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Außertarifliche Angestellte (AT-Angestellte) sind solche Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer Tätigkeitsmerkmale und/oder ihrer Vergütungshöhe von dem persönlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrags nicht erreicht werden. Teilweise werden AT-Angestellte in Tarifverträgen auch in der Weise definiert, dass ihr Arbeitsentgelt das Tarifgehalt der höchsten Entgeltstufe um einen bestimmten Prozentsatz übersteigt.
Sonderstatus im Betrieb
AT-Angestellte nehmen in der betrieblichen Hierarchie eine Zwischenstellung ein. Sie zählen nicht mehr zum Tarifpersonal, sind aber auch nicht immer leitende Angestellte. Daraus resultiert ihre arbeitsrechtliche, aber nicht unbedingt betriebsverfassungsrechtliche, Sonderstellung.
Dort sind AT-Angestellte im Betrieb angesiedelt
Die AT-Angestellten haben eine besondere Stellung im Betrieb und somit auch eine größere Pflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Das beruht vor allem darauf, dass zunehmend schon Positionen des mittleren Managements in den außertariflichen Bereich eingeordnet werden. AT-Angestellte sind insbesondere in Stababteilungen oder im Kreis der Führungskräfte zu finden oder sie werden als Spezialisten, z.B. für Schlüsselstellungen, eingesetzt.
Ein weiterer, wesentlicher Grund für die Herausnahme dieses besonderen Personenkreises aus dem persönlichen Geltungsbereich von Tarifverträgen ist die Schwierigkeit oder zum Teil auch die Unmöglichkeit der Schematisierung der Tätigkeiten des Kollegen oder der Kollegin. Als Folge ihrer herausgehobenen Tätigkeit passt auch ihr Arbeitsentgelt nicht in das tarifliche Gehaltsgefüge. Die AT-Angestellten sind im Regelfall mit vielfältigen und komplexen Aufgaben betraut, für die insbesondere Reflexionsfähigkeit, Analytik sowie umfassendes Wissen erforderlich sind.
Die Kennzeichen für eine AT-Anstellung
Ganz typisch für den AT-Angestellten ist, dass er eben nicht unter den eigentlich zuständigen Tarifvertrag eines Betriebs fällt. Meist liegt es daran, dass die Aufgabenstellung für AT-Angestellte höhere Anforderungen stellt als die Tätigkeitsmerkmale der tariflich am höchsten eingestuften Beschäftigungsgruppe. In einem derartigen Fall handelt es sich ausschließlich um echte außertarifliche Angestellte.
Der Begriff „AT-Angestellter“ wird vom Gesetz nicht definiert. Begriffliche Definitionen finden sich häufig in Tarifverträgen.
Blick in den Tarifvertrag erforderlich
Die Abgrenzung zwischen tariflichen und außertariflichen Angestellten wird durch den jeweils einschlägigen Tarifvertrag festgelegt. Gültig ist derjenige Tarifvertrag, unter dessen Geltungsbereich ein Arbeitsverhältnis grundsätzlich fallen würde, falls der Arbeitgeber und/oder der Kollege tarifgebunden wären.
In Tarifverträgen, Gehaltsgruppenkatalogen oder Protokollen wird der Geltungsbereich in der Regel durch die beispielhafte Aufzählung von Tätigkeiten abgegrenzt. Alle Angestellten, deren Tätigkeiten dort nicht genannt sind, gelten als AT-Angestellte.
Tarifbindung ist keine Voraussetzung
Auf eine Mitgliedschaft des jeweiligen Kollegen bei der vertragsschließenden Gewerkschaft, das heißt auf das Bestehen einer Tarifbindung, kommt es nicht an. Erheblich ist nur, dass der Tarifvertrag räumlich, zeitlich, betrieblich und fachlich gilt. Ist dies der Fall, entscheidet die Abgrenzung des persönlichen Geltungsbereichs über die Zuordnung zur Gruppe der tariflichen oder außertariflichen Angestellten.
Kein Tarifvertrag = kein AT-Angestellter
Besteht für einen Betrieb gar kein einschlägiger Tarifvertrag, gibt es auch den Status des AT-Angestellten nicht.
Abgrenzung zu leitenden Angestellten
Der Begriff des AT-Angestellten ist in keinem Fall gleichzusetzen mit dem der leitenden Angestellten.
