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Ein Berufsleben ohne ständige Fortbildungen wird es in Zukunft kaum noch geben.
Welche Mitbestimmungsrechte der Betriebsrat hat
In Zeiten, in denen sich die Arbeitsbedingungen ständig ändern, entscheidet die Teilnahme eines Arbeitnehmers an einer Schulung unter Umständen darüber, ob er seinen Arbeitsplatz behalten kann. Außerdem kann oft die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung auch entscheidend dafür sein, ob ein Kollege beruflich aufsteigen kann. Da es sich bei diesen und vergleichbaren Maßnahmen um personelle Angelegenheiten handelt, hat der Betriebsrat umfangreiche Mitbestimmungsrechte. Diese sind in den §§ 96 bis 98 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt.
Durch das Mitspracherecht soll dem Betriebsrat die Möglichkeit gegeben werden, die Interessen der Kollegen zu wahren. Dabei gilt: Je konkreter die jeweilige Maßnahme ist, desto weitreichender ist auch die Mitbestimmung des Betriebsrats.
Die konkreten Mitbestimmungsrechte
Im Zusammenhang mit der beruflichen Weiterbildung gibt es 3 Situationen, in denen der Arbeitgeber seinen Betriebsrat mit ins Boot holen muss:
1. Förderung der Bildung
Der Arbeitgeber ist im Rahmen der betrieblichen Personalplanung verpflichtet, gemeinsam mit dem Betriebsrat die Berufsbildung zu fördern (Förderungspflicht).
In diesem Zusammenhang kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber verlangen, den Berufsbildungsbedarf zu ermitteln (Ermittlungspflicht) und mit ihm über Fragen der Berufsbildung zu beraten (§ 96 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Dazu darf der Betriebsrat auch Vorschläge machen (§ 96 Abs. 1 Satz 3 BetrVG).
Verlangt der Betriebsrat Beratungen nach § 96 BetrVG, so kommen insbesondere folgende Inhalte in Betracht:
- Errichtung, Ausstattung und Einführung von betrieblichen Einrichtungen zur Berufsbildung
- Regelungen über die Teilnahme an außerbetrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen
Wichtig für den Betriebsrat ist, dass nur betriebliche Maßnahmen das Beteiligungsrecht auslösen. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Arbeitgeber Träger oder Veranstalter ist. Das ist gegeben, wenn der Arbeitgeber, auch wenn er mit einem Dritten zusammenarbeitet, einen rechtlichen oder auch tatsächlichen Einfluss auf den Inhalt und die Organisation der Veranstaltung hat. Ob die Bildungsmaßnahme im Unternehmen oder extern abgehalten wird, spielt dabei keine Rolle.
2. Errichtung und Ausstattung betrieblicher Einrichtungen
Zudem kann der Betriebsrat von seinem Arbeitgeber verlangen, dass er sich mit ihm über
- die Errichtung und Ausstattung betrieblicher Einrichtungen zur Berufsbildung (Ausbildungsstätten, zum Beispiel Schulungsräume oder eine Abteilung für Weiterbildung),
- die Einführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen (beispielsweise Lehrgänge oder Kurse) und
- die Teilnahme an außerbetrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen berät (§ 97 Abs. 1 Satz 2 BetrVG 4 und 5).
Auch gibt es ein Mitbestimmungsrecht bei allen vom Arbeitgeber geplanten oder durchgeführten Maßnahmen zur Berufsbildung. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass die beruflichen Fähigkeiten der Arbeitnehmer nicht mehr zur Aufgabenerfüllung ausreichen (§ 97 Abs. 2 Satz 1 BetrVG).
Dies bedeutet, wenn der Arbeitgeber betriebliche Einrichtungen der Berufsbildung errichten und ausstatten will, muss automatisch eine Beratung mit dem Betriebsrat stattfinden, auch ohne dass dieser eine Beratung verlangt.
Dann sind Qualifizierungsmaßnahmen erforderlich
Qualifizierungsmaßnahmen sind beispielsweise erforderlich, wenn der Arbeitgeber die Mitarbeiter vor neue Anforderungen am Arbeitsplatz stellt,
- denen sie nur mit Mühe und Improvisation nachkommen können, etwa bei der Einführung einer neuen Software, oder
- die Mitarbeiter den Aufgaben lediglich im Großen und Ganzen nachkommen können.
Das bedeutet nicht, dass der Betriebsrat mitentscheiden darf, ob Bildungsmaßnahmen durchgeführt werden. Er kann aber mitbestimmen, welche Maßnahmen ergriffen werden. In diesem Fall geht die Mitbestimmung also über das sonstige Maß hinaus. Der in § 97 Abs. 2 BetrVG genannte Fall ist für den Betriebsrat also ein ganz wichtiger Hebel, um aktiv zu werden.
Die Grenzen Ihres Mitbestimmungsrechts sollten Sie kennen
Der Betriebsrat hat nur dann ein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber dafür verantwortlich ist, dass es zu dem Qualifikationsdefizit bei einem Arbeitnehmer gekommen ist. Liegt die Ursache hierfür allerdings bei dem Arbeitnehmer selbst, zum Beispiel weil er lange krank oder in Erziehungsurlaub war, kann keine Qualifizierungsmaßnahme vom Arbeitgeber erzwungen werden.
