Ein kurzer Blick auf das geplante Mobile-Arbeit-Gesetz und viele weitere Themen warten in diesem Newsletter auf Sie!

Liebe Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat,

bald ist es soweit – auch in diesem Jahr starten zum ersten September wieder tausende Jugendliche ins Berufsleben. Wie Sie als Betriebsrat den angehenden Azubis den Start ins Berufsleben erleichtern können, lesen Sie in unserem Top-Thema des Monats.

Darüber hinaus erhalten Sie einen Überblick über die Rahmenbedingungen, die das geplante Mobile-Arbeit-Gesetz vorsieht, wie auch neue Entscheidungen der Arbeitsgerichte praxisnah für Sie aufbereitet. Erfahren Sie insbesondere, wie die Gerichte aktuell zum Teilzeitanspruch in Elternzeit, zur Versetzung ins Home-Office sowie zur Urlaubskürzung aufgrund von Kurzarbeit entschieden haben.

Herzliche Grüße und eine schöne Sommerzeit wünscht Ihnen,
Ihre W.A.F.

 

Inhalt

Top-Themen des Monats

  • Neue Azubis – Schutz durch den Betriebsrat
  • Ein kurzer Blick auf das geplante Mobile-Arbeit-Gesetz

Aktuelles von den Arbeitsgerichten

  • Teilzeitanspruch während der Elternzeit gerichtlich durchsetzbar
  • Home-Office kein milderes Mittel zur Versetzung
  • Kürzung von Urlaub für Zeiten der Kurzarbeit
  • Kündigung einer Betriebsrätin wegen rassistischer Äußerungen

Neue Seminarangebote der W.A.F.

Top-Themen des Monats

Neue Azubis – Schutz durch den Betriebsrat
In Kürze beginnt das neue Ausbildungsjahr. Als BR obliegen Ihnen im Zusammenhang mit Azubis zahlreiche Aufgaben und Schutzpflichten, damit sich die Jugendlichen im Rahmen Ihrer Berufsausbildung angemessen entfalten können. Machen Sie sich daher jetzt fit, um den angehenden Azubis einen guten Start in die Arbeitswelt zu gewährleisten.
 
Ein kurzer Blick auf das geplante Mobile-Arbeit-Gesetz
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, mobile Arbeit zu fördern, zu erleichtern und hierfür einen rechtlichen Rahmen zu schaffen. Mobile Arbeit bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihre Arbeitgeberattraktivität zu erhöhen, Fachkräfte an sich zu binden und trägt zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bei.

Video-Empfehlung des Monats
Schulungsanspruch auch noch am Ende der Amtszeit?

Kurz vor der nächsten Betriebsratswahl 2022 stellt man sich die Frage, ob überhaupt noch ein Schulungsanspruch besteht? Unsere Rechtsanwälte Arne Schrein und Niklas Pastille erklären auf unterhaltsame Weise, was aktuell noch möglich ist.

Zum Video  ➜

Aktuelles von den Arbeitsgerichten
Teilzeitanspruch während der Elternzeit gerichtlich durchsetzbar

LAG Köln, Urteil vom 04.06.2021, Az. 5 Ta 71/21

Leitsatz: Arbeitnehmer können einen Anspruch auf Arbeit in Teilzeit auch während ihrer Elternzeit haben. Ein solcher Anspruch kann im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden.

Der Fall: Eine Arbeitnehmerin hatte nach der Geburt ihres Kindes für zwei Jahre Elternzeit beantragt. Nach einem Jahr beantragte sie ab dem 1. Mai 2021 eine Teilzeitbeschäftigung in Elternzeit im Umfang von 30 Wochenstunden. Ihre Arbeitgeberin lehnte den Beschäftigungsantrag ab, da sie keine Beschäftigungsmöglichkeit habe. Daraufhin beantragte die Arbeitnehmerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung, um in Teilzeit beschäftigt zu werden.

