmungsrechte Sie als Betriebsrat bei Interessenausgleich und Sozialplan haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat,

2022 wird für Sie ein ganz besonderes Jahr, denn in den meisten Betrieben wird schon bald ein neuer Betriebsrat gewählt. Nutzen Sie auf den letzten Metern Ihrer Amtsperiode nochmal die Chance, um mit frischem Wissen bei Kollegen sowie der Belegschaft zu punkten und so die Chance einer Wiederwahl zu erhöhen.

Erfahren Sie in diesem Newsletter, welche Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei Betriebsänderungen bestehen und was die neue Regierung bei arbeitsvertraglichen Befristungen geplant hat. Darüber hinaus haben wir auch diesen Monat wieder aktuelle Entscheidungen der Arbeitsgerichte praxisnah für Sie aufbereitet.

Wir wünschen Ihnen für das neue Jahr von Herzen alles Gute, ein glückliches Händchen bei der Mitbestimmung im Betrieb und vor allem viel Gesundheit!

Herzliche Grüße
Ihre W.A.F.

Inhalt

Top-Themen des Monats

  • Mitbestimmung bei Interessenausgleich und Sozialplan
  • Befristete Arbeitsverträge und die Rechte des BR

Aktuelles von den Arbeitsgerichten

  • Vergütung von Umkleidezeiten
  • Keine Pflicht zum Hinweis auf Urlaubsverfall bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern
  • Corona-Test-Verweigerer haben keinen Anspruch auf Gehalt
  • Beteiligung des Betriebsrats bei Versetzungen

Neue Seminarangebote der W.A.F.

Top-Themen des Monats

Mitbestimmung bei Interessenausgleich und Sozialplan
Immer, wenn es um grundlegende Betriebsänderungen geht, ist auch der Betriebsrat gefragt. Denn hier besteht die Möglichkeit von Interessenausgleich und Sozialplan. Beides sind letztendlich Verträge zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
 
Befristete Arbeitsverträge und die Rechte des BR
Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sind keine weiteren Beschränkungen der sachgrundlosen Befristung mehr geplant. Es wird jedoch auch aus Sicht der Betriebsräte spannend, wie es mit Sachgrundbefristungen weitergeht.

Video-Empfehlung des Monats
Nachgeschobene Kündigungsgründe: Darf der Arbeitgeber das so einfach?

Darf der Arbeitgeber nach Ausspruch der Kündigung erst nach den Gründen suchen und diese dann nachschieben? Hierzu gibt es ein Urteil vom BAG (2 AZN 724/20) vom 12.01.2021.

Öffnet dieses Urteil jetzt dem Arbeitgeber Tür und Tor, um einfach zu kündigen und sich im Nachgang einen Grund „auszudenken“?

Unsere Fachanwälte Fabian Baumgartner und Niklas Pastille diskutieren darüber, was das Urteil für Arbeitnehmer und Betriebsräte bedeutet und, dass es tatsächlich mehrere Betrachtungsmöglichkeiten gibt.

Zum Video  ➜

Aktuelles von den Arbeitsgerichten
Vergütung von Umkleidezeiten

BAG, Urteil vom 15.07.2021, 6 AZR 207/20

Leitsatz: Für eine andere als die eigentliche Tätigkeit – z.B. für das Umkleiden – kann durch Arbeits- oder Tarifvertrag eine gesonderte Vergütungsregelung getroffen bzw. eine gesonderte Vergütung in den Grenzen des Mindestlohngesetzes (MiLoG) gänzlich ausgeschlossen werden. Gleiches kann durch Betriebsvereinbarung geschehen, sofern die Binnenschranken der Betriebsverfassung beachtet werden.

Der Fall: Die Parteien stritten über die Berücksichtigung von Umkleide- und Wegezeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit. Der Kläger war als Zugchef beschäftigt und aufgrund einer Konzernbetriebsvereinbarung verpflichtet, die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Unternehmensbekleidung zu tragen. Mit der Klage beantragte er den Arbeitgeber zu verurteilen, für Umkleidezeiten eine Zeitgutschrift, ersatzweise eine Vergütungszahlung, an ihn zu leisten.

Die Entscheidung des Gerichts: Das erstinstanzlich befasste ArbG hatte die Klage des Zugchefs noch abgewiesen. Das LAG sowie dann auch das BAG haben ihr im Wesentlichen stattgegeben. In diesem Zusammenhang haben sie festgestellt, dass es sich bei den vom Kläger benötigten Umkleidezeiten zum An- und Ablegen der Unternehmensbekleidung im Betrieb einschließlich der dadurch veranlassten Wegezeiten sehr wohl um vergütungspflichtige Arbeitszeit i.S.v. § 611a Abs. 2 BGB handele. Denn die gesetzliche Vergütungspflicht knüpfe an die Leistung der versprochenen Dienste an. Hierzu zähle nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt.

