Nein zur Schulung | Kündigung BV | Religionsfreiheit  
 
W.A.F. - Newsletter 2017
 
 
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  Inhalt

Top-Thema des Monats
Wenn der Arbeitgeber eine Schulung verweigert…
Betriebsräte haben das Recht, an Schulungen teilzunehmen. Doch was, wenn der Arbeitgeber dieses Recht verweigert?

Testen Sie Ihr Betriebsratswissen
Wie wird eine Betriebsvereinbarung gekündigt?

Video-Empfehlung des Monats
Religionsfreiheit im Betrieb – Was Betriebsräte jetzt wissen müssen

Aktuelles aus den Arbeitsgerichten
Altregelungen aus betriebsratsloser Zeit
Das problematische Recht auf eine Arbeitszeiterhöhung
Die frühere Stasitätigkeit
Der Anspruch auf Wiedereinstellung im Kleinbetrieb
Ist ein BEM bei einer Versetzung erforderlich?
Heimliche Nacktaufnahmen

Seminarempfehlung
für neu gewählte Betriebsräte
 
 
 
Liebe Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat,

wir wünschen Ihnen ein frohes und gesundes neues Jahr! Starten Sie gut in den Endspurt vor der BR-Wahl!

Im Schwerpunktthema dieser Ausgabe lesen Sie alles zu Ihren Rechten, wenn Ihr Arbeitgeber eine Betriebsratsschulung verweigern sollte. Aus der Rechtsprechung haben wir Ihnen einen interessanten Fall zu Altregelungen aus einer betriebsratslosen früheren Zeit dargestellt. Was ist mit den Regelungen, wenn dann erstmals ein Betriebsrat gewählt wird? Weiterhin geht es um das Recht auf eine Arbeitszeiterhöhung, um eine frühere Stasitätigkeit und vieles mehr.

Außerdem haben wir den Eindruck, dass in vielen Betrieben derzeit die Schrauben wieder etwas fester angezogen werden. Daraus folgt, dass auch ungeschriebene Spielregeln, die es in fast jedem Betrieb gibt, auf dem Prüfstand stehen. Wird Ihrem Arbeitgeber das plötzlich alles zu viel und will er diese ungeschriebenen Gesetze ändern, sind Sie als Betriebsrat gefragt. Denn so ganz allein kann er die betrieblichen Gepflogenheiten nicht aufkündigen. Sie müssen nämlich zustimmen, wenn Ihr Chef neue Sitten einführen möchte.

Herzliche Grüße
Ihr W.A.F. Team
 
 
 
 
 
 
 
   
 
  Top-Thema des Monats  
 
  Wenn der Arbeitgeber eine Schulung verweigert…  
 
  Manche Arbeitgeber schaffen dadurch Fakten, dass sie die Teilnahme an einer Schulung einfach verweigern. Doch ganz so einfach geht es sicherlich nicht.

Möchten Sie ein Mitglied Ihres Betriebsrats zu einer Schulung schicken,
  • haben Sie einen entsprechenden Beschluss zu fassen und
  • Ihren Arbeitgeber darüber zu informieren.
Viele Betriebsräte treten in das 4. und vielleicht letzte Jahr ihrer Amtszeit ein, denn 2018 ist Wahljahr. So manch ein Arbeitgeber wird sich das zunutze machen. Er wird das Argument vorbringen, dass Sie bereits Erfahrung haben und viel wissen. Deshalb könnte er auf die Idee kommen, Ihre Fortbildungspläne auf ein Minimum zu reduzieren.

Also: Was tun, wenn der Arbeitgeber sich weigert? Oder noch schlimmer: Er macht zunächst gar nichts. Er ist nach dem BetrVG nicht verpflichtet zu reagieren. Setzen Sie auf Verhandlungen. Die vom Arbeitgeber anzurufende Einigungsstelle und das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren sind erst der letzte Schritt.

