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Die Einigungsstelle ist eine unabhängige Schlichtungsstelle und dient der Lösung von Konflikten in Angelegenheiten, die der Mitbestimmung unterliegen nach § 76 BetrVG. Haben Sie als Betriebsrat oder hat Ihr Arbeitgeber die Einigungsstelle angerufen, wird dort verhandelt. Ihr Ziel ist es, so viel wie möglich von Ihren Vorstellungen durchzusetzen.
In der Regel wird die Einigungsstelle nur im Bedarfsfall eingerichtet. Das hat den Vorteil, dass sie mit Experten zu dem jeweiligen Gebiet besetzt werden kann. Es ist allerdings auch die Einrichtung einer dauernd bestehenden Einigungsstelle möglich. Dazu sollten Sie mit Ihrem Arbeitgeber eine entsprechende Betriebsvereinbarung abschließen.
So wird eine Einigungsstelle gebildet
Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG sind Sie gemeinsam mit Ihrem Arbeitgeber verpflichtet, strittige Fragen vorrangig durch Verhandlungen zu lösen. Aufgrund dieser Verhandlungspflicht kommt die Anrufung der Einigungsstelle grundsätzlich erst in Betracht, wenn zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber Verhandlungen stattgefunden haben und diese auch tatsächlich gescheitert sind. Macht es nach entsprechenden Verhandlungen keinen Sinn mehr, weiter mit Ihrem Arbeitgeber zu diskutieren, können Sie als Betriebsrat bei Ihrem Arbeitgeber in allen Angelegenheiten, die Ihrer Mitbestimmung unterliegen, die Errichtung einer Einigungsstelle beantragen. In diesem Antrag müssen Sie die Sache, die Sie geregelt haben wollen, beschreiben. Zugleich haben Sie sich zur Anzahl der Beisitzer sowie zur Person des Vorsitzenden zu äußern.
Die Anzahl der Beisitzer
Die Einigungsstelle setzt sich aus einem Vorsitzenden und einer gleichen Zahl von Beisitzern (meistens 2 pro Seite) zusammen, die jeweils von Ihnen als Betriebsrat und Ihrem Arbeitgeber gestellt werden (§ 76 Abs. 2 BetrVG).
Auf den Vorsitzenden müssen Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber gemeinsam einigen. Gelingt das nicht, bestimmt das Arbeitsgericht den Vorsitzenden.
Die Wahl des Vorsitzenden
Der Vorsitzende ist besonders wichtig für Sie. Denn er entscheidet allein über wichtige Modalitäten des Verfahrens. Ihren Vorschlag hinsichtlich einer Person sollten Sie deshalb auch taktisch überdenken. Und im Zweifel ist seine Stimme die entscheidende Stimme.
Die Anzahl der Beisitzer
Die Beisitzer können erheblichen Einfluss auf den Gang und das Ergebnis des Einigungsstellenverfahrens haben. Ihre Sachkunde, Redegewandtheit und Überzeugungskraft bestimmen häufig die Richtung der Verhandlungen. Überlegen Sie sich deshalb frühzeitig, wer für die Durchsetzung Ihrer Position am besten geeignet ist.
Überprüfen Sie im Zweifel zudem, ob die von Ihrem Arbeitgeber vorgeschlagene Zahl an Beisitzern dem Problem und Ihren Bedürfnissen angemessen ist. Dabei gilt grundsätzlich: Je komplizierter die Materie und je mehr Beschäftigte betroffen sind, desto mehr Beisitzer sollte es geben. Schlagen Sie Ihrem Arbeitgeber im Zweifelsfall vor, die Anzahl der Beisitzer zu erhöhen. Kommt hier keine Einigung zustande, entscheidet wieder das Arbeitsgericht.
Externe Beisitzer
Die Beisitzer müssen keine Kollegen aus dem eigenen Betriebsrat oder überhaupt aus dem eigenen Unternehmen sein. Sie können also zum Beispiel als Beisitzer den Vorsitzenden des Betriebsrats, ein Mitglied der Gewerkschaft, einen Sachverständigen, einen Rechtsanwalt oder den Kollegen eines völlig anderen Betriebsrats, der sich in der Sache gut auskennt, benennen. Das Problem bei externen Beisitzern besteht darin, dass für Ihren Arbeitgeber eine Vergütungspflicht besteht.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) wird die Bestellung eines externen Beisitzers einer Einigungsstelle nach § 76 BetrVG nicht daraufhin überprüft, ob die Bestellung erforderlich war. Sie kann jedoch sachwidrig sein und damit gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG verstoßen. Die Rechtsprechung prüft im Umkehrschluss lediglich, ob ein Bewerber gegebenenfalls offensichtlich ungeeignet ist. Andernfalls ist von einer Eignung auszugehen.
Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit
Der Betriebsrat und der Arbeitgeber haben den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu beachten. Hier hat das BAG sich bereits mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob sachwidrige Gründe bei der Besetzung einer Einigungsstelle diesem Grundsatz entgegenstehen (Beschluss vom 24.4.1996, Az. 7 ABR 40/95).
So kann eine Auswahlentscheidung, die etwa dazu dienen soll, die Kosten der Einigungsstelle zu erhöhen und damit einen Einigungsdruck auf den Arbeitgeber auszuüben, auf sachwidrigen Gründen beruhen.
