In Coronazeiten erfolgreich gegen Überstunden zur Wehr setzen – Tarifbindung geht vor – Meinungsfreiheit in der Corona-Pandemie

Liebe Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat,

sie sind die Helden der Corona-Krise: Pflegekräfte, Supermarkt-Angestellte und Lieferfahrer. In den letzten Monaten haben diese Kolleginnen und Kollegen jede Menge Überstunden gemacht. Doch wenn es um einen finanziellen Ausgleich geht, weigern sich viele Arbeitgeber, die zusätzliche Arbeitszeit zu vergüten.

Hier sollten Sie als Betriebsrat einschreiten: In unserem Top-Thema des Monats informieren wir über Ihre Möglichkeiten und Beteiligungsrechte als Betriebsrat und zeigen, wie Sie sich erfolgreich für eine gerechte Vergütung von geleisteten Überstunden einsetzen.

Wir klären auf: Kommt nach der Rückkehr aus dem Urlaub das böse Erwachen? Wann man trotz Quarantäne mit dem Lohn rechnen kann und wann man finanziell in die Röhre schaut. Was tun, wenn die Aufträge wegbrechen? Wir zeigen, wie Sie durch eine einfache Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber die Arbeitsplätze Ihrer Kolleginnen und Kollegen retten.

Nach dem Lockdown sind auch die Arbeitsgerichte wieder aktiv. Die wichtigsten Urteile der vergangenen Monate haben wir für Sie kompakt und verständlich aufbereitet.

 

Herzliche Grüße,

Ihre W.A.F.

Wichtige Erinnerung in der Coronazeit
Der Betriebsrat bestimmt immer mit

Als es mit Corona im März losging, haben einige Arbeitgeber offensichtlich Kurzarbeit eingeführt, ohne dabei auf die geltenden Regelungen zu achten.

Der Betriebsrat bestimmt bei der Kurzarbeit mit. Das ergibt sich aus § 87 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG. Es besteht danach ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Dieses Mitbestimmungsrecht besteht also unabhängig von einer individuellen Vereinbarung des Arbeitgebers mit jedem Arbeitnehmer. Wenn Ihr Arbeitgeber also auch mit jedem Arbeitnehmer die Einführung von Kurzarbeit vereinbart, kommt er trotzdem nicht an seinem Betriebsrat vorbei.

Doch was tun, wenn die Voraussetzungen der Kurzarbeit nicht erfüllt sind? Auch hier gibt es eine Möglichkeit, wie Sie als Betriebsrat Arbeitsplätze erhalten können.

Unsere Muster-Betriebsvereinbarung für Sie

Vorübergehende Absenkung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich

Da hilft auch die reduzierte Mehrwertsteuer nicht. Viele Unternehmen kämpfen gerade mit einer schwächeren Nachfrage. Die Folge: Maschinen werden stillgelegt, die Produktion wird gedrosselt. Für Ihre Kolleginnen und Kollegen ist das oft spürbar: Es drohen betriebsbedingte Kündigungen. Doch es gibt einen Ausweg, auf den Sie sich als Betriebsrat einlassen können, wenn die Voraussetzungen für Kurzarbeit noch nicht erfüllt sind: Eine vorübergehende Reduzierung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich, d.h. alle arbeiten weniger und bekommen weniger Lohn. Wenn das Ihren Kolleginnen und Kollegen den Arbeitsplatz rettet, sollten Sie mit Ihrem Arbeitgeber eine entsprechende Betriebsvereinbarung aushandeln.

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Noch mal Glück gehabt
Wer trotz Quarantäne mit dem Lohn rechnen kann

Kolleginnen und Kollegen, die aus einem Risikogebiet zurückkehren, müssen zunächst 14 Tage in Quarantäne. Inwieweit in diesen Fällen der Lohnanspruch bestehen bleibt, hängt davon ab, ob zum Zeitpunkt des Urlaubsantritts die Urlaubsregion bereits als Risikogebiet eingestuft wurde. Ist das Reiseziel erst während des Urlaubs zu einem Risikogebiet erklärt worden, trifft die Kollegin oder den Kollegen kein Verschulden an der Quarantäne und er behält seinen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber.

