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Top-Thema des Monats
Mitbestimmungsrechte und Wissenswertes bei der Beschäftigung von Rentnern
Rentner können wichtiges Wissen und viel Erfahrung in einen Betrieb mit einbringen.

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Video-Empfehlung des Monats
EuGH zur Arbeitszeiterfassung: Tschüss Vertrauensarbeitszeit?

Aktuelles aus den Arbeitsgerichten
EuGH zur Arbeitszeiterfassung: Das Ende der Vertrauensarbeitszeit?
Die Gefährdungsanzeige ohne Gefährdung
Die angefochtene Betriebsratswahl
Von vielen Pflichtverstößen zur Kündigung
Die Einigung auf ein Zeugnis im gerichtlichen Vergleich
Unterrichtungsrechte des Betriebsrats bei Arbeitsunfällen

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Arbeitszeiterfassung für alle

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Liebe Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat,

die Beschäftigung von Rentnern ist ein Trend, der immer mehr zunimmt: Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten aus Interesse weiter, obwohl sie bereits eine Rente beziehen, bei einigen reicht die Rente als Einkommen nicht aus, andere möchten noch nicht „zum alten Eisen gehören“ und dann gibt es noch die Rentner, die eine neue berufliche Herausforderung suchen.
Für Sie als Betriebsrat stellen solche Beschäftigungsverhältnisse jedoch eine Herausforderung dar. Besonderheiten gelten sowohl arbeitsrechtlich, für die Versicherungspflicht als auch für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge.
Deshalb haben wir Ihnen im Top-Thema das Wichtigste zu Ihren Mitbestimmungsrechten bei der Beschäftigung von Rentnern zusammengestellt.
Auch die Gerichte waren wieder sehr fleißig. Besonders der Europäische Gerichtshof polarisierte mit seiner neuen Entscheidung zur Arbeitszeiterfassung. Außerdem haben wir Rechtsprechung um eine unberechtigte Gefährdungsanzeige, die Anfechtung einer Betriebsratswahl, neue Unterrichtungsrechte des Betriebsrats und vieles Interessantes mehr dabei.

Herzliche Grüße
Ihre W.A.F.
 
 
 
 
 
 
 
   
 
  Top-Thema des Monats  
 
  Mitbestimmungsrechte und Wissenswertes bei der Beschäftigung von Rentnern  
 
  Der Beschäftigung von Rentnern im Betrieb sollte der Betriebsrat positiv gegenüberstehen. Worauf es ankommt und wie Sie als Betriebsrat mitbestimmen, lesen Sie im Folgenden.
Geht es um die Einstellung eines Rentners, ist der Betriebsrat zu beteiligen. Denn er hat ein Mitbestimmungsrecht bei allen Einstellungen nach § 99 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Allerdings muss der Arbeitgeber in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigen.
Werden Altersrentner über das Renteneintrittsalter weiter beschäftigt, liegt dann eine mitbestimmungspflichtige Einstellung vor, wenn das Arbeitsverhältnis sonst enden würde. Die Beendigung muss aber im Arbeitsvertrag oder einem Tarifvertrag vereinbart sein! Andernfalls läuft das Arbeitsverhältnis trotz Rentenbezug weiter – und ein Mitbestimmungsrecht entfällt.

Wichtig: Nur der Rentenbezug alleine beendet kein Arbeitsverhältnis!

Häufig sind in Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen Vereinbarungen zur Altersgrenze festgelegt. Danach endet das Beschäftigungsverhältnis automatisch, wenn der Mitarbeiter sein Alter für den Bezug einer Regelaltersrente erreicht hat.

Beispiel für eine Altersgrenzenvereinbarung:

„Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer eine Regelaltersrente beanspruchen kann, ohne dass es einer Kündigung bedarf.“
Möchte ein Mitarbeiter nun beispielweise eine vorzeitige Rente mit 65 Jahren in Anspruch nehmen, muss das Beschäftigungsverhältnis ausdrücklich beendet werden. Es endet nicht mit Erreichen des 65. Lebensjahrs automatisch, da die vorzeitige Altersrente keine Regelaltersrente ist.
Möchte der Rentner dann später wieder arbeiten, beispielsweise mit 66 Jahren, handelt es sich um eine Einstellung, an der der Betriebsrat zu beteiligen ist.