Aber auch, wenn ausschließlich außerbetriebliche Beisitzer mit eigenem Vergütungsanspruch bestellt werden, kann der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit verletzt sein. Die Tätigkeit der Einigungsstelle ist auf eine Beseitigung von Konflikten vornehmlich auf dem Weg der Herbeiführung eines für beide Seiten akzeptablen Kompromisses ausgerichtet. Die vom Betriebsrat bestellten Beisitzer vertreten dabei die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer nicht mangels Loyalität gegenüber der Arbeitgeberseite, sondern aufgrund der ihnen vom Gesetz zugewiesenen Rolle. Sie sind nach § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG verpflichtet, ihre Entscheidung unter angemessener Berücksichtigung nicht nur der Interessen der betroffenen Arbeitnehmer, sondern auch der betrieblichen Belange und nach billigem Ermessen zu treffen (BAG, Beschluss vom 13.5.2015, Az.: 2 ABR 38/14).
Der Arbeitgeber ist im Bestellungsverfahren der Beisitzer nicht rechtlos gestellt. Das gesetzlich vorgesehene Korrektiv gegen eine übermäßige und damit kostenträchtige Heranziehung externer Beisitzer findet sich im Einigungsstellenbesetzungsverfahren nach § 100 ArbGG. Danach entscheidet das Arbeitsgericht über die Zahl der Einigungsstellenmitglieder. Dabei hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, durch entsprechenden Sachvortrag darauf hinzuwirken, bei einfach gelagerten Einigungsstellenverfahren die Anzahl der Beisitzer auf das gesetzlich vorgesehene Mindestmaß – nämlich ein Beisitzer für jede Seite – zu beschränken (BAG, Beschluss vom 24.4.1996, Az. 7 ABR 40/95).
Wollen Sie als Betriebsrat andererseits mehr als zwei Beisitzer je Seite durchsetzen, so werden Sie Ihrerseits entsprechenden Sachvortrag leisten müssen, zum Beispiel zur Komplexität des zu regelnden Sachverhalts, zur Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen, zur Schwierigkeit der Rechtsfragen oder der Zumutbarkeit der Kosten der Einigungsstelle.
Sie werden deshalb auch darlegen müssen, warum und wie viele externe Beisitzer notwendig sind.
Der Vergütungsanspruch der Beisitzer
Der Vergütungsanspruch jedes Mitglieds der Einigungsstelle entsteht unabhängig davon, ob das Tätigwerden des Beisitzers erforderlich oder verhältnismäßig ist. Maßstab sind allein die Regeln des § 76a BetrVG. Der Vergütungsanspruch ist nach der gesetzlichen Konzeption nicht auf die Freistellung von Kosten gerichtet, sondern begründet einen unmittelbaren Anspruch des Einigungsstellenmitglieds auf Vergütung. Er wird auch nicht etwa durch Vertrag mit dem Betriebsrat begründet, dessen Mitglieder dann gegebenenfalls selbst gegenüber dem Vertragspartner haften würden.
Meist wird die Tätigkeit auf der Grundlage eines festen Tages- oder Stundensatzes abgerechnet. Zulässig ist auch die Vereinbarung eines Pauschalhonorars. Die Höhe des Stundensatzes bestimmt sich je nach Schwierigkeit der Streitigkeit und den sonstigen Umständen des Einzelfalls. Die Stundensätze sind nach der ständigen, mittlerweile aber auch älteren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für den Vorsitzenden mit 100 bis 300 € angemessen.
Ein Beisitzer erhält grundsätzlich 70 % von diesem Betrag, zuzüglich etwaiger Auslagen und der Mehrwertsteuer.
Die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs
Die Höhe des Vergütungsanspruchs für die Beisitzer richtet sich nach § 76a Abs. 3 bis 5 BetrVG in Verbindung mit § 315 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 BGB. Damit ist der Vergütungsanspruch nach der Billigkeit zu bemessen. Solange die Bestimmung durch das Einigungsstellenmitglied nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich und die Vergütung nicht durch rechtskräftiges Urteil nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB festgesetzt worden ist, ist der Vergütungsanspruch nicht fällig und der Arbeitgeber gerät nicht in Verzug. Solange kann der Beisitzer daher weder Verzugszinsen, noch so genannte Honorardurchsetzungskosten, zum Beispiel für die Beauftragung eines Rechtsanwalts, nach § 286 BGB verlangen.
Beschlussverfahren einleiten
Entscheiden Sie sich nach eingehender Beratung, eine Einigungsstelle einrichten zu lassen und weigert sich Ihr Arbeitgeber, sollten Sie dann bei dem zuständigen Arbeitsgericht ein Beschlussverfahren einleiten nach den §§ 80, 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG. Dieses richtet sich gegen Ihren Arbeitgeber. Die Einigungsstelle ist noch nicht beteiligt, da sie ja erst eingesetzt werden soll.
Tipp: Rechtsanwalt bevollmächtigen
Bevollmächtigen Sie für die Durchführung des Gerichtsverfahrens unbedingt einen Rechtsanwalt. Das erhöht Ihre Erfolgschancen.
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