1. Schritt: Sie sind gut vorbereitet!
Bevor Sie in das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber eintreten, sollten Sie Ihre Antworten auf die folgenden Fragen bereits vorbereitet haben:
  • Wie vermittele ich dem Arbeitgeber, dass die Schulung erforderlich ist?
  • Was will der Arbeitgeber erreichen?
  • Mit welchen Argumenten wird der Arbeitgeber Sie überzeugen wollen?
  • Welches ist Ihr zentrales Argument?
  • Womit können Sie überzeugen?
2. Schritt: Sie verhandeln richtig!
In den meisten Fällen werden Sie einen Anspruch auf die Entsendung eines Kollegen haben.
  • Machen Sie sich als Betriebsrat zunächst ein Bild davon, worum es eigentlich geht und wo die Probleme wirklich liegen. In der Praxis führt oft eine mangelhafte Kommunikation dazu, dass ein Arbeitgeber blockiert.
  • Lassen Sie Ihren Arbeitgeber die Situation aus seiner Sicht darstellen.
  • Schildern Sie die Sachlage im Anschluss aus Ihrer Sicht. Stellen Sie ausdrücklich klar, dass ein Anspruch auf die Durchführung der Schulung besteht, die Schulung erforderlich ist und Sie die betrieblichen Notwendigkeiten berücksichtigt haben.
  • Gehen Sie auf Ihren Arbeitgeber zu: Selbst wenn Sie im Recht sind, kann es noch Kompromisse geben, etwa bei der Wahl des Schulungsanbieters, der Länge der Schulung, der Kosten des Hotels oder bei der zeitlichen Lage.

3. Schritt: Sie bringen die Verhandlungen zu einem Abschluss!
Nun sollten Sie alles daransetzen, eine einvernehmliche Lösung zu vereinbaren – und zwar schriftlich und verbindlich. Ist das nicht möglich, dürfen Sie jetzt nicht klein beigeben. Sie haben auf dem Verhandlungsweg alles versucht. Nun müssen Gericht und Einigungsstelle entscheiden. Denken Sie stets daran: Wenn Sie einmal etwas androhen, müssen Sie auch konsequent bleiben. Sonst werden Sie unglaubwürdig.

Verhandlungen gescheitert
Kommen Sie mit Verhandlungen nicht weiter, sollten Sie wissen, wie Sie und Ihr Arbeitgeber nun reagieren können.

Der Arbeitgeber unternimmt nichts!
Die Folge: Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, kann er die Einigungsstelle anrufen. Da für die Anrufung im Gesetz keine Frist vorgesehen ist, wird häufig in Anlehnung an § 38 Abs. 2 S. 4 und 7 BetrVG eine 2-Wochen-Frist als angemessen angesehen. Unternimmt der Arbeitgeber innerhalb dieser Frist nichts, ist in aller Regel davon auszugehen, dass der beabsichtigten Schulung des Betriebsratsmitglieds keine betrieblichen Bedenken entgegenstehen.
Über die weiteren Anspruchsvoraussetzungen der Schulung (z.B. Erforderlichkeit) wird hierdurch jedoch keine Aussage getroffen. Ein Streit hierüber bedarf einer arbeitsgerichtlichen Entscheidung im Beschlussverfahren.

Der Arbeitgeber widerspricht der Maßnahme!
Die Folge: Der Betriebsrat muss die Entsendung zur Schulung bis zur Klärung der Streitfrage zurückstellen. Im Falle, dass der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt hält, hat er die Einigungsstelle anzurufen.
Hält der Arbeitgeber die Schulung dagegen aus sonstigen Gründen für nicht notwendig (z.B. mangelnde Erforderlichkeit, zu hohe Kosten etc.) muss hierüber im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren entschieden werden. Ein solches wird in der Regel vom Betriebsrat eingeleitet.

Der Arbeitgeber bestreitet die Erforderlichkeit einer Schulung!
Die Folge: Sie wenden sich als Betriebsrat an das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet im Wege des Beschlussverfahrens (§ 2a ArbGG). Das Verfahren müssen Sie als Gremium für das betroffene Betriebsratsmitglied führen.

