Liebe Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat,

das von der Bundesregierung geplante und aktuell diskutierte Betriebsrätestärkungsgesetz ist Top-Thema dieses Newsletters. Es sieht u.a. die Möglichkeit vor, Online-Sitzungen in der Geschäftsordnung zu verankern und diese damit dauerhaft als Alternative zu den bisher zwingenden Präsenzsitzungen zu etablieren. Bislang sind Online-Sitzungen nur ausnahmsweise auf Grundlage der bis zum 30.06.2021 befristeten Sonderregelung in § 129 BetrVG möglich. Wie aber führt man solche Online-Sitzungen professionell durch, damit diese einen echten Mehrwert haben und auch im Ergebnis Präsenzsitzungen um nichts nachstehen? Höchste Zeit, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen! Holen Sie sich in unserem neuen Webinar Online-Sitzungen professionell durchführen von unserem erfahrenen Rhetorik-Coach die nötigen Tipps und Tricks für eine rundum gelungene Videokonferenz und stellen Sie so bereits jetzt die Weichen für qualitativ hochwertige BR-Arbeit im digitalen Zeitalter.

Viel Freude beim Lesen und bleiben Sie gesund!

Herzliche Grüße
Ihre W.A.F.

Inhalt

Top-Thema des Monats

  • Das neue Betriebsrätestärkungsgesetz

BR fragt – W.A.F. antwortet

  • Tarifbindung durch Betriebsvereinbarung?

Aktuelles von den Arbeitsgerichten

  • Anzahl der Beisitzer für Einigungsstelle
  • Sonntagsarbeit im Online-Versandhandel verboten
  • Mitbestimmungsrechte bei Corona-Konzept
  • Keine dauerhafte Überlassung von Bruttoentgeltlisten

Neue Seminarangebote der W.A.F.

Top-Thema des Monats
Das neue Betriebsrätestärkungsgesetz

Noch liegt lediglich ein Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vor. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass dieser Entwurf auch zum Gesetz wird. Denn gegen die geplanten Regelungen gibt es kaum Kritik.

Die Bundesregierung erkennt zunächst die wichtige Funktion von Betriebsräten in den Betrieben an. Sie muss aber auch erkennen, dass es immer weniger Betriebsratsgremien gibt. Laut den Zahlen des IAB-Betriebspanels 2019 verfügen noch neun Prozent der betriebsratsfähigen Betriebe in Westdeutschland und zehn Prozent der betriebsratsfähigen Betriebe in Ostdeutschland über einen Betriebsrat. Rund 41 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Westdeutschland sowie 36 Prozent in Ostdeutschland werden von Betriebsräten vertreten.

Die Ursachen für die abnehmende Vertretung durch Betriebsräte sind vielfältig. So ist es durchaus denkbar, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besonders in kleinen Betrieben bewusst auf die Gründung eines Betriebsrats verzichten. Andererseits häufen sich Berichte, dass in manchen Betrieben Arbeitgeber mit zum Teil drastischen Mitteln die Grün-dung von Betriebsräten verhindern. In kleineren Betrieben können daneben die Formalien des regulären Wahlverfahrens eine Hemmschwelle darstellen, die es bei der Organisation einer Betriebsratswahl zu überwinden gilt. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung es sich zum Ziel gesetzt, die Gründung und Wahl von Betriebsräten zu fördern und zu erleichtern und zugleich die Fälle der Behinderungen von Betriebsratswahlen zu reduzieren.

Folgende Lösungen und Neuerungen werden u.a. vorgeschlagen:

Verbessertes Wahlverfahren

Im BetrVG wird das vereinfachte Wahlverfahren nach Vereinbarung sowohl für die Wahl des Betriebsrats als auch für die Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung ausgeweitet.