Informationspflichten
Soll ein Rentner befristet oder unbefristet eingestellt werden, hat der Arbeitgeber seinen Betriebsrat zunächst umfassend über einen Kandidaten und die entsprechende Stelle zu informieren. Dabei muss er seine Informationen komplett weitergeben. Er muss deshalb Auskünfte über den Arbeitsplatz und den Einstellungstermin geben. Zudem ist er verpflichtet, den Betriebsrat über eventuell mit der Einstellung einhergehende Auswirkungen auf den betrieblichen Ablauf in Kenntnis zu setzen.

Bewerbungsunterlagen einsehen
Handelt es sich um einen externen Rentner, der noch nicht im Betrieb beschäftigt war, muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat auch die Bewerbungsunterlagen des Kandidaten vorlegen.
Der Arbeitgeber hat zudem auch die Unterlagen vorzulegen, die er im Rahmen der Einstellung erstellt hat. Das heißt: Musste der Rentner Personalfragebögen ausfüllen, hat der Arbeitgeber diese ebenfalls an den Betriebsrat weiterzugeben. Gleiches gilt für eventuelle Tests und deren Ergebnisse, die der Arbeitgeber im Rahmen der Einstellung durchgeführt hat.

Zustimmungsverweigerung
Nach § 99 Abs. 2 BetrVG hat der Betriebsrat das Recht, die Zustimmung zu einer vorgesehenen Einstellung zu verweigern. Diese Entscheidung hat er schriftlich zu begründen. Er hat detailliert darzulegen, warum er gegen die beabsichtigte personelle Maßnahme der Einstellung eines Rentners ist. In diesem Fall ist der Betriebsrat auf die in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Gründe beschränkt. Außerdem ist er nach § 99 Abs. 3 BetrVG verpflichtet, dem Arbeitgeber die Entscheidung zwingend binnen einer Woche nach Einleitung des Zustimmungsverfahrens schriftlich mitzuteilen. Lässt der Betriebsrat diese Frist verstreichen, gilt die Zustimmung als erteilt.

Wichtig: Keine Wiederholung des Gesetzes
Kommt der Betriebsrat zu dem Ergebnis, dass er seine Zustimmung verweigern will, sollte er das mit eigenen Worten gut begründen. Eine reine Wiederholung des Gesetzestextes des § 99 Abs. 2 BetrVG reicht nicht aus.

Der Arbeitgeber beteiligt den Betriebsrat nicht
Führt der Arbeitgeber eine Einstellung durch, obwohl der Betriebsrat die Zustimmung fristgerecht, schriftlich und begründet verweigert hat, kann der Betriebsrat nach § 101 BetrVG die Aufhebung fordern. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber ihn gar nicht erst informiert. Etwas anderes gilt nur, wenn eine vorläufige Einstellung aus dringenden Gründen nach § 100 BetrVG gerechtfertigt wäre.

Wichtig:
Kein Initiativrecht
Personelle Einzelmaßnahmen gehen immer vom Arbeitgeber aus. Der Betriebsrat hat kein Initiativrecht zur Einleitung einer Einstellung oder Eingruppierung. Möchte er, dass ein Rentner (weiter)beschäftigt wird, kann er das aber zum Beispiel auf der monatlichen Besprechung nach § 74 BetrVG ansprechen und sich so für den Kollegen einsetzen.
Tipp: Freiwillige Betriebsvereinbarung abschließen
Das Thema der Übernahme von Betriebsrentnern eignet sich bestens, um in einer Betriebsvereinbarung geregelt zu werden. Vielleicht schafft das Betriebsratsgremium es sogar, einen Übernahmeanspruch für Betriebsrentner zu sichern.