War dagegen der Urlaubsort bereits vor dem Urlaubsantritt als Risikogebiet eingestuft, muss der Arbeitgeber nicht den Lohn weiterzahlen, weil der Arbeitnehmer die Arbeitsverhinderung selbst verschuldet hat (§ 616 BGB).

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Top-Thema des Monats
In Coronazeiten erfolgreich gegen Überstunden zur Wehr setzen

Werden in einem Betrieb ständig Überstunden gemacht, spricht vieles dafür, dass schlicht und ergreifend zu wenig Personal vorhanden ist. In einem solchen Fall sollte der Betriebsrat strategisch denken und sich dafür einsetzen, dass Überstunden möglichst nicht mehr angeordnet werden. Denn: Überstunden, die dauerhaft geleistet werden, sind äußerst schädlich für die Gesundheit. Das gilt auch und gerade in Coronazeiten!

Zunächst sollten Sie den genauen Unterschied zwischen Mehrarbeit und Überstunden kennen:

Überstunden: Überstunden fallen an, wenn die individuelle regelmäßige Arbeitszeit überschritten wird.

Mehrarbeit: Mehrarbeit liegt vor, wenn die gesetzliche Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) überschritten wird.

Als Betriebsrat haben Sie beim Thema Überstunden nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht. Ihr Mitbestimmungsrecht erstreckt sich dabei darauf, ob, in welchem Umfang und von welchen Arbeitnehmern Überstunden geleistet werden dürfen. Bei der Anordnung und Durchführung handelt es sich nämlich um eine mitbestimmungspflichtige vorübergehende Verlängerung der Arbeitszeit. Deshalb hat Ihr Arbeitgeber stets Ihre Zustimmung einzuholen.

 

Ihre Verweigerung der Zustimmung

Verweigern Sie Ihre Zustimmung, darf Ihr Arbeitgeber die Überstunden nicht anordnen. Auch ein „freiwilliges Arbeiten“ ist dann nicht möglich. Setzt sich Ihr Arbeitgeber darüber hinweg, ziehen Sie sofort vor das Arbeitsgericht und verlangen die Unterlassung der Anordnung von Überstunden – am besten im Eilverfahren.

Ihr Arbeitgeber muss dann zunächst die Einigungsstelle anrufen. Diese entscheidet über den Fall.

Wichtig: Auch bei Zustimmung Ihrer Kollegen oder freiwilligen Überstunden benötigt Ihr Arbeitgeber Ihre Zustimmung!

 

Tipp: Schließen Sie eine Betriebsvereinbarung

Viele Betriebsräte haben mit ihrem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung zum Thema Überstunden abgeschlossen. Damit kann der betriebliche Ablauf wesentlich vereinfacht werden und Sie brauchen nicht wegen jeder Überstunde zusammenzukommen. Im Gegenzug werden allerdings auch maximal abzuleistende Überstunden in einer solchen Betriebsvereinbarung festgelegt. Grundsätzlich sollten Sie folgende Punkte regeln:

Der Betriebsrat sollte sein Mitbestimmungsrecht unbedingt nutzen. So kann er mit dazu beitragen, dass Überstunden so gering wie möglich gehalten werden. Auch wenn vielen Arbeitnehmern zur Aufbesserung ihres Entgelt Überstunden willkommen sind: Auf Dauer haben alle mehr von Neueinstellungen.

Die arbeitsrechtlichen Regelungen

Egal, was Sie im Gremium auf Antrag Ihres Arbeitgebers beschließen: Nicht immer müssen Ihre Kollegen Überstunden machen. Sie sollten die wichtigsten arbeitsrechtlichen Regeln kennen. Gehen Sie von diesem Grundsatz aus:

Kein Arbeitnehmer muss Überstunden machen!

Beispiel: Keine einzige Überstunde

Der Arbeitgeber hat mit einem Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag geschlossen, nach dem dieser 35 Stunden pro Woche zu arbeiten hat. Weitere Regelungen zu Überstunden finden sich nicht. Der Kollege muss nun 35 Stunden pro Woche arbeiten, aber auch keine Stunde mehr.