Der Arbeitgeber will die Kosten eines Seminars im Sinn des § 37 Abs. 6 BetrVG nicht übernehmen!
Die Folge: Notwendige Fahrt-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten und die Schulungskosten selbst muss Ihr Arbeitgeber übernehmen (§ 37 Abs. 6 BetrVG i. V. m. § 40 BetrVG). Da sich der Anspruch auf die Kostentragung auf eine Betriebsratstätigkeit bezieht, liegt eine betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeit vor. Das Arbeitsgericht ist zuständig.

Der Arbeitgeber hält die Fortbildung für überteuert!
Die Folge: Sie leiten wieder ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren ein. In diesem wird der Arbeitgeber belegen müssen, dass die Kosten zu hoch sind. Das heißt: Er selbst wird eine kostengünstigere gleichwertige Schulung benennen müssen.
 
 
 
 
 
 
 
Testen Sie Ihr Betriebsratswissen
 
Wie wird eine Betriebsvereinbarung gekündigt?
 
 
  Dieses Urteil des Bundesarbeitsgerichts setzt sich ausführlich damit auseinander, unter welchen formellen Voraussetzungen der Betriebsrat eine bestehende Betriebsvereinbarung kündigen kann. Oder wissen Sie es auch so?
 
 
 
Zur Antwort
 
 
 
 
 
 
 
Video-Empfehlung des Monats
 
Religionsfreiheit im Betrieb
 
Heute: Was Betriebsräte jetzt zum Thema Religionsfreiheit wissen müssen.
 
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Aktuelles von den Arbeitsgerichten
 
Altregelungen aus betriebsratsloser Zeit
 
 
  Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 09.05.2017, Az. 7 TaBV 125/16
„Das war hier schon immer so!“ gilt nicht, wenn es einen neuen Betriebsrat gibt.

Der Fall: Bei einem Paketzustelldienst gab es ursprünglich keinen Betriebsrat. In den Arbeitsverträgen war unter anderem auf eine allgemeine Betriebsordnung verwiesen worden, die eine wöchentliche Arbeitszeit von bis zu 52 Stunden regelte. Dann wurde ein Betriebsrat gewählt. Dieser neue Betriebsrat teilte dem Arbeitgeber mit, dass er die Arbeitszeit-Betriebsordnung für unverbindlich halte. Die Arbeitgeberin sah das anders und schließlich forderte der Betriebsrat unter anderem die Unterlassung der Anordnung von Mehrarbeit und zog vor Gericht.

Die Entscheidung des Gerichts: Alles, was über 39 Stunden hinausging, verletzte den Betriebsrat in seinem Mitbestimmungsrecht. Denn dieser hatte nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG beim Beginn und beim Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen mitzubestimmen, ebenso, wie bei einer vorübergehenden Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Die alten Betriebsordnungen hätten zwar grundsätzlich noch weiter fortbestanden mit der Folge, dass der Betriebsrat nur eine Verhandlungsoption und das Recht zur Anrufung der Einigungsstelle gehabt hätte. Die Regelungen waren jedoch nicht wirksam mit den einzelnen Arbeitnehmern in deren Arbeitsverträgen vereinbart worden. Denn Arbeitsbedingungen, die einseitig durch den Arbeitgeber geändert werden können, sind formularmäßig nicht in Arbeitsverträgen ohne weiteres vereinbar.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Ein Betriebsrat kann also einen Anspruch auf Unterlassung von Regelungen aus Zeiten verlangen, in denen es noch keinen Betriebsrat im Unternehmen gab.
 