Die Vergütung der Umkleide- und Wegezeiten war vorliegend auch nicht ausgeschlossen: Zwar sei mit der Einordnung der Umkleidezeiten als Teil der „versprochenen Dienste“ noch nicht geklärt, wie diese Zeiten zu vergüten sind. Denn durch Arbeits- oder Tarifvertrag, aber auch durch Betriebsvereinbarung unter Beachtung der Binnenschranken, kann eine gesonderte Vergütungsregelung getroffen werden. Es gilt hier lediglich zu beachten, dass mit der getroffenen Vereinbarung der Anspruch auf den Mindestlohn, der jedem Arbeitnehmer für tatsächlich geleistete vergütungspflichtige Arbeit nach § 1 Abs. 1 MiLoG zusteht, nicht unterschritten wird.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Der Fall zeigt, wie wichtig es für Arbeitgeber ist, das Thema Vergütung bei Umkleidezeiten explizit zu regeln. Sie als Betriebsrat haben es schließlich in der Hand, eine für Arbeitnehmer günstige Regelung auszuhandeln.

SPEZIAL-SEMINAR

Betriebsvereinbarung Teil 1
Inhalt und rechtliche Rahmenbedingungen kennen
Keine Pflicht zum Hinweis auf Urlaubsverfall bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern

Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 30.09.2021, Az. 8 Ca 2545/21

Leitsatz: Die Urlaubsgewährung gegenüber einem langzeitarbeitsunfähigen Arbeitnehmer ist tatsächlich und rechtlich unmöglich. Insofern kann vom Arbeitgeber auch nicht verlangt werden, auf einen möglichen Verfall des Urlaubs hinzuweisen.

Der Fall: Der Arbeitnehmer war in der Zeit vom 24. Juli 2017 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 28. Februar 2021 arbeitsunfähig erkrankt. Nun verlangte er eine Urlaubsabgeltung für die Jahre 2017 bis 2021. Er war der Ansicht, der Urlaubsanspruch sei nicht verfallen, da die Arbeitgeberin ihre arbeitgeberseitige Mitwirkungs- und Hinweispflicht hinsichtlich des Verfalls des Urlaubsanspruchs nicht erfüllt habe. Er wollte auf jeden Fall noch eine Urlaubsabgeltung für die Kalenderjahre 2017 und 2018 haben. Die Arbeitgeberin meinte jedoch, nach Rechtsprechung von BAG und EuGH zur Begrenzung der Übertragbarkeit des Urlaubs auf 15 Monate bei einer Langzeiterkrankung des Arbeitnehmers sei ein Anspruch für die Jahre 2017 und 2018 verfallen.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Zahlungsklage war unbegründet. Das Gericht verwies auf die Rechtsprechung von BAG und EuGH zum Verfall der Urlaubsabgeltungsansprüche. Dabei musste es sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer nicht auf den Verfall hätte hinweisen müssen und deswegen vielleicht doch kein Verfall eingetreten sein könnte. Nach Auffassung des Gerichts gelten die Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers jedoch nur für einen arbeitsfähigen, nicht jedoch für einen langzeitarbeitsunfähigen Arbeitnehmer. Denn der langzeitarbeitsunfähige Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber nicht „in die Lage versetzt werden, seinen Urlaub zu nehmen". Nur einem Arbeitnehmer, der ansonsten zur Arbeitsleistung verpflichtet wäre, kann Urlaub gewährt werden. Ist ein Arbeitnehmer demgegenüber bereits aufgrund bestehender Arbeitsunfähigkeit nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet, kann er auch nicht durch Urlaubsgewährung seitens des Arbeitgebers von einer Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit werden, weil diese ohnehin nicht besteht. Eine Obliegenheit, etwas tatsächlich und rechtlich Unmögliches zu verlangen, sieht die Rechtsordnung nicht vor.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Der Betriebsrat kann natürlich langzeiterkrankte Arbeitnehmer trotzdem darauf hinweisen, dass ein Urlaubsverfall droht. Denn eins berücksichtigt das Urteil nicht: Theoretisch könnte der Arbeitnehmer nach dem Hinweis des Arbeitgebers auf den Urlaubsverfall wieder gesund werden, und sei es vielleicht nur in der letzten Woche des Jahres oder des Übertragungszeitraums.

TOPAKTUELL

Urlaubsrecht
Als BR die aktuelle Rechtsprechung kennen und erfolgreich mitbestimmen
Corona-Test-Verweigerer haben keinen Anspruch auf Gehalt

LAG München, Beschluss vom 26.10.2021, Az. 9 Sa 332/21

Leitsatz: Wer verpflichtende Corona-Tests verweigert, muss nicht beschäftigt werden und hat auch keinen Gehaltsanspruch.