Ihre Beteiligung bei Eingruppierungen
Ein neu eingestellter Rentner muss natürlich auch richtig eingruppiert werden, sofern es im Betrieb eine entsprechende kollektive Vergütungsordnung gibt. Bei der Ein- und Umgruppierung hat der Betriebsrat, wie bei einer Einstellung oder Versetzung, ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG. Nehmen Sie dieses unbedingt wahr. Denn mit der Ausübung Ihres Mitbestimmungsrechts wahren Sie die Lohngerechtigkeit in Ihrem Betrieb. Ihr Beteiligungsrecht hat den Zweck, die Richtigkeit der vorgenommenen Eingruppierung und der gleichmäßigen Anwendung der Lohn- und Gehaltsgruppenordnung zu gewährleisten.

Rentner im Betriebsrat
Zunächst ein Blick auf das aktive und passive Wahlrecht:
Die Voraussetzungen des passiven Wahlrechts, also des Rechts, sich in ein Betriebsratsgremium wählen zu lassen, sind in § 8 BetrVG festgelegt.

1. Voraussetzung: Wahlberechtigung muss vorliegen
Es darf sich nur derjenige in den Betriebsrat wählen lassen, der auch wahlberechtigt ist. Der Kandidat muss also die Voraussetzungen des aktiven Wahlrechts erfüllen.
Wahlberechtigt ist nach § 7 BetrVG,
  • wer dem Betrieb am Wahltag angehört und
  • das 18. Lebensjahr vollendet hat.
Da sich die Wahlberechtigung für die Wählbarkeit nach § 8 BetrVG ausschließlich nach § 7 BetrVG bestimmt, sind die meisten wahlberechtigten Arbeitnehmer auch wählbar.
Auch die Tatsache, dass die Verrentung eines Arbeitnehmers kurz bevorsteht, schließt die Möglichkeit, sich in den Betriebsrat wählen zu lassen, nicht aus. Denn die Arbeitnehmereigenschaft nach § 5 BetrVG besteht bis zum letzten Tag. Sollte sich ein Arbeitnehmer in den Betriebsrat wählen lassen, der während der Amtszeit verrentet wird, muss er sich ab dem Zeitpunkt seines Austritts aus dem Beschäftigungsverhältnis dauerhaft von einem Ersatzmitglied vertreten lassen.

Wichtig:
Alleine der Rentenbezug beendet nicht das Beschäftigungsverhältnis und damit auch nicht das Betriebsratsmandat!

2. Voraussetzung: 6-monatige Betriebszugehörigkeit
Eine weitere Voraussetzung des passiven Wahlrechts ist die 6-monatige Betriebszugehörigkeit spätestens am letzten Tag der Stimmabgabe. Dabei wird nicht vom Tag des Vertragsabschlusses an gerechnet. Entscheidend ist vielmehr der Tag der vereinbarten Arbeitsaufnahme. Das kann bei neu eingestellten Rentnern durchaus problematisch sein, wenn sie noch keine 6 Monate im Betrieb sind.

Befristet beschäftigte Rentner
Befristet beschäftigte Rentner sind bei Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses – wie Teilzeitarbeitnehmer auch – Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG. Erfüllen sie alle grundsätzlichen Voraussetzungen, vor allem die 6-monatige Betriebszugehörigkeit, können sie sich in den Betriebsrat wählen lassen.
Aber: Je nachdem, wann das Arbeitsverhältnis endet, kann es sinnvoll sein, auf eine Kandidatur zu verzichten. Endet das Beschäftigungsverhältnis eines Betriebsrats so kurz nach der Wahl, dass er sich letztlich länger durch ein Ersatzmitglied vertreten lassen muss, als es ihm möglich ist, sein Amt auszuüben, ist eine Kandidatur meist wenig sinnvoll. Das wird insbesondere für befristet beschäftigte Rentner gelten.
 