Wenn es keine Einigung gibt
Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht über die Beseitigung des Qualifikationsdefizits einigen, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen (§ 97 Abs. 2 Satz 2 und 3 BetrVG). Die entscheidet dann verbindlich, ob und welche beruflichen Berufsbildungsmaßnahmen der Arbeitgeber durchführen muss.
3. Durchführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen
Darüber hinaus hat der Betriebsrat bei der Durchführung von Maßnahmen bei der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen.
- die Festlegung der Zahl der Teilnehmer
- die Dauer der Bildungsmaßnahme
- die Ausgestaltung des Inhalts der Maßnahme
Auch hier ist im Falle der Nichteinigung die Einigungsstelle anzurufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt dann die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (§ 98 Abs. 4 Satz 2 BetrVG).
Bestellung von Ausbildern
Plant der Arbeitgeber eine Weiterbildung und bestellt er einen Ausbilder, den er für geeignet hält, kann es passieren, dass der Betriebsrat das ganz anders sieht und den Auserwählten nicht für geeignet hält. Hier hat der Betriebsrat dann ein Widerspruchsrecht und kann sogar die Abberufung des Ausbilders vom Arbeitgeber verlangen (§ 98 Abs. 2 BetrVG).
Gibt es zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Ausbilderfrage keine Einigung, entscheidet auf Antrag wieder die Einigungsstelle (§ 98 Abs. 5 BetrVG).
Rückzahlungsklauseln
Eine solche Klausel zur Rückzahlung der Fortbildungskosten ist grundsätzlich nur zulässig, wenn der Arbeitgeber ein begründetes Interesse an der Erstattung der Kosten hat. Das ist in der Regel nur bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer der Fall, nicht aber bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber selbst. Ausnahme: Es handelt sich um eine berechtigte verhaltens- oder personenbedingte fristlose Kündigung.
Der Betriebsrat ist in der Regel nicht unmittelbar involviert, wenn der Arbeitgeber mit einem Beschäftigten eine Rückzahlungsvereinbarung schließt. Das vereinbaren die Parteien ohne ihn.
Allerdings ist es sinnvoll, wenn der Betriebsrat die wichtigsten Voraussetzungen von Rückzahlungsvereinbarungen kennt. Denn um Rückzahlungsklauseln gibt es immer wieder Streit.
Beispiel: Die Bindungsdauer beträgt 2 Jahre. Das heißt, die Minderung pro Monat liegt bei 1/24. Bindet der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer dagegen nur 6 Monate, beläuft sich die Minderung für jeden Monat auf 1/6.
- Bei einer Ausbildungszeit von bis zu einem Monat kann eine Bindung bis zu 6 Monate betragen.
- Dauert die Fortbildung bis zu 2 Monate, kann eine Bindung von bis zu einem Jahr vereinbart werden.
- Bei einer Ausbildungszeit von einem Jahr ist in aller Regel eine Bindungsdauer bis zu 3 Jahren zulässig.
Bildungsurlaub
Ein wichtiger Bestandteil der Weiterbildung ist der Bildungsurlaub. Deshalb können Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber verlangen, einige Tage im Jahr zum Zweck der individuellen beruflichen Fortbildung freigestellt zu werden.
In der Regel haben alle Arbeitnehmer, die mindestens 6 Monate im Unternehmen tätig sind, einen Anspruch auf 5 Tage Bildungsurlaub im Jahr. Der Anspruch gilt auch für Auszubildende, arbeitnehmerähnliche Personen und Heimarbeiter.
Wie der Anspruch auf Bildungsurlaub geregelt ist
Da Bildungsangelegenheiten durch die Länder geregelt werden, ist auch der Anspruch auf Bildungsurlaub grundsätzlich in den Landesgesetzen geregelt. Wer Bildungsurlaub beantragen möchte, sollte dabei in den folgenden 4 Schritten vorgehen:
1. Schritt: Unterlagen des Seminarveranstalters besorgen
Dem Arbeitgeber muss das Bildungsprogramm sowie ein Nachweis darüber, dass die Veranstaltung anerkannt ist, vorab vorgelegt werden.
2. Schritt: Antrag auf Bildungsurlaub stellen
Stellen Sie den Antrag auf Teilnahme an dem jeweiligen Seminar so früh wie möglich. Der Antrag muss schriftlich, in der Regel mindestens 6 Wochen vor Beginn des Seminars, erfolgen. Er muss zudem eine Aussage darüber treffen, für welchen Zeitraum Sie die Freistellung beantragen. Zudem müssen das Seminarprogramm sowie der Nachweis über die Anerkennung der Bildungsveranstaltung beigefügt sein.
3. Schritt: Reaktion des Arbeitgebers überprüfen
Die Frist für die Reaktion Ihres Arbeitgebers ist unterschiedlich. Häufig hat Ihr Arbeitgeber 3 Wochen Zeit. Lehnt der Arbeitgeber den Antrag ab, sollte sich Ihr weiteres Vorgehen danach richten, ob er betriebliche Gründe angeführt hat oder nicht. Das heißt: Hat er den Bildungsurlaub aus betrieblichen Gründen zu einem bestimmten Zeitpunkt abgelehnt, ist aber grundsätzlich einverstanden, sollten Sie versuchen, einen neuen Termin für das Seminar zu finden.
4. Schritt: Teilnahme nach der Veranstaltung nachweisen
Nimmt ein Arbeitnehmer letztlich an dem Seminar teil, trifft ihn noch eine weitere Pflicht: Nach Ende des Seminars muss er seinem Arbeitgeber die Teilnahme am Seminar nachweisen.
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