Der Fall: Der Fall spielte zwar noch vor der aktuell geltenden 3G-Regelung am Arbeitsplatz, würde aber auch zu aktuellen Bedingungen nicht anders entschieden werden: Die Flötistin eines Opernorchesters weigerte sich, den vom Arbeitgeber angeordneten Corona-Test durchführen zu lassen und verwies darauf, dass der Test einen erheblichen Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit darstelle. Zudem bestehe Verletzungsgefahr im Rachenraum, die für sie als Flötistin schwere Folgen und eine Arbeitsunfähigkeit verursachen könne. Daraufhin verweigerte der Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung und stellte auch die Gehaltszahlung ein. Die Flötistin klagte hierauf.

Die Entscheidung des Gerichts: Das LAG München bestätigte in der Berufung die erstinstanzliche Klageabweisung. Der Arbeitgeber hätte sich im maßgeblichen Zeitraum nicht im Annahmeverzug befunden, da die Flötistin in diesem Zeitraum nicht gewillt war, die Arbeitsleistung zu den vertraglich geschuldeten Bedingungen zu erbringen. Anzumerken ist, dass auf das Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung fand, nach dessen Regelungen der Arbeitgeber bei gegebener Veranlassung durch einen Vertrauensarzt oder das Gesundheitsamt feststellen lassen durfte, ob der Musiker arbeitsfähig und frei von ansteckenden Krankheiten ist. Die Testpflicht sei auch verhältnismäßig, zumal der Arbeitgeber es akzeptiert hätte, dass die Arbeitnehmer einen PCR-Test bei einem Arzt ihres Vertrauens in Form eines reinen Rachenabstrichs durchführen. Hierin liege kein unzulässiger Eingriff in die körperliche Unversehrtheit.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Auch wenn der Fall mit der Spezialregelung im Tarifvertrag eine Besonderheit aufweist, handelt es sich um keine Einzelfallentscheidung. Denn derzeit gilt nach § 28 b IfSG überall 3G am Arbeitsplatz. Wer also nicht geimpft oder genesen ist bzw. dies dem Arbeitgeber nicht offenbaren will, muss sich testen lassen. Es handelt sich bei der Testung somit nicht nur um eine vertraglich geschuldete Bedingung, sondern mittlerweile sogar um eine gesetzliche Pflicht.

SPEZIAL-SEMINAR

Webinar: Test- und Impfpflicht im Betrieb
Die 3G-Regel am Arbeitsplatz auf den Punkt gebracht
Beteiligung des Betriebsrats bei Versetzungen

LAG Nürnberg, Beschluss vom 10.05.2021, Az. 1 TaBV 3/21

Leitsatz: Versetzungen ohne die erforderliche Beteiligung des Betriebsrats sind aufzuheben.

Der Fall: Das Unternehmen betrieb zwei Kliniken, die 12 Kilometer voneinander entfernt lagen. Es gab Rahmendienstpläne, die jeweils für drei Monate abgeschlossen wurden. Dann entschied ein Abteilungsleiter, drei Arbeitnehmer von der einen Klinik in die andere zu versetzen. Der Betriebsrat meinte daraufhin, dass es sich um eine mitbestimmungspflichtige Versetzung handeln würde und zog vor das Arbeitsgericht.

Die Entscheidung des Gerichts: Das Arbeitsgericht teilte die Auffassung des Betriebsrats. Es handelte sich um Versetzungen. Da der Betriebsrat zu Unrecht nicht beteiligt worden war, waren die Versetzungen aufzuheben. Es lag die Zuweisung eines anderen, 12 Kilometer entfernten Arbeitsortes vor. Nach der Überzeugung des Gerichts gab allein diese Zuweisung der Tätigkeit ein anderes Gesamtgepräge, sodass allein dieser Umstand den zugewiesenen Arbeitsbereich als „anderen" erscheinen ließ.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Der Betriebsrat sollte immer dann an eine Versetzung denken, wenn Arbeitnehmer unter anderen Umständen ihre Arbeit zu verrichten haben. Denn: Vor einer Versetzung ist der Betriebsrat zu beteiligen.

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Schichtarbeit
Tragen Sie als BR zur arbeitnehmerfreundlichen Einsatzplanung bei

Podcast-Empfehlung des Monats
Minijob und Kurzarbeit – muss da nicht der Arbeitgeber zahlen?

Während der Covid-19-Pandemie haben zahlreiche Unternehmen Kurzarbeit angemeldet und Kurzarbeitergeld beantragt. Hierzu wurde am 13. März 2020 das "Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld" im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Arbeitgeber können KUG nur für die Arbeitnehmer beantragen, die auch versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung sind. Geringfügig Beschäftigte (450-Euro-Minijobber) sind versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung. Für sie kann daher kein KUG beantragt werden. Aber was bekommen die Minijobber dann während der Kurzarbeit an Lohn? Dazu sprechen heute Rechtsanwalt Niklas Pastille und Rechtsanwältin Lina Goldbach

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Praxis-Workshop zur BR-Wahl 2022
In diesem Vertiefungs-Workshop können Sie anhand verschiedener Aufgaben und Simulationen die BR-Wahl 2022 praxisnah und unter Anleitung üben.

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