§ 14a wird wie folgt geändert:

„§ 14a Vereinfachtes Wahlverfahren für Kleinbetriebe
(1) In Betrieben mit in der Regel fünf bis einhundert (bisher: fünfzig) wahlberechtigten Arbeitnehmern wird der Betriebsrat in einem zweistufigen Verfahren gewählt…
(3) Ist der Wahlvorstand in Betrieben mit in der Regel fünf bis einhundert (bisher: fünfzig) wahlberechtigten Arbeitnehmern … vom Betriebsrat … bestellt, wird der Betriebsrat … auf nur einer Wahlversammlung in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.
(5) In Betrieben mit in der Regel 101 bis 200 (bisher: 51 bis 100) wahlberechtigten Arbeitnehmern können der Wahlvorstand und der Arbeitgeber die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens vereinbaren…“

In § 14 wird Absatz 4 geändert: „In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von zwei Wahlberechtigten und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch fünfzig wahlberechtigte Arbeitnehmer.“

Schutz der Wahl

Um den Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei der Gründung eines Betriebsrats zu verbessern, wird der Kündigungsschutz verbessert.

§ 15 Kündigungsschutzgesetz soll folgendermaßen geändert werden:

„Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung … einlädt oder die Bestellung eines Wahlvorstands … beantragt, ist vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig… Der Kündigungsschutz gilt für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer. Wird ein Betriebsrat … nicht gewählt, besteht der Kündigungsschutz … vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an drei Monate.“

Verbesserungen für Auszubildende

Die Altersgrenze für Auszubildende bei der Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung wird gestrichen.

Rechte des Betriebsrats bei der Qualifizierung

Das allgemeine Initiativrecht der Betriebsräte bei der Berufsbildung wird gestärkt und die Einschaltung der Einigungsstelle zur Vermittlung ermöglicht.

Künstliche Intelligenz

Im Hinblick auf die Einbindung des Betriebsrats beim Einsatz von KI und von Informations- und Kommunikationstechnik im Betrieb wird festgelegt, dass die Hinzuziehung eines Sachverständigen für Informations- und Kommunikationstechnik für den Betriebsrat als erforderlich gilt.

Videokonferenzen

Betriebsräte erhalten die Möglichkeit, unter ausschließlich selbst gesetzten Rahmenbedingungen und unter Wahrung des Vorrangs der Präsenzsitzung, Sitzungen mittels Video- und Telefonkonferenz durchzuführen.

§ 30 BetrVG soll geändert werden:

„Abweichend von … kann die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen, wenn

1. die Voraussetzungen für eine solche Teilnahme in der Geschäftsordnung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung festgelegt sind,
2. nicht mindestens ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats binnen einer von dem Vorsitzenden zu bestimmenden Frist diesem gegenüber widerspricht und
3. sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können…“

Mobile Arbeit

Um mobile Arbeit zu fördern, soll in § 87 Absatz 1 BetrVG ein neues Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit eingeführt werden.

NEU

eKongress Betriebsräte 2021: Impulse für das 4. Amtsjahr
1 Tag, 3 Studios, 9 Workshops, jede Menge Austausch

BR fragt – W.A.F. antwortet
Tarifbindung durch Betriebsvereinbarung?

BR fragt: Unser Betrieb war früher tarifgebunden. Der Arbeitgeber ist dann vor ein paar Jahren aus dem Arbeitgeberverband ausgeschieden. Nun hat er festgestellt, dass doch nicht alle tariflichen Regelungen schlecht waren. Einmal abgesehen davon, dass wir einige Regelungen ohnehin weiterhin anwenden. Nun möchten wir per Betriebsvereinbarung einzelne Tarifbestandteile wieder wirksam werden lassen. Geht das so einfach?

W.A.F. antwortet: Vielen Dank für die Anfrage!

Ist der Betrieb, in dem Sie tätig sind, nicht an einen Tarifvertrag gebunden, können Sie und Ihr Arbeitgeber sich dadurch an einen Tarifvertrag binden, indem Sie in einer Betriebsvereinbarung auf einen Tarifvertrag oder einzelne Regelungen verweisen. Das geschieht durch so genannte Bezugnahmeklauseln. Solche Klauseln finden sich auch häufig in Arbeitsverträgen.

Beispiel: Bezugnahmeklausel
„Auf die Arbeitsverhältnisse findet der Manteltarifvertrag für die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.“

Vereinbaren Sie eine solche Klausel, finden auf die Arbeitsverhältnisse die entsprechenden Tarifverträge Anwendung. Das ist immer dann von Vorteil, wenn einheitliche Regelungen für alle Arbeitnehmer geschaffen werden sollen. Denn in fast allen Betrieben gibt es tarifgebundene und nicht tarifgebundene Arbeitnehmer.