 
 
 
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Wie viel Urlaub muss am Stück genommen werden?
 
 
  Wie darf der Arbeitgeber den Urlaub verteilen? Muss er sich dabei ganz nach den Wünschen des Arbeitnehmers richten?  
 
 
Zur Antwort
 
 
 
 
 
 
 
Video-Empfehlung des Monats
 
EuGH zur Arbeitszeiterfassung: Tschüss Vertrauensarbeitszeit?
 
 
 
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Aktuelles aus den Arbeitsgerichten
 
EuGH zur Arbeitszeiterfassung: Das Ende der Vertrauensarbeitszeit?
 
 
  Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 14.05.2019, Az.: C-55/18
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden: Arbeitgeber sind verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vollständig zu erfassen. Wie die Umsetzung in der Praxis funktioniert, bleibt jedoch abzuwarten.

Der Fall:
Die spanische Gewerkschaft CCOO hatte die Deutsche Bank in Spanien verklagt. Die Arbeitnehmervertreter forderten, ein System zur Erfassung der gesamten Arbeitszeit einzuführen. Denn die Anzahl der Überstunden könne nur korrekt ermittelt werden, wenn die gesamte Arbeitszeit dokumentiert wird. Derzeit würden 53,7 % der Überstunden in Spanien gar nicht erfasst. Der Nationale Gerichtshof in Madrid brachte den Streit vor den Europäischen Gerichtshof.

Die Entscheidung des Gerichts:
Die Richter in Luxemburg urteilten im Sinne der EU-Arbeitszeitrichtlinie und der Grundrechtecharta der Europäischen Union. Arbeitgeber sind grundsätzlich verpflichtet, ein System zur umfassenden Arbeitszeiterfassung zu installieren. Denn es müsse gewährleistet sein, dass den Arbeitnehmern die täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten und die Obergrenze für die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der Arbeitszeitrichtlinie tatsächlich zugutekommen. Nur so könne der durch die EU-Grundrechtecharta und die Arbeitszeitrichtlinie bezweckte Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer tatsächlich einer Kontrolle durch Behörden und Gerichte zugeführt werden.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie:
Das EuGH-Urteil sieht vor, Arbeitszeit vollständig zu erfassen. Wie das Urteil in die Praxis umgesetzt werden soll, ist allerdings noch nicht ganz klar. Denn in Deutschland gibt es für Arbeitgeber bisher keine allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, lediglich Überstunden müssen dokumentiert werden. Ebenfalls unklar ist, wie sich die Entscheidung mit dem zunehmenden Wunsch nach Flexibilisierung der Arbeitszeit verträgt. Denn die Frage, wo Arbeitszeit anfängt und wo sie aufhört, ist nicht immer eindeutig zu beantworten. Eins ist jedoch klar: Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats wurden durch das Urteil weiter gestärkt.
 
 
 
 
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Die Gefährdungsanzeige ohne Gefährdung
 
 
  Urteil vom 12.09.2018, Az.: 14 Sa 140/18
Riskieren Arbeitnehmer eine Abmahnung oder vielleicht sogar eine Kündigung, wenn sie sich zu Unrecht beschweren? Häufig ist es für Arbeitnehmer gar nicht so einfach zu entscheiden, ob eine Gefährdung vorliegt oder nicht. Dieses Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen bringt Klarheit.

Der Fall:
Die Arbeitnehmerin in diesem Urteilsfall war auf einer Pflegestation eingesetzt worden. Die Patientin kannte sie nicht. Dann meldete sie sich vor einem Schichtbeginn bei ihrem Pflegedienstleiter und teilte mit, dass sie die Besetzung für nicht ausreichend erachte. Sie füllte dann zusätzlich das Formular „Gefährdungsanzeige zu Qualitätsmängeln" (auch: Beschwerde gem. § 84 BetrVG) aus, in dem sie darauf hinwies, dass im Zweifelsfall Krisen der Patienten nicht erkannt werden könnten, da nahezu alle Patienten für sie und die zwei Auszubildenden auf der Station unbekannt seien. Für diese Beschwerde erhielt sie eine Abmahnung. Dagegen zog sie vor Gericht und verlangte die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.