Die Entscheidung des Gerichts: Es bestand ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund. Die Arbeitnehmerin hatte die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit glaubhaft gemacht. Zwar kann die Arbeitgeberin grundsätzlich dringende betriebliche Gründe entgegensetzen. Hierzu genügt allerdings nicht die bloße Behauptung, es bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit. Die Arbeitgeberin hätte die genauen Tatsachen bezeichnen müssen, wie bei einem Wegfall von Arbeitsplätzen bei einer Kündigungsschutzklage. Beim Verfügungsgrund hat das Gericht lediglich eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen. Hier hatte die Arbeitnehmerin konkret befürchtet, dass an ihrer Stelle andere Arbeitnehmer gefördert wurden und sie auf ein Abstellgleis gerate. Das reichte bereits aus.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Die Arbeitgeberin muss die Mitarbeiterin also beschäftigen. Den entsprechenden Anspruch können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach dieser Entscheidung auch im einstweiligen Verfügungsverfahren durchsetzen. Sie müssen nicht abwarten, bis das Arbeitsgericht nach Monaten endgültig ein Urteil fällt.

SPEZIAL SEMINAR

Familienbedingte Auszeiten
Als BR mehr über Elternzeit, Mutterschutz und Pflegezeit erfahren
Home-Office kein milderes Mittel zur Versetzung

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.03.2021, Az. 4 Sa 1243/20

Leitsatz: Der Arbeitgeber muss dem Beschäftigten keine Tätigkeit aus dem Home-Office als milderes Mittel zu einer geplanten Versetzung anbieten. Das in erster Instanz befasste Arbeitsgericht hatte das Gegenteil entschieden und den Anspruch auf Home-Office gewährt.

Der Fall: Die Arbeitgeberin ist eine Bank mit mehreren Niederlassungen. Infolge der Schießung der Berliner Niederlassung bot sie einer dort beschäftigten Vertriebsassistentin per Änderungskündigung einen neuen Arbeitsplatz in der Zentrale in Wuppertal an. Die Arbeitnehmerin hielt die Kündigung für sozial ungerechtfertigt und verwies u.a. darauf, dass sie ihren Job problemlos auch in Berlin von zuhause aus fortsetzen könne. Home-Office sei insoweit gegenüber der Änderungskündigung das „mildere Mittel“.

Das Arbeitsgericht Berlin folgte dieser Argumentation und gab der Kündigungsschutzklage statt (ArbG Berlin, Urteil vom 10. August 2020, Az. 19 Ca 13189/19). Es argumentierte, dass die angebotene Versetzung von Berlin nach Wuppertal im Vergleich zur alternativen Tätigkeit aus dem Home-Office „aus der Zeit gefallen und letztlich willkürlich“ sei.

Die Entscheidung des Gerichts: Das in 2. Instanz angerufene LAG Berlin-Brandenburg war allerdings anderer Meinung und verwies darauf, dass die unternehmerische Entscheidung der Bank vom Gericht nicht überprüfbar sei. So sei es Sache des Arbeitgebers, wie er die Arbeit verteile und organisiere, insbesondere inwieweit er Home-Office-Arbeitsplätze anbiete.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Müssen sich Arbeitgeber mehr und mehr auf Home-Office-Ansprüche einstellen? Wird es bald als willkürlich angesehen, wenn Arbeitgeber sich dem Home-Office verweigern? Erste Ansätze in der Rechtsprechung gibt es – das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin hatte hohe Wellen geschlagen.

SPEZIAL SEMINAR

Direktionsrecht und Änderungskündigung
Sich als Betriebsrat im Spannungsfeld sicher bewegen
Kürzung von Urlaub für Zeiten der Kurzarbeit

AG Osnabrück, Urteil vom 08.06.2021, Az. 3 Ca 108/21

Leitsatz: Arbeitgeber sind bei Kurzarbeit nicht berechtigt, den Erholungsurlaub anteilig im Verhältnis zu den Jahresarbeitstagen zu kürzen, wenn keine Kurzarbeit „Null“ zugrunde liegt.

Der Fall: Ein Arbeitnehmer hatte aufgrund Kurzarbeit mit verringerter Stundenzahl gearbeitet. Im Rahmen der Klage verlangte er die Gutschrift von Urlaubstagen, die ihm für Zeiten der Kurzarbeit vom Arbeitgeber anteilig gekürzt worden waren.