Leitender Angestellter ist betriebsverfassungsrechtlich nach § 5 Abs. 3 und Abs. 4 BetrVG, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb
- zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
- Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
- regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Leitender Angestellter ist im Zweifel, wer
- aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
- einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
- ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
- falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.
Was im Arbeitsrecht für AT-Angestellte gilt
AT-Angestellte genießen im Arbeitsrecht keinen Sonderstatus. Das heißt: Es gelten alle arbeitsrechtlichen Regeln unverändert. Der arbeitsrechtliche Status der außertariflichen Kolleginnen und Kollegen ergibt sich allein aus den einschlägigen Tarifverträgen, indem sie – ausdrücklich oder stillschweigend – aus deren persönlichem Geltungsbereich ausgenommen sind. Eine hiervon abweichende „Ernennung“ zum AT-Angestellten durch den Arbeitsvertrag ist unwirksam.
Einzelarbeitsvertrag wichtig
Ein wichtiges Merkmal für die Zuordnung zu den AT-Angestellten ist die ausdrückliche Regelung der materiellen Arbeitsbedingungen im Rahmen eines Einzelarbeitsvertrags und damit die Unabhängigkeit von einschlägigen Tarifverträgen. Ein eindeutiges Indiz ist in diesem Zusammenhang insbesondere ein deutlich über den Gehältern des Tarifbereichs liegendes Arbeitsentgelt. In einigen Tarifverträgen wird darauf verwiesen, dass das Gehalt des AT-Angestellten angemessen über den höchsten tariflichen Gehaltsgruppen liegt. Nach Auffassung der Rechtsprechung ist diese „Angemessenheit“ bei der Erhöhung der Tarifgehälter zu überprüfen. Für die „Angemessenheit“ kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.
Verdiensterhöhungen wichtig
Auch AT-Angestellte haben Anspruch auf Gehaltserhöhungen. Das betrifft ganz besonders die Fälle, in denen aufgrund der einschlägigen tarifvertraglichen Abgrenzungsregelung ein gehaltlicher Mindestabstand zum höchsten Tarifgehalt Voraussetzung für die Begründung eines AT-Vertragsverhältnisses ist. Hier beinhaltet die vertragliche Vereinbarung des AT-Status – ein unverändertes Aufgabengebiet vorausgesetzt – als solche die Verpflichtung des Arbeitgebers, alles zu tun, damit der AT-Status erhalten bleibt, auch und gerade in gehaltlicher Hinsicht.
Was bei einer Gehaltsanpassung gilt
Erhöht Ihr Arbeitgeber durch eine betriebseinheitliche Regelung die Gehälter der AT-Angestellten, muss er den Grundsatz der Gleichbehandlung beachten. Dient eine solche Regelung vor allem dem Zweck, die Verteuerung der Lebenshaltungskosten auszugleichen, dann darf die Gruppe der höher verdienenden Kolleginnen und Kollegen nicht völlig von der generellen Gehaltserhöhung ausgeschlossen werden; ein einzelner Angestellter darf nicht ohne sachgerechte Erwägungen ausgeschlossen werden.
Betriebliche Regelungen einhalten
Hat eine Anzahl von AT-Angestellten des Betriebs eine Gehaltserhöhung erhalten, kann ein hiervon ausgenommener AT-Angestellter von Ihrem Arbeitgeber Auskunft über die hierfür verwendeten Regeln verlangen. Im Arbeitsverhältnis besteht nämlich eine aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abgeleitete Nebenpflicht zur Auskunftserteilung.
Die Arbeitszeiten bei AT-Angestellten
Auch die AT-Angestellten müssen sich an die Arbeitszeiten des Betriebs halten. Besonders dann, wenn in einem Vertrag keine anderen Vermerke zu finden sind. Die betriebliche Arbeitszeit bestimmt auch die Pflichten des AT-Angestellten zur Anwesenheit und zur Arbeitsleistung. Wird diese Arbeitszeit beispielsweise unterschritten, kann dies zu einer Kürzung des Gehalts führen. An diese Grundsätze müssen sich auch AT-Angestellte halten.