Achtung: Nicht alles ist gut

Natürlich ist niemals der gesamte Tarifvertrag günstig für Arbeitnehmer. Sie sollten Tarifverträge deshalb auf für Sie günstige und ungünstige Klauseln prüfen, bevor Sie mit Ihrem Arbeitgeber in Verhandlungen treten.

Die Formen der Bezugnahmeklausel

Es gibt statische und dynamische Bezugnahmeklauseln. Statisch ist eine Bezugnahmeklausel dann, wenn sie auf einen bestimmten Tarifvertrag oder mehrere bestimmte Tarifverträge in einer bestimmten Fassung verweist.

In der Praxis kommen dynamische Bezugnahmeklauseln wesentlich häufiger zur Anwendung. Es wird nicht auf eine bestimmte Fassung, sondern vielmehr auf die jeweils gültige Fassung Bezug genommen.

Dabei können Sie noch zwischen kleinen und großen dynamischen Bezugnahmeklauseln differenzieren:

  • Bei der kleinen dynamischen Bezugnahme wird auf den jeweiligen Tarifvertrag einer bestimmten Branche oder auf einen konkret bezeichneten Tarifvertrag Bezug genommen.
    Beispiel: Der Arbeitsvertrag verweist auf den Manteltarifvertrag der Metallindustrie in der jeweils gültigen Fassung.
  • Bei der großen Bezugnahme wird hingegen auf den jeweils für den Arbeitgeber einschlägigen Tarifvertrag Bezug genommen. Ändert der Arbeitgeber z.B. seinen Betriebszweck und findet deshalb ein anderer Tarifvertrag Anwendung, gilt dieser.
    Beispiel: Der Arbeitsvertrag verweist auf den jeweils im Unternehmen des Arbeitgebers anwendbaren Tarifvertrag in der jeweils gültigen Fassung.

NEU

Tarifgebundener Betrieb
Handlungsspielräume des Betriebsrats kennen und nutzen

Video-Empfehlung des Monats
Ungeimpft an Corona erkrankt: Bekomme ich trotzdem Gehalt?

Bekomme ich Entgeltfortzahlung, wenn ich an Corona erkranke, weil ich auf eine Impfung verzichtet habe? Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hat der Arbeitnehmer, wenn er die Krankheit nicht vorsätzlich verschuldet hat oder sich hohen Risiken ausgesetzt hat. Aber ist das im Falle einer unterbliebenen Coronaimpfung der Fall? Diese Frage klärt Volljuristin Sandra Becker in diesem Video.

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Aktuelles von den Arbeitsgerichten
Anzahl der Beisitzer für Einigungsstelle

LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.10.2020, Az. 3 TaBV 4/20
Leitsatz: Bei dem Thema „Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Durchführung von psychischen Gefährdungsbeurteilungen" kann eine Festlegung der Beisitzerzahl auf drei je Seite geboten sein.

Der Fall: Eine Arbeitgeberin betrieb mehrere Krankenhäuser und hatte eine Einigungsstelle zu der Streitigkeit „Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Durchführung von psychischen Gefährdungsbeurteilungen" angerufen. Zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberin bestand zwar Einigkeit, wer den Vorsitz der Einigungsstelle übernehmen sollte, nämlich ein Rechtsanwalt. Der Betriebsrat wollte jedoch, dass mehr als zwei Beisitzer je Seite festgelegt werden. Er hielt das Thema für so komplex, dass dieses unbedingt notwendig wäre. Deshalb zog er bis vor das Landesarbeitsgericht.