Die Entscheidung des Gerichts:
Die Abmahnung musste tatsächlich aus der Personalakte entfernt werden. Es bestand zwar lediglich aus der subjektiven Sicht der Arbeitnehmerin eine Gefahr, die sich tatsächlich nicht verwirklicht hatte. Trotzdem rechtfertigte das noch lange keine Abmahnung. Eine Pflichtverletzung kann nur vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer aus sachfremden Erwägungen oder geradezu leichtfertig eine Gefahr meldet, von der er annehmen musste, dass eine solche nicht vorlag.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie:
Die Abmahnung eines Arbeitnehmers ist also nur bei bewussten oder leichtsinnig falschen Gefährdungsanzeigen gerechtfertigt. Und eine Kündigung wird darauf jedenfalls beim ersten Verstoß in keinem Fall gestützt werden können.
 
 
 
 
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Die angefochtene Betriebsratswahl
 
 
  Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 24.9.2018, Az.: 16 TaBV 50/18
Aus Fehlern anderer Betriebsräte oder Wahlvorstände kann man lernen, damit uns selbst so etwas nicht passiert.

Der Fall:
Es ging um eine Betriebsratswahl. Ca. 2 Stunden vor Ende der Stimmabgabe begann der Wahlvorstand im Wahlraum damit, die Freiumschläge der Briefwähler zu öffnen, die Stimmabgabe in der Wählerliste zu vermerken und die Wahlumschläge in die Urne zu werfen. Der Zeitpunkt des Beginns der Öffnung der Freiumschläge war nicht gesondert öffentlich bekanntgegeben worden. Eine Gewerkschaft hatte die Wahl deshalb angefochten und war vor das Arbeitsgericht gezogen.

Die Entscheidung des Gerichts:
Die Betriebsratswahl war wirksam angefochten worden und damit unwirksam. Eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren war verletzt worden. Die Öffnung der Freiumschläge der Briefwähler hat nach § 26 Abs. 1 Wahlordnung BetrVG in öffentlicher Sitzung des Wahlvorstands zu erfolgen, welche dieser zuvor durch Angabe des Orts und des Zeitpunkts bekanntgeben muss. Außerdem gab es ein weiteres Fehlverhalten: Zwar hat der Wahlvorstand die Freiumschläge unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe in öffentlicher Sitzung zu öffnen. Jedoch ist ein Beginn 2 Stunden vor Ende der Stimmabgabe zu früh.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie:
Eine Betriebsratswahl ist also anfechtbar und dann auch unwirksam, wenn die Umschläge der Briefwahlunterlagen lange vor Abschluss der Stimmabgabe geöffnet werden.
 
 
 
 
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Von vielen Pflichtverstößen zur Kündigung
 
 
  Urteil vom 06.09.2018, Az.: 6 Sa 64/18
Ein durchaus interessanter Fall des Landesarbeitsgerichts Köln, in dem einem Arbeitnehmer viele „kleine“ Pflichtverstöße vorgeworfen wurden.

Der Fall:
Im Arbeitsvertrag hatten der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber dieses Falls vereinbart, dass Nebentätigkeiten nicht durchgeführt werden durften. Trotzdem gründete der Arbeitnehmer eine Immobilienberatungsgesellschaft. Während der Arbeitgeber dem Nebenerwerb zunächst zustimmte, argumentierte er später, er sei nicht rechtzeitig informiert worden. Streit gab es außerdem wegen verschiedener kurzfristiger und nicht rechtzeitiger Krankmeldungen. Ein Meeting sagte der Arbeitnehmer erst eine Minute vor Beginn krankheitsbedingt ab. Zudem weigerte er sich, in einem anderen Unternehmensteil zu arbeiten, wo er seiner Meinung nach nicht vertragsgemäß beschäftigt würde. Dann reichte es dem Arbeitgeber und er kündigte das Arbeitsverhältnis. Nach seiner Auffassung bestand in der Gesamtschau durch die einzelnen kleineren Pflichtverletzungen eine Situation, in der es ihm nicht mehr zumutbar war, weiter mit dem Arbeitnehmer zu arbeiten. Der Arbeitnehmer reicht eine Kündigungsschutzklage ein.