 

Ausnahmen

Von diesem Grundsatz gibt es jedoch drei wichtige Ausnahmen:

  • Notfälle: bei drohenden Gefahren für den Betrieb auf Grund unvorhersehbarer äußerer Ereignisse.
  • Einzelvereinbarungen: Arbeitgeber und Arbeitnehmer können jederzeit eine Vereinbarung zur Ableistung von Überstunden treffen.
  • Vereinbarungen in Verträgen: Das Recht des Arbeitgebers, Überstunden anordnen zu dürfen, kann sich auch aus Arbeitsverträgen, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ergeben.

Achtung: Auch in diesen Fällen ist die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich!

 

Das Arbeitszeitgesetz

Der Betriebsrat ist nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG dazu verpflichtet, die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zu überwachen. Deshalb darf die Anordnung von Überstunden in keinem Fall gegen die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) verstoßen.

Die wichtigste Regelung des ArbZG:

Grundsatz: Arbeitnehmer dürfen nach § 3 ArbZG nicht länger als 8 Stunden pro Tag beschäftigt werden.

Ausnahmen: Die tägliche Arbeitszeit kann auf bis zu 10 Stunden verlängern werden, wenn der 8-Stunden-Tag innerhalb von 6 Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen durchschnittlich wieder eingehalten wird.

 

Ruhezeiten

Von den Ruhepausen unterscheiden sich die Ruhezeiten. Arbeitnehmer müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden haben. Vorher sind keine Überstunden möglich!

In bestimmten Betrieben wie Krankenhäusern, Gaststätten oder Hotels kann sich diese Ruhezeit um eine Stunde verkürzen, wenn

  • jede Verkürzung innerhalb ein Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen
  • durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens 12 Stunden ausgeglichen wird.

 

Die Pflicht des Arbeitgebers

Der Europäische Gerichtshof hat bereits 2006 entschieden, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist,

  • dafür zu sorgen und zu kontrollieren, dass
  • die Arbeitnehmer die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes und
  •  insbesondere die vorgeschriebenen Ruhezeiten tatsächlich einhalten (Urteil vom 07.09.2006, Az.: C-484/04).

 

Die Anordnung der Überstunden

Der Arbeitgeber hat nach der Zustimmung des Betriebsrats die Überstunden auch noch rechtssicher anzuordnen. Am einfachsten ist es, wenn er Ihre Kollegen direkt mündlich informiert. Ein Aushang am schwarzen Brett hat den Nachteil, dass vielleicht nicht alle Kollegen die Mitteilung lesen. Haben sämtliche Kollegen einen PC-Arbeitsplatz, kann auch eine Mitteilung per E-Mail verfasst werden.

 

Die Ankündigungsfrist

Die Ankündigungsfrist der Überstunden sollte mindestens 4 Tage betragen. Bei kürzeren Fristen gilt: Überstunden dürfen nur angeordnet werden, wenn die betrieblichen Interessen deutlich gegenüber den privaten Interessen der Kollegen überwiegen.

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Arbeitszeitrecht
Arbeitszeitmodelle kennen und sich als Betriebsrat aktiv einbringen

Video-Empfehlung des Monats
Meinungsfreiheit in der Corona-Pandemie

Was kann und darf ich eigentlich aktuell noch sagen - insbesondere am Arbeitsplatz? Das Thema COVID-19 ist selbstverständlich auch im Arbeitsumfeld höchst brisant und so unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich sind auch die Meinungen zur Corona-Pandemie.

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Aktuelles aus den Arbeitsgerichten
Tarifbindung geht vor

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.5.2020, Az.: 4 AZR 489/19

Wenn sich in Arbeitsverträgen eine Bezugnahmeklausel auf einen Tarifvertrag befindet, findet der Tarifvertrag Anwendung. Was aber, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber ohnehin tarifgebunden sind? Die Antwort gibt das Bundesarbeitsgericht.

Der Fall: Eine Frau war seit Jahren Mitglied der IG Metall. Ihr Arbeitsvertrag enthielt keine Bezugnahme auf die IGM-Tarifverträge. Ihre Arbeitgeberin war zunächst nicht tarifgebunden, schloss aber im Jahr 2015 mit der IG Metall Tarifverträge. Ansprüche daraus sollte es aber nur geben, wenn in den einzelnen Arbeitsverträgen auch die Geltung der Tarifverträge vereinbart wird. Der Arbeitgeber machte deshalb der Arbeitnehmerin ein Angebot zum Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags mit einer solchen Bezugnahmeklausel auf den Tarifvertrag. Das Angebot nahm die Arbeitnehmerin jedoch nicht an, sondern klagte ihre Leistungen aus dem Tarifvertrag direkt ein. Nach ihrer Ansicht bedurfte es für die Anwendbarkeit der Tarifverträge keiner Änderung des Arbeitsvertrags.