 
 
 
  Betriebsverfassungsrecht Teil II
  • Wichtiges über Einstellungen, Kündigungen und soziale Mitbestimmung erfahren
  • Wissen, wann sich der BR beraten lassen und wie er seine Beteiligungsrechte durchsetzen kann
  • Wertvolle Anregungen für die praktische BR-Arbeit erhalten
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Das problematische Recht auf eine Arbeitszeiterhöhung
 
 
  Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.7.2017, Az. 9 AZR 259/16
Arbeitnehmer haben kein Anrecht auf die Erhöhung der Arbeitszeit. Was aber, wenn der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber bewusst übergangen wurde.

Der Fall: Eine Krankenschwester war von einer vollen Stelle auf eine halbe Stelle im Wege der Arbeitszeitreduzierung gewechselt. Dann beantragte sie die Rückkehr auf eine volle Stelle unter Hinweis auf § 9 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Danach muss ein Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer,
  • der ihm den Wunsch nach einer Verlängerung seiner Arbeitszeit angezeigt hat,
  • bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigen,
  • es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer entgegenstehen.
Der Arbeitgeber überging die Krankenschwester jedoch einfach und stellte sechs Wochen später fünf neue examinierte Krankenschwestern ein. Daraufhin erhob die Krankenschwester eine Klage auf Erhöhung ihrer Arbeitszeit.

Die Entscheidung des Gerichts: Vergeblich! Der Arbeitgeber war nicht (mehr) verpflichtet, die wöchentliche Stundenzahl zu erhöhen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung, nämlich dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht, gab es im Krankenhaus keine freie Stelle mehr. Dem Arbeitgeber waren damit durch die Einstellung der fünf Krankenschwestern die Erfüllung der Verpflichtung zur Aufstockung der Arbeitszeit unmöglich geworden. Trotzdem gibt es Licht am Horizont, denn das Bundesarbeitsgericht sagte auch: Besetzt der Arbeitgeber eine freie Stelle und führt dies zum Untergang des Anspruchs des Arbeitnehmers auf Vertragsänderung, haftet er auf Schadensersatz. Der Schadensersatzanspruch führt aber nicht zu einem Anspruch auf Vertragsänderung. Ein solcher Anspruch widerspräche der Wertung des § 15 Abs. 6 AGG, wonach bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen ein Benachteiligungsverbot grundsätzlich kein Anspruch auf die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses besteht. Es besteht „nur“ ein Anspruch auf den finanziellen Ausgleich der Nachteile.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer können also die Erhöhung der Arbeitszeit nicht erzwingen, wenn der Arbeitgeber die Stellen während des laufenden Gerichtsverfahrens oder auch vorher besetzt. Er macht sich dann aber schadensersatzpflichtig und die Geltendmachung eines finanziellen Ausgleichs ist möglich.
 
 
 
 
  Teilzeit- und Befristungsgesetz
  • Das Teilzeit- und Befristungsgesetz kennenlernen
  • Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats nutzen
  • Aktuelle Rechtsprechung von EuGH und BAG anwenden können
  • Kollegen bei der Wahrung ihrer Interessen sach- und fachgerecht unterstützen
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Die frühere Stasitätigkeit
 
 
  Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.10.2017, Az. 5 Sa 462/17
Die Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR kann sich auch heute noch problematisch auf Arbeitsverhältnisse auswirken. Das wird allerdings hauptsächlich im öffentlichen Dienst gelten.

Der Fall: Es ging um einen höher gestellten Mitarbeiter des Landesinstituts für Rechtsmedizin des Landes Brandenburg. In den Jahren 1988 und 1989 war er Militärarzt in der DDR und zugleich inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Im Rahmen seiner Befragung vom Land Brandenburg hatte er 1991 wahrheitswidrig diese Tätigkeit verleugnet. Als er sich dann für die Stelle des Direktors bewarb, erfuhr das Land von der MfS-Tätigkeit. Der Arbeitnehmer verneinte das noch immer. Schließlich kündigte das Land fristlos aus wichtigem Grund, wogegen der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage einreicht.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Kündigung war unwirksam. Das Ausmaß der Tätigkeit für das MfS war eher geringfügig. Sie wog nicht so schwer, als dass eine spätere Verheimlichung eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unmöglich machte. Aufgrund seiner langen, unbeanstandet gebliebenen Tätigkeit konnte dem Bundesland eine Weiterbeschäftigung zugemutet werden.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Eine Stasi-Tätigkeit rechtfertigt nicht ohne weiteres eine Kündigung aus dem öffentlichen Dienst. Und sogar die mehrfache Leugnung der Tätigkeit änderte an dieser Entscheidung nichts.
 
