Erfahren Sie, unter welchen Voraussetzungen Online-Sitzungen des Betriebsrats dauerhaft möglich sind und welche Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beim betrieblichen Gesundheitsmanagement bestehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat,

aktuell ist vieles im Fluss: Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz ist noch nicht lange in Kraft, da steht auch schon die neue Wahlordnung vor der Tür. Am 08.10. hat der Bundesrat den geplanten Änderungen zugestimmt. Jetzt fehlt nur noch die Verkündung, dann sind die Neuregelungen in Kraft. Wir halten Sie diesbezüglich natürlich auf dem Laufenden!

Lesen Sie außerdem in unseren Top-Themen, unter welchen Voraussetzungen Online-Sitzungen des Betriebsrats dauerhaft möglich sind und welche Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beim betrieblichen Gesundheitsmanagement bestehen.

Darüber hinaus haben wir in diesem Newsletter auch wieder aktuelle Entscheidungen der Arbeitsgerichte praxisnah für Sie aufbereitet. Erfahren Sie insbesondere, wie eine Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung wirkt und dass bei Quarantäne genehmigter Urlaub nicht gutgeschrieben wird.

Herzliche Grüße
Ihre W.A.F.

Inhalt

Top-Themen des Monats

  • Online-Sitzungen des Betriebsrats – ein Überblick über die neuen Möglichkeiten
  • Die Mitbestimmungsrechte des BR beim betrieblichen Gesundheitsmanagement

Aktuelles von den Arbeitsgerichten

  • Zeiterfassung: Betriebsrat hat Initiativrecht
  • Aufgepasst bei der Änderung von Betriebsvereinbarungen
  • Integrationsamt muss Kündigung zustimmen
  • Quarantäne während des Urlaubs

Neue Seminarangebote der W.A.F.

Top-Themen des Monats

Online-Sitzungen des Betriebsrats – ein Überblick über die neuen Möglichkeiten
Offenbar haben viele Betriebsräte dies noch nicht realisiert: Der durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz novellierte § 30 BetrVG hat dauerhaft und unabhängig von Corona neue Möglichkeiten von Online-Sitzungen des Betriebsrats geschaffen.
 
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beim betrieblichen Gesundheitsmanagement
Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften geht.

Video-Empfehlung des Monats
Enden Betriebsvereinbarungen mit Amtszeitende?

Bedeutet das Amtszeitende als Betriebsrat immer zwingend auch das Laufzeitende sämtlich abgeschlossener Betriebsvereinbarungen? Unser Fachreferent Arne Schrein erklärt, was mit den Betriebsvereinbarungen zum Ende der Amtszeit passiert.

Zum Video  ➜

Aktuelles von den Arbeitsgerichten
Zeiterfassung: Betriebsrat hat Initiativrecht

LAG Hamm, Beschluss vom 27.07.2021, Az. 7 TaBV 79/20

Leitsatz: Der Betriebsrat hat ein Initiativrecht und ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung einer Zeiterfassung. Der Europäische Gerichtshof hatte im Jahr 2019 geurteilt, dass die Arbeitszeit zwingend zu erfassen ist. Der deutsche Gesetzgeber hat hierzu bisher keine Regelung geschaffen.

Der Fall:Nachdem in einem Betrieb die Verhandlungen über eine Arbeitszeiterfassung gescheitert waren, zog der Betriebsrat vor das Arbeitsgericht und wollte hierzu eine Einigungsstelle einsetzen lassen. Der Arbeitgeber meint jedoch, die Einigungsstelle wäre nicht zuständig, da dem Betriebsrat schon gar kein Initiativrecht zustehen würde. Somit mussten die Gerichte entscheiden, ob eine Einigungsstelle eingesetzt wird.

Die Entscheidung des Gerichts: Dem Betriebsrat kommt das Initiativrecht zu, in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten Verhandlungen aufzunehmen und eine Regelung zu erzwingen. Das gilt nach dem Urteil auch für die Einführung einer technischen Kontrolleinrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. In Abgrenzung hierzu hat der Gesetzgeber bei den Mitbestimmungsrechten des § 87 BetrVG einzelne Sachverhalte bewusst auch so geregelt, dass lediglich die jeweilige Form, Ausgestaltung und deren Verwaltung mitbestimmungspflichtig sind, nicht aber die Entscheidung selbst. Das ist zum Beispiel bei betrieblichen Sozialeinrichtungen der Fall. Entsprechend gibt es in diesen Fällen auch kein Initiativrecht des Betriebsrates. Genau eine solche Einschränkung findet sich aber in § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht. Vielmehr ist dort ausdrücklich „die Einführung“ angeführt. Daher steht dem Betriebsrat entsprechend ein Initiativrecht zu. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Arbeitszeiterfassung hielten die Richter in diesem Zusammenhang nicht für entscheidungsrelevant.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Der Betriebsrat hat ein Initiativrecht bei der Einführung einer Zeiterfassung. Vermutlich wird das Bundesarbeitsgericht darüber noch entscheiden. Fest steht jedoch bereits jetzt, dass die elektronische Arbeitszeiterfassung kommen wird und der Gesetzgeber hier gefordert ist.

TOPAKTUELL

Arbeitszeitrecht
Arbeitszeitmodelle kennen und sich als Betriebsrat aktiv einbringen
Aufgepasst bei der Änderung von Betriebsvereinbarungen

LAG Köln, Urteil vom 06.05.2021, Az. 8 Sa 904/20

Leitsatz: Betriebsvereinbarungen können nur schriftlich geändert werden.