Die Entscheidung des Gerichts: Der Tarifvertrag fand aufgrund der beiderseitigen Tarifgebundenheit Anwendung. Daher standen der Arbeitnehmerin die Ansprüche aus Tarifverträgen zu. Diese können nicht von den vorgesehenen individualrechtlichen Umsetzungsmaßnahmen der Arbeitsvertragsparteien abhängig gemacht werden. Ist der Arbeitnehmer Mitglied der Gewerkschaft und der Arbeitgeber in dem entsprechenden Arbeitgeberverband, gelten die Tarifverträge.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: In einem Tarifvertrag kann also nach dieser Entscheidung nicht wirksam vereinbart werden, dass Ansprüche aus dem Tarifvertrag trotz beiderseitiger Tarifgebundenheit nur dann bestehen sollen, wenn Entsprechendes in Arbeitsverträgen geregelt ist. Eine Tarifbindung geht vor!

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Tarifgebundener Betrieb
Handlungsspielräume des Betriebsrats kennen und nutzen
Schon jetzt Verpflichtung zur Zeiterfassung?

Arbeitsgericht Emden, Urteil vom 20.02.2020, Az.: 2 Ca 94/19

Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 14.5.2019, Az.: C-55/18, müssen die EU-Staaten die Arbeitgeber verpflichten, ein System zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit einzuführen. Die Bundesregierung bereitet ein solches Gesetz vor. Jetzt aber hat ein Arbeitsgericht geurteilt, dass auch ohne ein deutsches Gesetz die Arbeitgeber zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet sind.

Der Fall: Ein Mitarbeiter war als Bauhelfer tätig. Er hatte nach Beendigung seiner Tätigkeit die Vergütung von weiteren 12,05 Stunden verlangt. Dazu legte er eine Übersicht sowie durch ihn selbst gefertigte handschriftliche Aufzeichnungen vor. Die Arbeitgeberin verwies darauf, dass die tägliche Arbeitszeit gemeinsam mit dem Arbeitnehmer in einem Bautagebuch festgehalten worden sei. Als sie nicht zahlte, klagte der Bauhelfer.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Richter entschieden, dass dem Bauhelfer die Vergütungsansprüche zustanden. Die Arbeitgeberin hatte nach Art. 31 Abs. 2 der EU-Grundrechtecharta die Verpflichtung zur Einrichtung eines „objektiven“, „verlässlichen“ und „zugänglichen“ Systems zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer. Dagegen hatte sie verstoßen. Das Bautagebuch reichte dafür nicht aus.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Es besteht also nach dem Arbeitsgericht Emden schon jetzt eine unmittelbare Verpflichtung der Arbeitgeber zur Einrichtung eines Zeiterfassungssystems. Bei der Einführung eines solchen Systems hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht.

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Flexibel bei Arbeitszeit und Entlohnung
Als Betriebsrat zu maßgeschneiderten Lösungen beitragen
Das Datum im Arbeitszeugnis

Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 27.03.2020, Az.: 7 Ta 200/19

Das Landesarbeitsgericht Köln hat nun endgültig darüber entschieden, welches Datum die Arbeitgeber bei der Erstellung eines Zeugnisses nehmen müssen.

Der Fall: Die Arbeitnehmerin des Falls hatte sich mit ihrer Arbeitgeberin in einem gerichtlichen Vergleich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und zugleich über die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses geeinigt. Die Arbeitgeberin erstellte dann das Zeugnis unter dem tatsächliche Ausstellungsdatum, nämlich dem 05.09.2019. Beendet worden war das Arbeitsverhältnis aber bereits am 31.12.2018. Die Arbeitnehmerin wollte als Beendigungsdatum den 31.12.2018 im Zeugnis erhalten und ging deshalb im Wege der Zwangsvollstreckung gegen die Arbeitgeberin vor.