Die Entscheidung des Gerichts: Im Regelfall ist eine Einigungsstelle zwar mit je zwei Beisitzern auf jeder Seite zu besetzen. Bei dem Thema „Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Durchführung von psychischen Gefährdungsbeurteilungen" kann wegen der Erforderlichkeit sowohl juristischen als auch arbeitspsychologischen Sachverstands jedoch eine Festlegung der Beisitzerzahl auf drei je Seite geboten sein. Die tatsächliche und rechtliche Dimension des streitigen Regelungsgegenstands sind zu berücksichtigen und die zu ihrer Beilegung notwendigen Fachkenntnisse und betriebspraktischen Erfahrungen. Der unparteiische Einigungsstellenvorsitzende konnte dies als Rechtsanwalt nicht leisten. Deshalb war es korrekt, auch auf Beisitzerseite einen entsprechenden Sachverstand zu haben. Dann müssen beide Parteien nicht auf Sachverständige zurückgreifen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Ein Klassiker für Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ist die Anzahl der Beisitzer für eine Einigungsstelle. Damit hier viel Zeit und Geld gespart werden kann, sollte die Rechtsprechung bekannt sein. Zwei Beisitzer pro Seite ist die Regel, manchmal können es aber auch schon einmal mehr sein.

SPEZIAL SEMINAR

Einigungsstelle und arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren
Instrumente zur Durchsetzung von Beteiligungsrechten kennen
Sonntagsarbeit im Online-Versandhandel verboten

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.01.2021, Az. 8 C 3.20
Leitsatz: Innerbetriebliche Umstände rechtfertigen keine Sonntagsarbeit im Online-Versandhandel.

Der Fall: Ein Online-Versandhandel hatte bei der zuständigen Aufsichtsbehörde die Bewilligung von Sonntagsarbeit für 800 Arbeitnehmer an zwei Adventssonntagen beantragt. Ohne die Sonntagsarbeit drohte ein Überhang von ungefähr 500.000 unbearbeiteten Bestellungen bis Weihnachten. Als die Behörde die Sonntagsarbeit genehmigte, zog eine Gewerkschaft dagegen vor Gericht.

Die Entscheidung des Gerichts: Nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b Arbeitszeitgesetz kann die zuständige Behörde an bis zu fünf Sonn- und Feiertagen die Beschäftigung von Arbeitnehmern bewilligen, wenn besondere Verhältnisse zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens dies erfordern. Besondere Verhältnisse sind vorübergehende Sondersituationen, die eine außerbetriebliche Ursache haben. Sie dürfen also nicht vom Arbeitgeber selbst geschaffen sein. Auf solche innerbetrieblichen Umstände war aber der Bedarf für die beantragte Sonntagsarbeit zurückzuführen. Die Lieferengpässe wurden durch die kurz vor dem Weihnachtsgeschäft eingeführte Zusage kostenloser Lieferung am Tag der Bestellung verstärkt. Deshalb musste das Gericht gar nicht darüber entscheiden, ob schon ein saisonbedingt erhöhter Auftragseingang eine Sondersituation darstellt, die die Bewilligung von Sonntagsarbeit rechtfertigen kann.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Auch wenn viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Branchen tätig sind, in denen rund um die Uhr gearbeitet werden muss, bleibt Sonntagsarbeit ein Ausnahmefall.

SPEZIAL SEMINAR

Arbeitszeitrecht
Arbeitszeitmodelle kennen und sich als Betriebsrat aktiv einbringen
Mitbestimmungsrechte bei Corona-Konzept

LAG Köln, Beschluss vom 22.01.2021, Az. 9 TaBV 58/20
Leitsatz: Der Betriebsrat hat bei der Ausgestaltung eines Besuchskonzepts für ein Krankenhaus während der SARS-CoV-2-Pandemie mitzubestimmen.