Der Fall: Es gab eine Betriebsvereinbarung, nach der Arbeitnehmern bestimmte Rechte zustanden. Dann gab es mehrere Gespräche zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, aufgrund derer einvernehmlich einzelne Ansprüche eingeschränkt wurden. Eine Arbeitnehmerin klagte trotzdem Rechte aus der ursprünglichen Betriebsvereinbarung ein.

Die Entscheidung des Gerichts: Das Landesarbeitsgericht urteilte, dass die Änderung einer Betriebsvereinbarung selbst eine Betriebsvereinbarung darstellt. Zu Ihrer Wirksamkeit bedarf es also der in § 77 Abs. 2 Satz 1 BetrVG vorgegebenen Form, mithin also schriftliche oder elektronische Form. Das war hier nicht geschehen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Betriebsvereinbarungen müssen schriftlich abgeschlossen werden. Diesen Grundsatz gilt es auch zu beachten, wenn eine Betriebsvereinbarung lediglich geändert wird.

SPEZIAL-SEMINAR

Betriebsvereinbarung Teil 1
Inhalt und rechtliche Rahmenbedingungen kennen
Integrationsamt muss Kündigung zustimmen

BAG, Urteil vom 22.07.2021, Az. 2 AZR 193/21

Leitsatz: Liegt eine Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung vor, haben die Arbeitsgerichte dies zugrunde zu legen. Das gilt sowohl für die ausdrückliche Zustimmung, als auch für die Zustimmungsfiktion durch Zeitablauf.

Der Fall: Da eine einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellte Arbeitnehmerin eine außerordentliche fristlose Kündigung erhalten sollte, beantragte die Arbeitgeberin beim Integrationsamt die Zustimmung zur Kündigung. Das Integrationsamt ließ die Frist verstreichen und teilte mit, dass durch Fristablauf die Zustimmung erteilt sei. Daraufhin kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis.

Gegen die Zustimmung des Integrationsamtes durch Zeitablauf legte die Arbeitnehmerin Widerspruch ein. Die Widerspruchsbehörde kassierte die Zustimmung, da war jedoch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bereits ausgesprochen. Deshalb zog die Arbeitnehmerin mit einer Kündigungsschutzklage vor das Arbeitsgericht. Sie meinte, durch die Aufhebung der Zustimmung im Widerspruchsverfahren habe keine Zustimmung durch das Integrationsamt vorgelegen. Die Arbeitgeberin wiederum klagt vor dem Verwaltungsgericht gegen die Widerspruchsentscheidung.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Aufhebung des Zustimmungsbescheids war für die Kündigung unerheblich. Liegt eine Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung vor, haben die Arbeitsgerichte dies bei ihren Entscheidungen zugrunde zu legen. Das gilt sowohl für die ausdrückliche Zustimmung als auch für die Zustimmungsfiktion durch Zeitablauf. Denn nach § 171 Abs. 4 SGB IX haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Zustimmung des Integrationsamts keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass die Zustimmung so lange Wirksamkeit entfaltet, bis sie rechtskräftig aufgehoben worden ist. Wird die Zustimmungsentscheidung erst nach rechtskräftiger Abweisung der Kündigungsschutzklage aufgehoben, steht dem Arbeitnehmer gegebenenfalls eine Restitutionsklage zu.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Vor der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers, der länger als sechs Monate beschäftigt wird, ist die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen. Erteilt die Behörde die Zustimmung, kann der Arbeitgeber zunächst kündigen, auch wenn die Zustimmung später im Widerspruchsverfahren wieder aufgehoben wird.

GRUNDLAGEN

Webinar: Arbeitsrecht Teil 3
Kernthema Kündigung: Wichtiges Wissen für Ihre BR-Arbeit
Quarantäne während des Urlaubs

AG Neumünster, Urteil vom 03.08.2021, Az. 3 Ca 362 b/21

Leitsatz: Die Anordnung einer Quarantäne lässt den Urlaubsanspruch unberührt.

Der Fall: Ein Arbeitnehmer hatte vom 23.12.2020 bis zum 31.12.2020 Urlaub beantragt und genehmigt erhalten. Dann machte ihm das Gesundheitsamt einen Strich durch die Rechnung und schickt ihn für den Zeitraum vom 21.12.2020 bis 04.01.2021 in Quarantäne. Die Arbeitgeberin rechnete die Tage auf den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers an, wogegen dieser klagt.

Die Entscheidung des Gerichts: Laut Gericht ist Quarantäne keiner Krankheit gleichzusetzen und § 9 Bundesurlaubsgesetz, nach dem im Fall von Krankheit der Urlaubsanspruch unberührt bleibt, sei auch nicht auf den Fall der Anordnung einer Quarantäne entsprechend anzuwenden.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Wie auch kürzlich schon das AG Bonn (Urteil vom 07.07.2021, Az. 2 Ca 504/21; vgl. Newsletter September 2021) stellt nun auch das AG Neumünster klar, dass Arbeitnehmer, die während ihres Erholungsurlaubs einer Quarantäneanordnung unterliegen, nur dann die Nachgewährung ihrer Urlaubstage beanspruchen können, wenn sie tatsächlich auch arbeitsunfähig erkrankt sind. Voraussetzung ist insofern zwingend, dass der erkrankte Arbeitnehmer eine entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt.

TOPAKTUELL

Webinar: Aktuelle Rechtsprechung
Wichtige Entscheidungen zum Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht

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Aktuelle Entscheidung der Bundesregierung zum Recht der Arbeitgeber, den Impfstatus der Arbeitnehmer abzufragen - unsere Fachreferenten Tobias Gerlach und Fabian Baumgartner klären euch auf!

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