Die Entscheidung des Gerichts:
Das Landesarbeitsgericht Köln war auf der Seite des Arbeitnehmers. Die Kündigung war sowohl als fristlose Kündigung mangels wichtigen Grundes als auch als ordentliche Kündigung mangels sozialer Rechtfertigung unverhältnismäßig. Auch bei vielen kleinen einzelnen Pflichtverstößen ist eine Abmahnung nicht entbehrlich.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie:
Bei mehreren einzelnen Pflichtverstößen des Arbeitnehmers, die jeweils alleine eine Kündigung nicht rechtfertigen, summiert sich also ohne Abmahnung kein Gesamtverstoß von so erheblichem Ausmaß, dass eine Kündigung ohne Abmahnung gerechtfertigt wäre. Das ist auch für Betriebsräte bei der Anhörung zu einer Kündigung wichtig zu wissen.
 
 
 
 
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Die Einigung auf ein Zeugnis im gerichtlichen Vergleich
 
 
  Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.01.2019, Az.: 8 Ta 396/18
So wie in diesem Fall, sollten Arbeitnehmer in Gerichtsverfahren vorgehen.

Der Fall:
In diesem Fall hatten sich die Parteien vor dem Arbeitsgericht getroffen und einen Vergleich abgeschlossen. Danach sollte der Arbeitnehmer ein Zeugnis mit der Note „gut“ erhalten. Außerdem stand noch folgendes im Vergleich: „Der Kläger ist hierzu berechtigt, einen schriftlichen Entwurf bei der Beklagten einzureichen, von dem die Beklagte nur aus wichtigem Grund abweichen darf." Der Arbeitnehmer reichte einen entsprechenden Zeugnisentwurf beim Arbeitgeber ein. Der hielt sich aber nicht an den Vergleich und nicht an den vom Arbeitnehmer vorformulierten Vergleichstext. Der Arbeitnehmer beantragte deshalb, ein Zwangsgeld in Höhe von 500 € und ersatzweise einen Tag Zwangshaft für je 100 € festzusetzen.

Die Entscheidung des Gerichts:
Das Landesarbeitsgericht war auf der Seite des Arbeitnehmers. Wird in einem gerichtlichen Vergleich die Beurteilung „gut" für die Führungs- und Leistungsbeurteilung im Arbeitszeugnis aufgenommen, fehlt es zwar an sich an der für eine Zwangsvollstreckung notwendigen Bestimmtheit für die Vollstreckung. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Vergleich festlegt, dass das Zeugnis nach Maßgabe eines Entwurfs des Arbeitnehmers zu erstellen ist und eine Abweichung nur aus wichtigem Grund möglich ist. In einem solchen Fall haben die Parteien die Formulierungshoheit des Arbeitgebers maßgeblich eingeschränkt und diese dem Arbeitnehmer übertragen. Es liegt damit an ihm zu entscheiden, welche positiven oder negativen Leistungen er stärker hervorheben will. Das Zeugnis war also vollstreckbar und der Arbeitgeber musste ein Zwangsgeld zahlen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie:
In einem gerichtlichen Vergleich sollte also entweder das komplette Zeugnis in seinem vollständigen Wortlaut aufgenommen werden oder zumindest das Recht des Arbeitnehmers, dass das Zeugnis nach Maßgabe seines Entwurfs zu erstellen ist und eine Abweichung nur aus wichtigem Grund möglich ist. Wird in einem gerichtlichen Vergleich lediglich die Beurteilung „gut" im Arbeitszeugnis aufgenommen, ist ein solches Zeugnis nicht vollstreckbar, da es nicht bestimmt genug ist.
 