Der Fall:Ein Krankenhaus hatte wegen der Corona-Pandemie ein System zur Dokumentation des Zutritts und Aufenthalts betriebsfremder Personen auf dem Klinikgelände eingeführt. Den Betriebsrat hatte es dabei nicht beteiligt. Der Betriebsrat beantragte deshalb beim Arbeitsgericht die Einsetzung einer Einigungsstelle zur Regelung des Besucherkonzepts. Als das Arbeitsgericht eine solche Einigungsstelle tatsächlich einsetzte, schaltete der Arbeitgeber das Landesarbeitsgericht ein und wollte die Entscheidung überprüfen lassen.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Einigungsstelle war zu Recht eingesetzt worden. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz bezieht sich auch auf Maßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Gesundheitsschäden, die Rahmenvorschriften konkretisieren. Eine solche Rahmenvorschrift, die auch den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezweckt, stellt die Corona-Schutzverordnung NRW dar. Entscheidet sich ein Krankenhausträger dann für die Zulassung von Besuchern, trifft ihn auch die entsprechende Verpflichtung zum Gesundheitsschutz gegenüber seinen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Für die Umsetzung der Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts besteht ein Gestaltungsspielraum. Und dieser Gestaltungsspielraum eröffnet das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: In nahezu sämtlichen Betrieben in Deutschland gibt es mittlerweile Hygienekonzepte zum Schutz vor Corona. Doch längst nicht immer wurde der Betriebsrat beteiligt. Das sollte nach dieser Entscheidung anders sein.

SPEZIAL SEMINAR

Arbeits- und Gesundheitsschutz Teil 1
Arbeitssicherheit zum Thema machen - Einsteiger-Seminar für den BR
Keine dauerhafte Überlassung von Bruttoentgeltlisten

BAG, Beschluss vom 29.09.2019, Az. 1 ABR 32/19
Leitsatz: Der Betriebsrat hat keinen Anspruch auf die dauerhafte Überlassung von Bruttoentgeltlisten.

Der Fall: Die Arbeitgeberin des Falls war ein Unternehmen aus dem Gesundheitswesen. Der Betriebsrat verlangte nicht nur die Einsichtnahme in die Bruttolohnlisten, sondern auch deren Überlassung. Er begründete das mit dem Entgelttransparenzgesetz (vgl. § 80 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG), seinen sonstigen betriebsverfassungsrechtlichen Überwachungspflichten sowie mit dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Entgelttransparenzgesetz gilt: „Der Betriebsausschuss … hat für die Erfüllung seiner Aufgaben … das Recht, die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter … einzusehen und auszuwerten.“ Schließlich klagte der Betriebsrat sein vermeintliches Recht ein.

Die Entscheidung des Gerichts: Das Bundesarbeitsgericht entschied zugunsten des Arbeitgebers. Der Betriebsrat kann die dauerhafte Überlassung der Bruttoentgeltlisten an den Betriebsausschuss unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt beanspruchen. Nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG sind diesem zwar auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Ein Recht auf Übergabe der Listen sieht das Gesetz jedoch nicht vor. Der Betriebsrat kann im Übrigen nur Einblick in Unterlagen verlangen, die der Arbeitgeber – zumindest in Form einer elektronischen Datei – tatsächlich besitzt. Ein auf Herstellung nicht existenter Listen gerichteter Anspruch besteht hingegen nicht. Ein Anspruch auf eine Listenüberlassung ergibt sich auch nicht aus § 13 Abs. 2 Satz 1 Entgelttransparenzgesetz. Es besteht ausdrücklich lediglich ein Einsichts- und Auswertungsrecht.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Wenn der Betriebsrat in die Gehaltslisten Einsicht nehmen will, sollte der Termin gut vorbereitet sein. Insbesondere muss vorher feststehen, was genau der Zweck der Einsichtnahme ist und was überprüft werden soll. So können schnell Unregelmäßigkeiten gefunden werden.

SPEZIAL SEMINAR

Informationsbeschaffung des Betriebsrats
Schaffen Sie die Voraussetzungen für effektive BR-Arbeit

Podcast-Empfehlung des Monats
Es ist ernst!

Die Vertretung der Arbeitnehmer durch Betriebsräte sinkt! In diesem Podcast sprechen die Rechtsanwälte Arne Schrein und Matthias Ferstl über den Sinn und Zweck der betrieblichen Mitbestimmung und die prozentuale Betriebsrätevertretung in den Betrieben (West- und Ostdeutschland).

Unsere Empfehlung
Neue Seminarangebote der W.A.F.

Zusammenarbeit von Betriebsrat und SBV
Sich zum Wohl (schwer-)behinderter Kollegen optimal ergänzen
 
Mitbestimmung bei Einführung neuer Software
Als BR Interessen der Belegschaft wahren und kompetent mitbestimmen

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