 
 
 
  Arbeitsrecht für Betriebsräte Teil III
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  • Beteiligungsrechte bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen konsequent nutzen
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Der Anspruch auf Wiedereinstellung im Kleinbetrieb
 
 
  Urteil vom 19.10.2017, Az. 8 AZR 845/15
Der Europäische Gerichtshof sorgt für eine (ungewünschte) Flexibilität bei der Arbeitszeit.

Der Fall: Ein Arbeitnehmer einer Apotheke hatte, ebenso wie alle anderen Kollegen, die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses erhalten. Der Arbeitgeber wollte den Betrieb aufgeben. Dann führte der Arbeitgeber den Betrieb aber doch noch einige Wochen weiter und ein anderer Arbeitgeber übernahm schließlich den Betrieb sowie drei Arbeitnehmer, aber nicht den Kollegen dieses Falls. Deshalb klagte dieser auf eine Weiterbeschäftigung bei dem neuen Arbeitgeber.

Die Entscheidung des Gerichts: Ein Wiedereinstellungsanspruch kann nur Arbeitnehmern zustehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs einer Kündigung Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz haben. Es müssen also mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt werden. Aber: In einem kleinen Betrieb kann sich ein solcher Wiedereinstellungsanspruch im Einzelfall aus dem Grundsatz von „Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte“ aus § 242 BGB ergeben. Hier hatte der Arbeitnehmer jedoch einen entscheidenden Fehler gemacht: Er hätte gegen den ehemaligen Arbeitgeber, der die Apotheke noch einige Wochen fortgeführt hatte, unter Umständen einen Anspruch gehabt. Dagegen war er jedoch in der zweiten und dritten Instanz nicht mehr vorgegangen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Der Mann hatte den Falschen verklagt. Trotzdem ist die Entscheidung wichtig, denn auch in einem Kleinbetrieb kann sich nach diesem Urteil aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ein Wiedereinstellungsanspruch ergeben.
 
 
 
 
  Umwandlung, Verkauf, Betriebsübergang Ihres Unternehmens
  • Folgen von Umstrukturierungen erfahren
  • Strategien von BR, GBR, KBR bei Umstrukturierungen kennenlernen
  • Nachteile für die Kollegen abwenden können
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Ist ein BEM bei einer Versetzung erforderlich?
 
 
  Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.10.2017, Az. 10 AZR 47/17
Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) muss immer dann durchgeführt werden, wenn Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind. Es soll geklärt werden, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden wird und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Nun stellte sich die Frage, ob ein solches BEM auch vor einer Versetzung durchzuführen ist.

Der Fall: Ein Mann wurde seit Jahren in der Nachtschicht beschäftigt. Nach längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten fand ein Krankenrückkehrgespräch statt. Im Anschluss daran versetzte die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer in eine Tätigkeit in Wechselschicht. Das wollte der sich aber nicht gefallen lassen und meinte, die Versetzung sei unwirksam. Vor der Versetzung hätte die Arbeitgeberin ein BEM durchführen müssen.