Die Entscheidung des Gerichts: Arbeitgeber sind bei der Kurzarbeit nicht berechtigt, den Erholungsurlaub der hiervon betroffenen Arbeitnehmer anteilig im Verhältnis zu den Jahresarbeitstagen zu kürzen, wenn keine Kurzarbeit „Null“ zugrunde liegt. Es besteht keine vergleichbare Gesetzeslage zum Teilzeitrecht oder sonstigen andauernden Unterbrechungen der gegenseitigen Leistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis wie bei einem „Sabbatical“. Es besteht eine vergleichbare Lage wie etwa bei Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG). Nur gibt es hier eine anteilige Urlaubskürzung, die das Gesetz vorsieht. Deshalb hätte der Gesetzgeber auch bei Kurzarbeit anteilige Urlaubskürzungen verabschieden können. Dies hat der Gesetzgeber nicht nur unterlassen, sondern nach dem Bundesurlaubsgesetz gerade zum Ausdruck gebracht, dass Kurzarbeit nicht zur Verdienstschmälerung betreffend Urlaubsentgelt dienen soll.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Der Arbeitgeber hat den Fall verloren. Es wurde die Möglichkeit der Berufung zugelassen. Wir werden weiter berichten, ob und wie das Landesarbeitsgericht Niedersachsen entscheiden wird. Es spricht jedoch viel dafür, dass das Urteil richtig ist und eine Kürzungsmöglichkeit für den Arbeitgeber bei Kurzarbeit, die keine Kurzarbeit „Null“ ist, nicht besteht.

CORONA-SPEZIAL

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In der Corona-Krise als BR umsichtig und professionell agieren!
Kündigung einer Betriebsrätin wegen rassistischer Äußerungen

AG Berlin, Beschluss vom 05.05.2021, Az. 55 BV 2053/21

Leitsatz: Die Zustimmung zur Kündigung einer Betriebsrätin ist durch das Arbeitsgericht zu ersetzen, wenn die Betriebsrätin rassistische Äußerungen tätigt und damit berechtigte Interessen des Arbeitgebers erheblich verletzt.

Der Fall: Eine Verkäuferin war Betriebsrätin und in einem Kaufhaus mit täglichem Kontakt zu internationalen Kunden tätig. Eines Tages sagte sie zu einer Kollegin: „Heute muss ich darauf achten, dass ich die ausgesuchten Artikel richtig abhake, sonst gibt es wieder Ärger mit der Ming-Vase“. Als die Kollegin das nicht verstand, zog sie ihre Augen mit den Fingern nach hinten, um eine asiatische Augenform zu imitieren. Die Arbeitgeberin erfuhr davon und hörte die Arbeitnehmerin zu dem Vorfall an. Diese rechtfertigte sich dabei, dass sie das Imitieren der asiatischen Augenform vorgenommen habe, um nicht „Schlitzauge“ zu sagen, bei „schwarzen Kunden“ verwende sie den Begriff „Herr Boateng“, weil sie diesen toll finde. Daraufhin beantragte die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung. Als dieser die Zustimmung verweigerte, begehrte die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht.

Die Entscheidung des Gerichts: Unter Verweis auf die rassistische Äußerung erteilte das Gericht antragsgemäß die Zustimmungsersetzung. Es argumentierte, dass die Arbeitnehmerin die Pflicht zur Rücksichtnahme auf berechtigte Interessen des Kaufhauses verletze und die Vorgesetzte herabgewürdigt habe. Außerdem sei es für ein Kaufhaus von internationalem Ruf nicht hinnehmbar, wenn eine Verkäuferin im täglichen Kontakt mit internationalem Publikum dieses wahlweise als Ming-Vase, Herr Boateng oder sonstigen abwertenden Formulierungen bezeichne.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Rassistische Äußerungen sind auch und gerade am Arbeitsplatz verboten. Es ist falsch verstandene Kollegialität, wenn sich Betriebsräte hier schützend vor ihre Kollegen stellen.

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