Betriebsübliche Arbeitszeit
Ist in einem Arbeitsvertrag die Dauer der Arbeitszeit nicht ausdrücklich geregelt, so gilt die betriebsübliche Arbeitszeit als vereinbart. Nach ihr bemessen sich die Pflichten der Kollegin/des Kollegen zur Arbeitsleistung und die Pflicht Ihres Arbeitgebers zur Zahlung der Vergütung. Diese Grundsätze gelten auch für AT-Angestellte.
Keine Sonderstellung im Betriebsverfassungsgesetz
Für AT-Angestellte gilt das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ohne Ausnahme. Die AT-Angestellten nehmen betriebsverfassungsrechtlich – im Gegensatz zu den leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG – keine Sonderstellung ein.
AT-Angestellte wählen wie die übrigen Kolleginnen und Kollegen den Betriebsrat und werden von Ihnen repräsentiert. Ihre gesetzlichen Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte gelten uneingeschränkt auch für die AT-Angestellten.
Mitbestimmung besteht
Es bleiben Ihre Mitbestimmungsrechte in Bezug auf die AT-Angestellten in vollem Umfang bestehen und erfassen auch die Arbeitsentgelte und sonstigen – materiellen – Arbeitsbedingungen der AT-Angestellten.
Das ist auch ein großer Unterschied zu den leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG. Für die leitenden Angestellten ist im Sprecherausschussgesetz (SprAuG) eine vergleichsweise schwach ausgeprägte Mitbestimmung vorgesehen.
Ein- und Umgruppierung nicht ohne Betriebsrat
In Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern muss der Arbeitgeber Sie vor jeder Ein- und Umgruppierung unterrichten und Ihre Zustimmung zu der geplanten Maßnahme einholen (§ 99 Abs. 1 BetrVG).
Da für die AT-Angestellten kein mitbestimmungsfreier Raum gilt, ist dies auch für Ein- und Umgruppierungen von Arbeitnehmern im Fall der erstmaligen Zuordnung zu dem außertariflichen Bereich zu beachten.
Sie haben somit auch ein Einsichtnahmerecht in die Bruttogehaltslisten der AT-Angestellten. Die Gehaltslisten müssen dabei alle Entgeltbestandteile enthalten, einschließlich aller, auch übertariflicher Zulagen und solcher Zahlungen, die individuell ausgehandelt und gezahlt wurden.
Betriebsvereinbarungen
Betriebsvereinbarungen, die sich speziell mit der Situation von AT-Angestellten befassen, sind relativ selten. Es ist aber zulässig, dass die Arbeitsbedingungen der AT-Angestellten in Betriebsvereinbarungen geregelt sind. Innerbetriebliche Gehaltsordnungen für außertarifliche Angestellte können also durch eine Betriebsvereinbarung festgelegt werden.
Grundlage für Ihre Beteiligung ist das Ihnen zustehende Mitbestimmungsrecht bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG).
Allerdings können derartige innerbetriebliche Gehaltsordnungen auch einseitig von Ihrem Arbeitgeber erlassen werden. Dies kann etwa in Form von Richtlinien erfolgen, die zwischen Arbeitnehmern unterscheiden, die eine außertarifliche Vergütung erhalten und solchen, denen nur ein tarifliches Arbeitsentgelt zustehen soll.
Bei der Festlegung des Wertunterschieds zwischen der obersten Tarifgruppe und der untersten AT-Gruppe besteht dagegen kein Mitbestimmungsrecht. Denn hier handelt es sich um die Festlegung der Gehaltshöhe, die dem Arbeitgeber vorbehalten ist (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.09.1994, Az.: 1 AZR 870/93).
Abstandsklauseln beim Gehalt einhalten
Der Mindestabstand des Gehalts eines AT-Angestellten zum höchsten Tarifgehalt wird für tarifgebundene Arbeitgeber meist in Tarifverträgen durch sogenannte Abstandsklauseln festgelegt, zum Beispiel Mindestabstand von 25 % zur Vergütung der höchsten tariflichen Gehaltsgruppe. Ernennt Ihr Arbeitgeber einen Kollegen mit dessen Einverständnis zum AT-Angestellten und sind beide Arbeitsvertragsparteien tarifgebunden, hat der AT-Angestellte einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf eine Vergütung, die die tarifliche Abstandsklausel wahrt (BAG Urteil vom 19.05.2009, Az.: 9 AZR 505/08).
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