Die Entscheidung des Gerichts: Das Bundesarbeitsgericht verwies die Angelegenheit an die Vorinstanz zurück. Es muss noch durch die Vorinstanz geprüft werden, ob die Arbeitgeberin die Versetzung nach billigem Ermessen nach § 106 S. 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB durchgeführt hatte. Das Bundesarbeitsgericht urteilte allerdings auch deutlich, dass die Durchführung eines BEM keine formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Versetzung ist. Dies gilt nach den Richtern ausdrücklich auch in den Fällen, in denen die Anordnung auf Gründe gestützt wird, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers stehen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Für eine Versetzung, beispielsweise von der Nachtschicht in die Wechselschicht, ist kein betriebliches Eingliederungsmanagement erforderlich. Trotzdem darf der Arbeitgeber seine Entscheidung nur nach pflichtgemäßem Ermessen treffen. Und das kann wiederum ein Ansatzpunkt für rechtswidriges Handeln des Arbeitgebers sein.
 
 
 
 
  Betriebliches Eingliederungsmanagement Teil I
  • Rechtliche Grundlagen und Verfahrensabläufe des BEM kennenlernen
  • Beteiligungsrechte beim BEM nutzen
  • Mögliche Folgen der Nichteinführung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer kennenlernen
  • Betriebsvereinbarungen zum BEM rechtssicher abschließen
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Heimliche Nacktaufnahmen
 
 
  Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 01.11.2017, Az. 24 Ca 4261/17
Darf einem Arbeitnehmer, der heimlich Nacktaufnahmen von Kolleginnen fertigt, gekündigt werden? Das Arbeitsgericht Berlin bejaht dieses eindeutig.

Der Fall: Ein Sporttrainer filmte seine Sportlerinnen heimlich in der Umkleidekabine mit versteckter Kamera – zweifellos ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung. Eine solche fristlose Kündigung muss aber innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der Kündigungsgründe erfolgen. Und ausreichende Kenntnis über die Kündigungsgründe hatte der Arbeitgeber erst erhalten, nachdem er von der ermittelnden Staatsanwaltschaft auf mehrere Anträge und Nachfragen hin Akteneinsicht in die Ermittlungsakte erhalten hatte. Nach der Akteneinsicht hat der Arbeitgeber dann innerhalb der Zweiwochenfrist gekündigt.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Kündigung war im unmittelbaren Anschluss an die Akteneinsicht erfolgt und damit rechtzeitig. Die 2-Wochen-Frist aus § 626 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch hatte der Arbeitgeber eingehalten. Denn eine ausreichende Kenntnis über die Kündigungsgründe hatte der Arbeitgeber erst nach der Akteneinsicht erhalten.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie: Eine Kündigung eines Sporttrainers, der Sportlerinnen in der Umkleidekabine mit versteckter Kamera filmt, ist gerechtfertigt. Und wenn zur Sachverhaltsaufklärung tatsächlich in die Ermittlungsakte geschaut wird, beginnt die 2-Wochen-Frist tatsächlich erst nach der Akteneinsicht zu laufen.
 
 
 
 
  Arbeitsrecht für Betriebsräte Teil III
  • Alles über die Kündigung erfahren
  • Beteiligungsrechte bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen konsequent nutzen
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  Frohes neues Jahr und einen guten Start in das Wahljahr 2018  
 
 
 
 
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Wie wird eine Betriebsvereinbarung gekündigt?
 
 
  Eine Arbeitnehmerin hatte in ihrem Arbeitsvertrag eine Klausel vereinbart, nach der eine bestimmte Betriebsvereinbarung gelten sollte, bis die Betriebsvereinbarung wirksam gekündigt wird. Aus dieser Betriebsvereinbarung hatte sie Ansprüche auf Geld. Als der Arbeitgeber dieses nicht zahlte, klagte sie es ein. Der Arbeitgeber meinte nämlich, dass die Betriebsvereinbarung wirksam durch den Betriebsrat gekündigt worden sei, was die Arbeitnehmerin bestritt. Und so musste sich das Bundesarbeitsgericht mit der Frage beschäftigen, wie eine Betriebsvereinbarung durch den Betriebsrat zu kündigen ist (Urteil vom 27.04.2017, Az. 8 AZR 859/15).