 
 
 
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Unterrichtungsrechte des Betriebsrats bei Arbeitsunfällen
 
 
  Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 12.03.2019, Az.: 1 ABR 48/17
Über Unfälle am Arbeitsplatz von Arbeitnehmern ist der Betriebsrat zu informieren. Aber was ist bei betriebsfremden Personen?

Der Fall:
Im Rahmen von Werkverträgen waren auf einem Betriebsgelände auch Arbeitnehmer anderer Unternehmen tätig. Zwei Beschäftigte dieser Unternehmen verletzten sich beim Beladen von Paletten. Der Betriebsrat des Unternehmens, auf dessen Betriebsgelände die Unfälle geschehen waren, verlangte nun die Vorlage von Kopien der Unfallanzeigen. Als er diese nicht erhielt, zog er vor Gericht. Er beantragte zudem, dass er künftig über entsprechende Arbeitsunfälle von Fremdpersonal informiert werden muss.

Die Entscheidung des Gerichts:
Das sah das Bundesarbeitsgericht genauso. Denn nach § 89 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz muss der Betriebsrat vom Arbeitgeber bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung stehenden Fragen hinzugezogen werden. Deshalb hat der Betriebsrat auch einen entsprechenden Auskunftsanspruch. Davon umfasst sind auch Unfälle, die Arbeitnehmer erleiden, die weder bei der Arbeitgeberin angestellt noch deren Leiharbeitnehmer sind. Denn aus den Arbeitsunfällen auch des Fremdpersonals können für den Arbeitsschutz relevante Erkenntnisse gezogen werden. Kopien der Unfallanzeigen hat der Betriebsrat allerdings nicht erhalten.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie:
Der Betriebsrat muss nunmehr auch über Arbeitsunfälle von Fremdpersonal durch den Arbeitgeber unterrichtet werden. Der Betriebsrat sollte dieses Recht spätestens anlässlich des nächsten Monatsgesprächs einfordern.
 
 
 
 
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Die Auflösung: Wie viel Urlaub muss am Stück genommen werden?
 
 
  Häufige Kurzurlaube sind schlecht für die Erholung. Auch wenn wir alle natürlich die langen Wochenenden im Mai und Juni gerne nutzen. Arbeitnehmer, die häufig Kurzurlaube von ein paar Tagen machen, erholen sich aber nicht richtig.
Der Urlaub ist zusammenhängend zu nehmen und zu gewähren. Mindestens 12 Urlaubstage müssen Arbeitnehmer deshalb jedes Jahr am Stück nehmen nach § 7 Absatz 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Das gilt jedenfalls dann, wenn sie mindestens zwölf Tage Anspruch auf Urlaub haben. Diese drei Fragen zeigen, wann der Arbeitgeber die Beantragung von halben oder einzelnen Tagen Urlaub ablehnen darf:
  1. Hat der Mitarbeiter im laufenden Jahr bereits einen zusammenhängenden Urlaub von mindestens 12 Tagen erhalten?
  2. Befinden sich auf dem Urlaubskonto Ihres Mitarbeiters noch mehr als 12 Tage?
Nur wenn Ihre Antwort auf eine dieser beiden Fragen „Ja“ lautet, kann der Arbeitnehmer in diesem Jahr noch halbe oder einzelne Urlaubstage nehmen.
Aber, wie gesagt: Natürlich muss überhaupt ein Anspruch von zwölf Urlaubstagen pro Kalenderjahr besteht.
Und: Das heißt nicht, dass der Arbeitgeber bei längeren Urlaubswünschen immer nur "Ja" sagen muss. Im Gegenteil: Selbst einen 12-Tage-Urlaub am Stück kann er ablehnen, wenn
  • dringende betriebliche Gründe, wie z. B. eine Projektarbeit oder das Saisongeschäft, oder
  • entgegenstehende Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen,
existieren.
 
 
 
 
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