Die Entscheidung des Gerichts: Das Landesarbeitsgericht Köln wies eine Beschwerde der Arbeitgeberin zurück. Die Richter meinten, dass ein Arbeitszeugnis als Datum den Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu tragen hat. Andernfalls kann es Spekulationen darüber geben, ob vielleicht ein Streit zwischen den Parteien zu der späten Ausstellung des Zeugnisses beigetragen hat. Es gibt zudem einen sachlichen Grund, als Datum den Tag der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu nehmen. Denn letztendlich bezeichnet das Datum den Zeitpunkt, an dem die Arbeitnehmerin auch tatsächlich beurteilt worden ist. Eine Beurteilung kann nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses allenfalls für die Zeit bis zum letzten Arbeitstag erfolgen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Als Zeugnisdatum ist also der Tag der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verwenden. Wenn Mitarbeiter kein anderes Zeugnis verlangen oder nur sehr kurz beschäftigt waren, erhalten sie vom Arbeitgeber nur ein einfaches Zeugnis. Daran wird nur die Art des Dienstverhältnisses und dessen Dauer bescheinigt.

NEUES SEMINAR

Arbeitsrecht Teil IV
Wichtige Bereiche des Arbeitsrechts gezielt vertiefen
Unterlagen für den Betriebsrat

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.01.2020, Az.: 19 TaBV 2/19

Das Thema Arbeitssicherheit wird coronabedingt einen höheren Stellenwert bekommen. Dazu passt diese Entscheidung sehr gut: Auf viele Unterlagen hat ein Betriebsrat einen Anspruch. Was aber, wenn dem Arbeitgeber selbst die Unterlagen nicht vorliegen? Die Antwort kommt vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg.

Der Fall: Die Abteilung Arbeitssicherheit einer Gesellschaft einer Universitätsklinik erstellte jährlich einen Bericht, den auch der Betriebsrat erhielt. Nun meinte aber der Betriebsrat, zur Erfüllung seiner Überwachungspflichten habe er Anspruch auf weitergehende Informationen. Er wollte wissen, welche Tätigkeiten und Leistungen die Fachkraft für Arbeitssicherheit im Einzelnen erbracht und ob sie damit ihre Aufgaben erfüllt hat. Der Betriebsrat schaltete das Arbeitsgericht ein und verlangte die Erstellung eines Berichts, der es dem Betriebsrat ermöglicht, jede Aktivität der Fachkraft für Arbeitssicherheit erfassen und beurteilen zu können.

Die Entscheidung des Gerichts: Der Betriebsrat hatte keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber darauf, dass dieser die Fachkraft für Arbeitssicherheit zur detaillierten Aufschlüsselung der Aktivitäten veranlasst. Der Betriebsrat ist keine innerbetriebliche Aufsichtsbehörde, die die Aktivitäten der Fachkraft für Arbeitssicherheit im Einzelnen zu kontrollieren hat. Ein Anspruch gegen den Arbeitgeber auf detaillierte Aufschlüsselung sämtlicher Aktivitäten der Fachkraft für Arbeitssicherheit ergab sich nicht aus dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) und auch nicht aus den §§ 89 Abs. 1 Satz 1, 80 Abs. 1 Ziff. 1, Ziff. 9, Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Das gilt insbesondere dann, wenn dem Betriebsrat weitere Erkenntnisquellen zur Verfügung stehen wie beispielsweise der Arbeitsschutzausschuss nach § 11 ASiG. Der § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BetrVG begründet einen Anspruch auf Vorlage von Unterlagen, nicht aber auf die Herstellung vom Betriebsrat gewünschter Unterlagen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Dem Betriebsrat müssen viele Informationen zukommen. In aller Regel brauchen aber nicht extra Unterlagen erstellt zu werden. Einen Anspruch des Betriebsrats auf eine detaillierte Aufschlüsselung sämtlicher Aktivitäten der Fachkraft für Arbeitssicherheit gibt es nicht.

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Arbeits- und Gesundheitsschutz Teil III
Mitbestimmungsmöglichkeiten kennen - Praxis-Seminar für den BR

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Lernen aus der Krise – Corona und die Arbeitswelt von morgen
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