Der Betriebsrat hatte die Betriebsvereinbarung mit Schreiben vom 04.06. gekündigt. Zuvor hatte der Betriebsratsvorsitzende die Mitglieder des Betriebsrats mit Schreiben vom 02.06. zur ordentlichen Betriebsratssitzung für den 04.06. um 11:00 Uhr eingeladen. Im Einladungsschreiben war zudem die Tagesordnung mitgeteilt, die unter einem Tagesordnungspunkt den „Beschluss über die Kündigung der Betriebsvereinbarung vom 09.04.2008“ auswies. In die in der Betriebsratssitzung erstellte Anwesenheitsliste trugen sich sieben von neun Betriebsratsmitgliedern ein. Ein weiteres Betriebsratsmitglied unterzeichnete als Schriftführer die Niederschrift dieser Sitzung. Nicht anwesend war ein Betriebsratsmitglied, das in der Zeit Nachtdienst hatte. Ausweislich der Niederschrift über die Betriebsratssitzung beschloss der Betriebsrat mit den Stimmen seiner acht anwesenden Mitglieder, die Betriebsvereinbarung zu kündigen.

Und die Kündigung war rechtmäßig
Mit ihrer Rüge, die Kündigung sei unwirksam, da ein Betriebsratsmitglied nicht ordnungsgemäß zur Betriebsratssitzung geladen worden sei, konnte sich die Arbeitnehmerin nicht durchsetzen. Denn das fehlende Betriebsratsmitglied hatte tatsächlich die Ladung am 03.06. erhalten. Das reichte den Richtern aus. Zwar setzt die Wirksamkeit der Kündigung der Betriebsvereinbarung voraus, dass der Betriebsrat hierüber einen nach § 33 BetrVG wirksamen Beschluss gefasst hat, was seinerseits wieder voraussetzt, dass sämtliche Betriebsratsmitglieder und gegebenenfalls erforderliche Ersatzmitglieder nach § 29 Abs. 2 BetrVG ordnungsgemäß – insbesondere rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung – geladen waren. Das Gesetz sieht jedoch keine Einladungsfrist vor, bestimmt aber, dass die Einladung „rechtzeitig“ zu erfolgen hat. Die Richter meinten, dass die Zeit, die dem Betriebsratsmitglied zur Verfügung stand, um die Betriebsratssitzung im Hinblick auf den Tagesordnungspunkt vorzubereiten, selbst für den Fall, dass das Mitglied die Ladung nebst Tagesordnung erst am 03.06. erhalten haben sollte, ausreichte. Insoweit hatte für das Gericht den Ausschlag gegeben, dass das Betriebsratsmitglied auch ohne Mitteilung der Tagesordnung wusste, dass am 04.06. über die Kündigung der BV beraten und abgestimmt werden sollte. Folglich war die Betriebsvereinbarung wirksam gekündigt worden und die Arbeitnehmerin hatte keine Ansprüche.

So kündigen Sie eine Betriebsvereinbarung
Die Wirksamkeit der Kündigung einer Betriebsvereinbarung setzt voraus,
  1. dass der Betriebsrat hierüber einen wirksamen Beschluss gefasst hat,
  2. was seinerseits voraussetzt, dass sämtliche Betriebsratsmitglieder ordnungsgemäß und rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung - geladen worden sind.
 
 
 
 
  Die Betriebsvereinbarung Teil I
  • Möglichkeiten einer Betriebsvereinbarung kennenlernen
  • Rechtsgrundlagen und Handlungsspielräume des BR erfahren
  • Betriebsvereinbarungen durchsetzen können
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  Betriebsverfassungsrecht Teil I
Das Einsteiger-Seminar für alle
Betriebsräte
Dieses wichtige Grundlagen-Seminar wendet sich an alle Betriebsratsmitglieder, neu gewählte oder nachgerückte Betriebsratsmitglieder, die noch keine oder nur geringe Kenntnisse im Betriebsverfassungsrecht besitzen. Es ist auch für Ersatzmitglieder und Schwerbehindertenvertreter zu empfehlen.
 
 
 
 
 
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